Spanische Gitarrenklänge in Grafenegg mit den Tonkünstlern unter der Leitung von Anna Rakitina

Foto: Pablo Saínz-Villegas

Es regnete, nein, es schüttete. Auf eine Aufführung im Wolkenturm war nicht zu hoffen. Dennoch kam das Publikum in Scharen, denn das Programm versprach viel Kulinarik.

Astor Piazolla, „Tangazo“ – Variationen über Buenos Aires 1970

Selten Gehörtes aus dem Jahr 1970. Tangazo bedeutet „Großer Tango“. Vom Tango oder „tango nuevo“, wofür Pazolla bekannt ist, war allerdings nur andeutungsweise was zu hören, er schwang so im Unter- Hintergrund mit. Vordergründig glich das Stück einer kurzen Symphonie über Buenos Aires und die portenos. Woher kamen sie, wie war ihr Schicksal? Die meisten kamen als Hoffnungsvolle aus den unterschiedlichsten Ländern Europas. Doch die Hoffnungen erfüllten sich nicht, oder nur selten. Harte Arbeit, wenig Lohn erwartete sie. Der Tango war für viele eine sentimentale Erinnerung an ihre Heimat. Violoncelli und Kontrabässe erzählen gleich zu Beginn davon. Die Erinnerung verdichtet sich durch den Einsatz der Streicher, und die Oboe führt immer wieder einen Art Reigentanz an. Die russisiche Dirigentin Anna Raketina arbeitete die musikalischen und thematischen Kontraste (Armut, Leid werden im Tanz vergessen) ganz stark heraus. So klang „Tangazo“, als hätte es Piazolla heute komponiert.

Joaquin Rodrigo, Concierto de Aranjuez -1930

Gespannt warteten alle auf den Auftritt des Stars: auf Pablo Sáinz-Villegas, den berühmten spanischen Gitarristen aus Rioja. Und er erfüllte alle Erwartungen. Er spielte den allseits bekannten Ohrwurm, als wäre es ein völlig neues Stück. Beide – Solist und Dirigentin – reinigten die Komposition von abgedroschener Romantik. Bei dieser Stelle soll auch von dem zweiten „Aufreger“ des Abends die Rede sein – von Anna Rakitina. Die knapp 40 jährige junge Frau wirkt zerbrechlich wie ein junges Mädchen. Aber das Pubikum staunte nicht wenig, wie kraftvoll und entschlossen sie die Musiker führte. Da es in Grafenegg ( und in Österreich?) ihr erster Auftritt war, war sie sichtlich erleichtert, als sie am Ende die Sympathiekundgebungen des Publikums empfing. Einmal über die Stirn wischen und strahlend lächeln – das machte sie erst recht sympathisch!

Pablo Sínz-Villegas ließ sich nicht lange bitten und spielte als Draufgabe Volksmeldodien aus seiner Heimat Rioja. Standing ovations und langer Applaus.

Zoltán Kodály, Tänze aus Galanta -1933

Ja, man darf schreiben: Kodály ließ sich von den“ Zigeunerklängen“ aus seiner Heimat beeinflussen. Denn so steht es im Programm. Und keiner wird gegen die Verwendung des Wortes Zigeuner aufbegehren. Gott sei Dank ist nicht überall der wütende Radiergummi der Intoleranz im Einsatz.

Anna Rakitina jagte das Orchester durch die Komposition, als wäre es die wilde Jagd, um ganz plötzlich die Meute in Stille verharren zu lassen. Man glaubte ein Reh durch die Waldlichtung gehen zu sehen. Es sei einmal mehr angemerkt: Anna Rakitina liebt die heftigen Kontraste.

Georges Bizet, Carmen Suite Nr.1, 1875-85

Alles bekannt. Da herrscht eine Frau über die Männer, riskiert ihr Leben, bezahlt ihren Mut und ihre Selbstbestimmung mit dem Tod. Es begann heftig (Prélude), dann setzten umso zarter Harfe, Flöte und Geigen zu einem intimen Liebesspiel an. Am Ende durften die „Toréaderos“ ihren triumphalen Einzug halten.

Manuel de Falla, Drei Tänze aus dem Ballett „Der Dreispitz“. 1919, 1921

Sie fielen etwas zu heftig aus, die drei Tänze. Das Klangvolumen hätte im Wolkenturm gepasst, im Auditorium war es zu laut und hektisch.

Dennoch: Viel verdienter Beifall für das Tonkünstler Orchester und die Dirigentin Anna Rakitina.

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