Eine Produktion des Opernstudios der Volksoper Wien in der Ottakringer Brauerei/Hefeboden
Einleitung: Aus dem Liedzyklus „Frauenliebe und -leben“ von Robert Schumann und das Adagio aus der Sonate in G von Clara Schumann
Maurice Lenhard, Regisseur und Leiter des Opernstudios, hat hier viel Hintergründiges witzig und intelligent miteinander verknüpft: Mit den Liedern von Robert Schumann „Frauenliebe- und -leben“ (Geang: Kamila Dutkowska und Maria Hegele, am Klavier: Rafael Salas Chia) gibt er das Thema kontrovers an: Schumann als Ehemann würde sich heute keine Frau mehr wünschen. Er verlangte von seiner Frau Clara alles ab – sie sollte auf ihr Klavierspiel verzichten, viele Kinder gebären und den Haushalt zu seiner Zufriedenheit führen. Und natürlich sollte sie ihn ganz fest lieben und verehren – was sie auch heftig tat. Als er in der Heilanstalt für psychisch Kranke jung verstarb, da weinte Clara eine Weile viel, aber dann: Ja dann, zog sie die Schürze aus, verteilte ihre 8 Kinder bei Verwnadten und nahm ihre Karriere als Pianistin wieder auf! Sie schlüpfte ziemlich rasch aus der Rolle der liebenden, trauernden Frau und mutierte zu einer tüchtigen Managerin ihrer wieder aufgenommenen Karriere. Die beiden Sängerinnen Dutkowska und Hegele singen die Liebeslieder mit hintergründiger Übertreibung – köstlich anzuschauen und anzuhören.
Das so aufbereitete Thema – die Frau, die sich nicht unterkriegen lässt – wird dann im Hauptteil der Oper von Francis Poulenc voll ausgespielt. Poulenc, der ein großer Freund der Surrealisten und Dadaisten war, verwandelte den Text von Guillaume Apeollinaire in eine urkomische Oper, die von der Verwandlung einer unwilligen Ehefrau zum Mann handelt. Theresia will nicht mehr putzen, Kinder gebären und die typische brave Hausfrau abgeben. Sie reißt sich die Ballonbrüste aus ihrem Kostüm und verwandelt sich blitzartig in einen Mann namens Tiresias. Apollinaire und Poulenc spielen da mit der Bedrutung des Namens: In der Antike ist Teiresias – lateinisch Tiresias – ein Seher, der zur Strafe, weil er eine Schlange tötet, in eine Frau und später wieder zurück in einen Mann verwandelt wird.
Voller Genuss steigt nun Tiresias in ihr/sein Dasein als Mann um. Jaye Simmons als Tiresias hat die Stimme für diese Rolle: sie ist kräftig im Protest, betimmend in der Verwandlung, voller Spiellust. Die anderen Darsteller stehen ihr um nichts nach; Gar nicht hilflos der sitzengelassen Gatte (Stanislaw Napierata): Er produziert mit einer Gebärmaschine unzählige Kinder. Mit einer tollen Stimme und Darstellungslust fällt auch Pablo Santa Cruz als Gendarm auf. Wie überhaupt das ganze Ensemble eine überbordende Spielfreude an den Tag legt. An den 2 Klavieren waren Rafael Salas Chia und Karo van der Sanden. Mit Vergnügen folgte das Publikum den Kapriolen. Auch wenn man die Liedtexte kaum verstand, machten Gestik und Spiel deutlich genug, was vor sich ging. Wie es sich in einer Oper, die man eher Operette nennen möchte, gehört, sind am Ende alle versöhnt. Und das Publikum begeistert. Denn endlich einmal wird ein „aktuelles“ Modethema (Genderfrage etc) ganz ohne Erziehungstendenz, einfach witzig dargebracht. Der Spielort „Hefeboden“ in der Brauerei Ottakring, ein altes Gemäuer aus Stahl und Ziegel, und die humorvolle Ausstattung von Christina Geiger haben ganz sicher auch zum Gelingen dieser Aufführung beigetragen.
Jubel und viel Beifall!