Leopold Museum: Gabriele Münter Retrospektive

„Gabriele Münter (1877–1962) war weit mehr als die „Frau an der Seite Kandinskys“. Durch Ausstellungen und Publikationen, insbesondere jene der vergangenen zwei Jahrzehnte, findet sie breite Anerkennung als eine der führenden Protagonist*innen der deutschen Avantgarde. Nun würdigt das Leopold Museum als erste Institution in Österreich ihr Werk im Rahmen einer umfassenden Personale. In zwölf Themeninseln wird die expressionistische Malerin auf ihren Lebensstationen begleitet, die oft mit jeweiligem Stilwechsel oder lebhaftem Interesse an unerprobten Techniken und Sujets koinzidierten.“ (Pressetext)

Die Wände der Ausstellung sind in Blau gehalten, gerade so wenig oder sos viel blau, dass es nicht von den Bildern ablenkt, sie nur angenehm umrahmt. „Angenehm“ ist gleich das passende Attribut für die ganze Ausstellung – kleines Manko: Die Texte neben den Bildern in Minischrift verleiten nicht zum Lesen. Schade!

Farbinstensität und klare Formensprache sind Gabriele Münters Merkmal. Wie sie sich von männlichen Einflüssen freizukämpfen versucht, sich von ihrer Formensprache abbringen lässt, dann doch immer wieder zu sich und ihrem inneren Credo zurückfindet, das wird in der Ausstellung deutlich. Wassily Kandinsky- zuerst Lehrer, dann langjähriger Weggefährte – sucht sie immer wieder von der reinen Abstraktion zu überzeugen. Doch die Versuche in dieser Richtung bleiben Versuche. Auch im Stil der „neuen Sachlichkeit“ versucht sie sich und die Ergebnisse sind beeindruckend. Während des Nationalsozialismus lebt sie mit ihrem neuen Gefährten und späteren Ehemann Johannes Eichner ziemlich unbeobachtet und unbehelligt in Murnau. Unter seinem „Diktat“ sollen möglichst dem Geschmack der Nazis angepasste Bilder entstanden sein. Einige sieht man in der Ausstellung – das war nie ihr Stil. Versuche von Männern, wie Wassily Kandinsky oder Johannes Eichner – auf ihren Malstil Einfluss zu nehmen, werden von ihr nur mit Vorbehalt ausprobiert, um doch dann zu ihrem eigenen Stil zurückzukehren.

Ihre Bilder sind von einer Art „unbeschwerten“, fast „naiven“ Abstraktion und gerade deshalb, in dieser Mitte zwischen Realität und abstrakter Phantasie, heute noch viel ansprechender als je zuvor. In einer Zeit der Digitalisierung der Kunst, in der es entweder um Fake-Kunst oder um Darstellung einer Welt außerhalb des eigenen Denkens geht, tut es richtig gut, sich auf diese Bilder voller Farben-. Lebensfreude und Spiel mit der Realtiät einzulassen. Dass die reine Abstraktion ein Versuch war, zeigt das Bild rechts wohl deutlich.

Die Ausstellung ist noch bis 18. Februar 2024 zu sehen.

www.leopoldmuseum.org

Albertina modern: Herbert Böckl-Oskar Kokoschka – Eine Rivalität

„Die Ausstellung Herbert Boeckl – Oskar Kokoschka. Eine Rivalität zeigt zwei der bedeutendsten österreichischen Künstler des Expressionismus. Präsentiert werden mehr als 100 herausragende Arbeiten auf Papier, eine Auswahl aus den reichen Beständen der ALBERTINA.“ (Zitat aus Ausstellungstext)

Der Zusatztitel ist nicht ganz einsichtig. Rivalen waren die beiden Künstler nie, höchstens hatten ihre Werke manchmal zeitbedingte Ähnlichkeiten, aber nicht mehr. Beide sind in ihrer künstlerischen Veranlagung nur auf den ersten Blick ähnlich – und daher, wenn man so will Rivalen. Aber schon die Fotos beider und ihre Biografie machen deutlich, wie sehr ihre Entwicklung auseinandertriftet.

