Nava Ebrahimi: Das Paradies meines Nachbarn. btb-Verlag

Nava Ebrahimi ist gebürtige Iranerin. Ihre Eltern verließen nach der Revolution, als absehbar war, wohin die politische Entwicklung gehen werde, das Land. Nach ihrem Journalismus und Volkswirtschaftslehre-Studium in Köln lernte sie ihren Mann, einen Astrophysiker, kennen und zog mit ihm nach Graz, wo sie seither lebt und arbeitet.

In dem Roman „Das Paradies meines Nachbarn“ geht es vordergründig um den Exiliraner Ali Najjar, der in Deutschland als Topdesigner Karriere macht. Aber das Hauptthema ist der Iran-Irakkrieg, in dem die Mullhas 13- und 14-jährige Buben an die Front schickten. Sie versprachen ihnen, nach dem Märtyrertod sofort ins Paradies zu kommen. Dass diesem Versprechen so viele Eltern trauten und ihre Kinder sogar gerne und freudig in den Krieg und in das Grauen schickten, ist das eigentlich Erschütternde an dem Roman. Die Buben steigen in den Bus, der sie an die Front bringen wird, und erträumen sich ein Paradies nach ihren Wünschen, fragen ihren Busnachbar kichernd und aufgeregt, welches Paradies er sich so vorstellt. Sie wissen nicht, dass sie als Minensucher ins Feld geschickt werden, wo ihre Leiber zerfetzt werden.

Wer sich weigerte, diesen Wahnsinn mitzumachen, den verfolgten die Nachbarn mit Verachtung und die Mullhas mit Strafen.

Ali Najjars Mutter ertrug den Gedanken nicht, ihren Sohn in den sicheren Tod ziehen zu lassen, und übergibt ihn einem Fluchthelfer. Auf Umwegen gelangt er nach Deutschland, wo er mit viel Kaltblütigkeit Karriere macht. Nach dem Tod seiner Mutter erfährt er in ihrem letzten Brief, dass ein anderer Ali für ihn in den Krieg ziehen musste. Was diese Schuld ausmacht, versucht Nava Ebrahimi im zweiten Teil des Romanes auszuloten.

Ein wichtiges Buch – wäre da nicht der sprunghafte Erzählstil, der die Orientierung erschwert. Wer spricht, denkt gerade? Wie in einem Thriller geistert die Figur eines anderen Ali durch den Roman. Die Auflösung dieses Rätsels hält den Leser bei der Stange und gibt dem Roman einen Spannungszug, sodass man trotz aller Lesehürden, die die Autorin ein- und aufbaut, bis zum Ende dran bleibt.

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