Landestheater Salzburg: Faust. Inszenierung:Carl Philipp von Maldeghem

„Faust“, wie man ihn noch nie so klar, ganz ohne Regiekapriolen gesehen hat. Für mich die beste Faust-Inszenierung, die ich je erlebte.

Wenn der Intendant des Landestheaters von Maldeghem und Christian Floeren (Bühne und Kostüme) zusammenarbeiten, dann weiß man, dass es großartig wird. Ein Feuerwerk an Bildern und Schauspielleistungen ließ mich ruhig zurücklehnen und genießen! Ich war nicht gezwungen, mich zu fragen, was dieses oder jenes bedeuten könnte. Alle Szenen waren eingängig, ohne dabei einer Simplifizierung zum Opfer zu fallen.

Dass die Schauspieler durchwegs großartig waren, versteht sich von selbst. Allen voran der quirlig-witzige Gregor Schulz als Mephisto. Er wirbelt über die Bühne und lehrt Faust, was Leben heißt. Denn der (Christoph Wieschke) bekommt hier von der Regie ordentlich sein Fett ab: Ein erfolgloser, frustrierter Forscher, der mit seinem Leben nichts mehr anzufangen weiß und gerade dabei ist, sich umzubringen. Irgendwie tranig verfolgt er, was da Mephisto ihm vorspielt, selbst der Verjüngungstrank kann ihn nicht wirklich in einen Jungspund verwandeln. Ein Mädchen, fast noch ein Kind, muss es sein!. Ein junges, frisches Ding, ja, da wachen seine Hormone auf. Nikola Rudle als Gretchen gibt es ihm ziemlich barsch: Danke, ich brauch keine männliche Begleitung, ich finde allein nach Hause. Und schwingt ihren reizenden Popo, der in einer kurzen, abgerissenen Jeans steckt, von dannen. In keiner Szene wird sie zu einem Jammerwesen. Stark bis zum Schluss. Im Gefängnis ist sie nicht wahnsinnig, sondern klarsichtig und scheucht Faust mit den bekannten Worten: Heinrich, mir graut vor dir, aus dem Käfig.

Von Maldeghem inszeniert den Faust in sprachlicher Klarheit – die Verse kommen wie selbstverständlich, machen keine Mühe. In die faszinierenden Bühnenbilder voll optischer Überraschungen stellt er schlichte, aus dem Alltagsleben herausgeschnittene Figuren hinein. Nie kommt Pathos oder hohle Deklamation auf. Es wird eine Beziehungsgeschichte gezeigt, die tragisch ausgehen könnte. Aber Tragik war nie so recht Goethes Sache gewesen. Er zog in seinen Dramen fast immer den positiven Schluss vor: Gretchen wird nicht der Hölle preisgegeben, sondern von dem Herrn persönlich (gespielt von Larissa Enzi als weiblicher Gott) gerettet.

Viele Szenen werden in Erinnerung bleiben, etwa das Federballspiel zwischen Mephisto und Faust, in dem Faust von Mephisto verlangt, er möge ihm gefälligst den WEg in Gretchens Bett ermöglichen. Dem Mephisto verschlägt es die Sprache über die Machoforderungen seines Klienten. Vorsichtig gibt er zu Bedenken: Gretchen ist noch ein Kind! Mephisto wird zum moralischen Mahner!!. Aber für Faust bleibt alles ein Spiel, selbst als Gretchen ihn kurz darauf fragt, wie er es mit der Religion hält. Er gibt ausweichende Antwort, spielt lieber weiter Federball. Im Garten spielen Gretchen und er kindisch Fangen, kreischend und lachend. Die Liebe ist Spiel, dann ganz plötzlich bitterer Ernst – übergangslos der Schrei Gretchens: die Mutter ist tot, sie hat ihr zu viel von dem Schlafmittel gegeben.

Obwohl eine Corona bedingt verkürzte Fassung gespielt wurde, wurde das Werk nicht bracchial, sondern mit viel Gespür für die Grundlinien gekürzt.

Ein Abend, der es wert ist, von Wien nach Salzburg zu fahren! Man verlässt das Theater mit dem innigen Wunsch, so ein Maldeghem möge auch Wien geschenkt werden. Nicht vorzustellen, was man da in der Burg oder im Volkstheater erleben könnte!

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