Kokoschka – ein Wilder, Unangepasster, einer dessen Bilder von den Nazis als entartete Kunst verboten wurden. Er emigriert und kehrt erst nach Ende des Zweiten WEltkriegs zurück. Böckl bleibt, er hat ja eine große Familie, tritt der NSDAP bei, verschweigt es, verliert kurzfristig seinen Posten an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wird aber in den späteren Jahren ebenda Lehrer und Direktor. Als Lehrer war er – so die Erzählung meines Vaters, der in seiner Klasse war- unerbittlich. Eigenwilligkeit war nicht gefragt. Und so sehe ich in der Ausstellung Böckls Spuren in den Bildern meines (verstorbenen) Vaters.

Die Unterschiede zwischen Kokoschka könnten nicht größér sein.

Die Augen der beiden Porträts sagen viel über den Maler aus: Kokoschka zeichnet tiefliegende Augen, voller Verzweiflung oder zumindest Zweifel Böckl malt sich selbst als einen Glücklichen. Die Pinselstriche sind gelassen, unaufgeregt – ich habe im Atelier meines Vaters viele ähnlich ausgeführte Porträts gesehen: Ein ruhiger Hintergrund, oft im ähnlichen Braun, das Gesicht fest und klar.

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Albertina: Ruth Baumgarte, Malerin der Farben und des Lichts in Afika

Foto oben „Burning Sky“

Bilder, die einen sofort in ihren Bann ziehen. Da glühen Rot, Gelb, abgeschattetes Lila – die ganze Palette der puren Farben- und Lebensfreude auf. Fasziniert gehe ich von einem Bild zum anderen, eigene Erinnerungen an Äthiopien und andere von mir bereiste Länder steigen auf. Landschaften, die ich durchwandert, Menschen, denen ich begegnet bin. Die Bilder Ruth Baumgartes erhöhen die eigenen inneren Bilder in eine Absolutheit, Stimmigkeit. Sie malt keine „Kolonialbilder“, keine Tourismuserinnerungen, keine „typisch afrikanischen Bilder“, borgt sich nicht die Kunst der afrikanischen Bewohner, schielt nicht nach Angleichung, Verbrüderung.

Ruth Baumgarte, 1923 in Coburg geboren, bereiste Afrika von Norden bis in den Süden, war von den Menschen, der Landschaft fasziniert. Ihre Bildersprache erzählt von den ungeheuren Anstrengungen der Menschen, ihr Leben zu bewältigen, trotz Feuer und Dürre. Die Gesichter heischen nicht um Mitleid, sondern zeigen Selbstbewußtsein, Stolz.

Ruth Baumgarte betreibt keinen Verklärungskult. Sie sieht genua hin, weiß um die Nöte der Menschen, die sich hilflos einer gealtigen Landschaft ausgeliefert sehen.

Die Feuersbrunst jagt übers Land, Flucht. (Bild Mitte). Wie klein ein Mensch in der gewaltigen Landschaft ist, die im Farbenrausch aufzubrechen scheint, zeigt ein und dasselbe Bild, einmal außen rechts: Der Mensch ist winzig, von der lebensharten,, bedrohlichen und doch herrlichen Landschaft fast verschluckt. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man ihn – den Menschen- ruhig stehend, abwartend – Bild links außen.

Ruth Baumgarte kann auch ohne Farben berühren. Ihre Zeichnungen zeigen das Leid der Frau, ganz ohne prächtige Farbgestaltung. Hilflos sehen die Figuren (Kinder?) zu, wie die Mutter erschöpft daliegt. Blut um sie.

Ein Jahr vor ihrem Tode 2013 gründete sie die Kunststiftung Ruth Baumgarte, deren heuriger Preisträger Athi Patra Ruga mit einigen interessanten Werken in der Ausstellung vertreten ist

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Die Ausstellung ist noch bis 5. März 2023 zu sehen.

