René Freund, Niemand weiß, wie spät es ist. Deuticke Verlag

Brillant, witzig, ironisch, spannend – also alle Epitheta ornantia, die eines Schriftstellers Herz erfreuen, passen auf diesen Roman. Unbestritten: Freund kann ungewöhnliche Stories bauen. Diese da erinnert ein wenig an das Froschkönig-Märchen: Der ganz und gar uncoole Typ Bernhard, Veganer und Ordnungsfanatiker, Alles- und Besserwisse entpuppt sich im Lauf der Handlung als wahrer Traummann. Nora allerdings ist nicht gerade die Prinzessin, die ihn wachküsst. Eher er sie. Aber einmal langsam: Nora soll die Asche ihres Vaters irgendwo in Österreich, westlich von Wien, verstreuen. Auf dieser Wanderung mit unbekanntem Ziel – so verfügt es ihr Vater im Testament – wird sie eben jener Bernhard, vom Beruf Notar, im Privatleben Langeweiler, Provinzler – wie Nora meint, begleiten. Nora, eine ziemlich verwöhnte Tussy, macht sich über ihren Begleiter lustig, kann den Tag nicht erwarten, bis sie sich von ihm verabschieden kann.
Im Laufe der Wanderung von Wien in den unbekannten Westen, ändert sich alles. Wie …das soll hier nicht verraten werden.
René Freund kennt seine Figuren ganz genau: die fesche Nora, Gesellschaftsnudel und Exjournalistin, gibt dem Autor genug Gelegenheit, sich über die Bobos lustig zu machen. In Bernhard lebt zunächst das Bild des faden, überkorrekten Gutmenschen auf, der immer Ordnung hält, gut vorbereitet ist und ganz sicher eine politisch korrekte Haltung immer und überall einnimmt. Wie in einem Kaleidoskop ändern sich die Konstellationen, Charaktere und die Perspektiven. Kaum glaubt der Leser, den richtigen Faden und die richtige Einstellung zu den Figuren gefunden zu haben, kippt auf der nächsten Seite wieder alles in die entgegengesetzte Richtung. Diese unerwarteten WEndungen und der flotte Schreibstil machen das Buch zu einem echten Leseknüller.
Silvia Matras empfiehlt dieses Buch!!!