Kammerspiele: Charlie Chaplin, Der große Diktator.

Für die Bühne bearbeitet von Dominic Oley, der auch Regie führte.

„Crass“, würde ein jugendlicher Besucher zu dieser Aufführung sagen. „Heftig“ – ein Älterer. Und egal welchen Alters – niemand wird diese Aufführung unberührt lassen. Zu nah ist uns das Geschehen, zu ähnlch ist das Kriegsgebrabbel Hinkels den Reden heutiger Machthaber. Wird das Motto ausgerufen „Da müssen halt alle den Gürtel enger schnallen“, stellen sich bei den Zusehern die Haare auf – solche Parolen sind erst jüngst wieder zu hören gewesen. Da steht der grandiose Alexander Pschill nicht nur als Diktator Hinkel-Hitler und als der verfolgte Jude auf der Bühne, sondern er ist auch der Politiker, der Diktator von heute, der seine Truppen wie „Material“ in die Schlacht schickt. Zu ähnlich mit dem damaligen Geschehen ist der Krieg zwischen Ukraine und Russland, zu ähnlich die Sprache der beiden Verantwortlichen, als dass man sich als Zuschauer amüsieren könnte.

Der Abend gleicht einer Groteskkomödie, die Schauspieler schreien dem Publikum ins Gesicht: Hört, was wir da spielen, das geschieht heute!!! Krieg ist immer hässlich, unverständlich, egal ob man ihn nun mit verschiedenen Namen bemäntelt, wie Verteidigungs- oder Angriffskrieg. Wer leidet, ist das Volk – berührend die Szenen, in denen Hannah (Daniela Golpashin) und Herr Jaeckel (Siegfried Walter) von dem Garten in den Weinbergen träumen, weit weg von Ghetto und Verfolgung. Doch Krieg kriecht überall hin, zerstört die kleinsten und verstecktesten Rückzugsorte. Auch die beiden werden dem Greuel nicht entgehen.

Das ganze Ensemble spielt mit vollem Einsatz, alle sind sich bewusst, welche heute wieder gültige Botschaft sie vermitteln. Eine Botschaft, die der Regisseur Dominic Oley zwar in ein originales Filmkleid aus der Vergangenheit hüllt, die er aber deutlich und klar, abgehoben vom Film- und Bühnengeschehen, ins Heute kolportiert: Waffen werden für den Krieg geschmiedet, und Krieg ist nie ein Mittel gewesen, Probleme zu lösen.

http://www.josefstadt.org

P.S.: Wieder einmal empfehle ich das Programmheft, in dem interessante Artikel über die Arbeits- und Wirkungsweise Charlie Chaplins zu lesen sind.