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Joseph Rebell: Im Licht des Südens

Ausstellung im Unterem Belvedere

Foto: Sonnenuntergang über den Campi Flegrei gegen die Inseln Procida und Ischia. 1819. (©Johannes Stoll, Belvedere, Wien)

Neben “ Viva Venezia! “ ist dies nun die zweite Ausstellung im Belvedere, die Bilder aus dem Sehnsuchtsland Italien zeigt. Joseph Rebell ist selbst Kunstinteressierten kaum bekannt. Daher ist das Verdienst des Museums um so größer, diesen Maler des Lichts und der Sehnsucht nach den inneren Bildern Italiens, die so mancher Betrachter in sich trägt, zu zeigen. 1787 in Wien geboren studierte Rebell an der Wiener Akademie der bildenden Künste. 1810 zog es ihn nach Italien, wo er zunächst in Oberitalien Bilder vom Comosee und Luganosee malte. 1813-1816 lebte er in Neapel, genoss die Gunst der kunstsinnigen Königin Caroline Murat (Schwester Napoleons) und malte für sie und die kaufkräftige Schicht Genrebilder aus der Umgebung von Neapel. Auf Anfrage konnte er jedes vom Käufer gewünschte Motiv in gewünschter Größe malen. Er verdiente sehr gut, da er ein exzellenter Selfmanager war. Als Caroline Murat Neapel verlassen musste, zog Rebell nach Rom und lebte und arbeitete in der Villa Malta, wo sich viele internationale Künstler trafen. Dort wurde auch Kaiser Franz I. auf ihn aufmerksam. Begeistert von dessen Malerei ernannte er Jospeh Rebell zum Direktor der Kaiserlichen Gemäldegalerie im Oberen Belvedere, wo er bis zu seinem Tod 1824 sehr effektiv und erfolgreich tätig war.

Joesph Rebells Gemälde bezaubern durch das Licht, das er im Hintergrund der Landschaft aufglühen lässt. Seine frühen Werke zeigen schon seine ganze Kraft: In arkadischen, lichtdurchfluteten Wäldern wandeln mythische Personen eine erträumte Welt der Sorglosigkeit. Später wird aus Arkadien das konkrete Italien mit wieder erkennbaren Motiven, die sich leicht verkaufen ließen. Man steht gefesselt vor seinen Bildern, wie dem Ausbruch des Vesuvs, Bildern vom sturmdurchtobten Meer oder Bildern von verträumten Ufergestaden. Vielleicht seufzt so mancher Betrachter, der die Gegend heute kennt: Viel ist von der einstigen Romantik heute nicht mehr zu entdecken. Tourismus und Bauwut haben viel zerstört. Heute sind die Werke Rebells „Trost- und Erinnerungsbilder“.

Die Ausstellung ist noch bis zum 13. November 2022 zu sehen.

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Albertina: Edvard MUNCH im Dialog

Mein ganz persönlicher Dialog

Edvard Munch ( 1863-1944) war ein Maler der Extreme. Seinem Leben war der Stempel des Leidens am Leben aufgedrückt. Selbstgewählte oder erzwungene Einsamkeit, Verlassensein und Verlassenwerden sind die Themen, die er malt. Er meidet die Wirklichkeit, sie ist ihm unerträglich. Er schafft sich seine eigene. Die wiederum ist geprägt von seiner Seinsart. Einsam sind seine Figuren, haben keine Bodenhaftung. In manchen Bildern belässt er dem Menschen nur den Kopf, besser den Schädel, der wie ein vom Körper losgelöstes Un-Wesen über einen nicht definierbaren Raum schwebt. Straßen führen an ihm vorbei, er fasst nicht Fuß auf ihnen, auch wenn sie zu einer menschlichen Behausung führen, nützt er sie nicht. Der Mensch lebt ohne Erdhaftung. Menschen zu zweit leben nicht in trauter Gemeinsamkeit, sondern in Trennung.

