Esa-Pekka-Salonen dirigiert das Finnish Radio Symphony Orchestra und Chor des Bayrischen Rundfunks. Sopran Julie Roset, Alt Jasmin White
Ein Abend, der ganz und gar dem Motto der diesjährigen Osterfestspiele entsprach: „Wunden und Wunder“. Gustav Mahler komponierte in der 2. Symphonie die Qualen, Wunden und Krisen (damals wie heute), um am Ende Erlösung als Wunder anzubieten. Das „triviale Wunder“, wenn man es salopp ausdrückt, sprich das aktuelle Wunder, war jedenfalls Esa-Pekka – Salonen, der mit dem fast „wundervollen“ Gespür für Rhythmus, Zeit und Stille das Finnish Radio Symphony Orchestra zu Höchstleistungen antrieb.
Auf den zart-zärtlichen Beginn durch Violinen und Bratschen de 1. Satzes folgen Ausbrüche von Celli und Contrabässen – ein für Mahler typischer Temperamentwechsel. Doch der Dirigent ist nicht auf billige Wirkung aus – er hält den Ausbruch im Zaum. Wie auch in der Folge. Denn billiger Lärm ist nicht sein Stil. Zum Ende des Satzes erklingt ein gemäßigter Höllenlärm nach Motiven des „dies irae“. Esa – Pekka – Salonen respektiert den Wunsch Mahlers, nach diesem spektakulären Schluss eine längere Pause zu lassen, um den Übergang zum Andante des 2. Satzes erträglich zu machen und setzt sich für einige Minuten abwartend in das Orchester. Das Publikum respektiert die Stille. Das Andante des 2. Satzes ist dieser Stille verschrieben, und der Dirigent lässt das Orchester im Rhythmus von langen Atemzügen spielen. Wenn Mahler den 3. Satz als wirr beschrieb, so klingt das bei Esa-Pekka-Salonen eher als geordnetes Chaos, immer durch exakte Pausen konturiert. Daher ist auch das liebliche Ende kein krasser Gegensatz, sondern Ergebnis von Feinarbeit, Zum ersten Mal setzt ein Komponist in einer Symphonie Gesang ein – die weiche und dunkle Altstimme von Jasmin White singt das „Urlicht“, das mit den tröstenden Worten endet: „Der liebe Gott wird mir ein Lichtlein geben,/ wird leuchten mir bis in das ewig selig` Leben“. Im 5. Satz verlangt Mahler von Orchester, Chor und Dirigenten höchste Konzentration, besonders im Zusammenspiel von Flöte und Fernorchester für die „Nachtigallenrufe“. Was feinsilbrig und sinnbezaubernd gelang. Die Symphonie endet, wie der Titel verspricht: Chor, Sopran und Alt verkünden die Auferstehung. Leider war der Sopran von Julie Roset nicht ganz überzeugend und der Chor des Bayrischen Rundfunks sang ohne Wortdeutlichkeit, legte mehr oder weniger nur einen einheitlichen Tonteppich auf (wie auch zuvor im Chorkonzert „Elias“ von Modest Mussorgski). Das Publikum dankte allen, besonders dem Dirigenten und Orchester mit begeistertem Applaus.