Der Tod ist ihm schon sehr früh vertraut. Seine Mutter stirbt, als er fünf Jahre alt war, an Tuberkulose, zwölf Jahre später seine Schwester Sophie. und bald darauf der Vater. Die Liebesbezehung zu Tulla Larsen ist schwierig, er quält sie mit Eifersucht. Sie wird ihn nicht heiraten und er hat fortan nur kurze Liaisonen. Frauen malt er ab da als Madonnen mit einem Lolita-Einschlag. ER flüchtet sich in den Alkohol, wird depressiv. Auch ein Aufenthalt in einer Nervenklinnik hilft nicht. Seine Grundstimmung bleibt düster, losgelöst von der Wirklichkeit. Die Bilder erzählen mehr:

Maler im Dialog mit Munch

Der zweite Teil der Ausstellung zeigt, welch großen Einfluss Edvard Munch auf zeitgenössische Maler genommen hat und immer noch nimmt. Bei nicht allen Künstlern konnte ich diesen Einfluss nachvollziehen. Ich habe den Gedankengang weiter verfolgt, der mich durch Munchs Werke führte: In welchen Bildern sehe ich die Einsamkeit des Menschen quasi losgelöst von allem Erdhaften, ganz ohne Halt, nicht einmal im eigenen Körper. Am deutlichsten war das Thema der Bezuglosigkeit und fehlender Bodenhaftung in den Bildern von Peter Doig (geb. 1959) zu spüren. Seinen Menschen fehlt die Verortung mit der Erde, sie schweben über dem Wasser oder in einem nicht definierbaren Raum.

In der Schau sind noch viele andere prominente Künstler vertreten, wie Andy Warhol, Jasper Johns, Georg Baselitz etc. Jeder Besucher wird andere Parallelen und Einflüsse feststellen oder auch für sich neue, inteessante Künstler entdecken.

http://www.albertina.at Die Ausstellung ist noch bis 19. Juni zu sehen.

Lesetipp: Tanja Maler, Der Maler Munch. Langen Müller Verlag. Ein intensives Buch über die intensive Liebe des Malers zu Tulla Larsen. S. auch unter Büchertipps

Unteres Belvedere: Viva Venezia!

Titelfoto: August Theodor Schöfft: Canal Grande

(alle Fotos: Silvia Matras)

Was macht den Reiz Venedigs aus? – Am ehesten wohl das Wissen um seine Fragilität, seine sich seit Jahrhunderten ankündigende Morbidität. Die Lust am Untergang ist einer der Impulse, die Literaten, Musiker und Maler in diese Stadt rief und noch immer ruft. Aus der Verbindung von Schönheit und Absterben entsteht Verklärung. Zahlreiche Dichter haben das „Phänomen Venedigs“ besungen. Die bekanntesten Zitate werden in der Ausstellung akustisch und optisch eindrucksvoll aufbereitet.

© Silvia Matras

Richard Dehmel notiert: „So möcht ich sterben, aber leben hier -nein“, Maupassant hingegen empfindet „ein tiefes Wohlbefinden der Seele“, Hermann Hesse schreibt treffend : „Hier schläft die Zeit“. Selbst der grantige Grillparzer, der gar nicht gerne reist, schreibt enthusiastisch in sein Tagebuch: „Venedig übertrifft alles, was ich an Herrlichem gesehen habe!“ Thomas Mann bringt die Faszination Venedigs auf den Punkt: „Halb Märchen, halb Freudenfalle.

Auch die Filmemacher haben Venedig als Kulisse gerne verwendet. Aus dem Sissifilm von Ernst Marischka sind die Szenen mit Romy Schneider als Sissi in Vendig zu sehen. Viel interessanter, weil nur mehr selten zu sehen, sind Ausschnitte aus dem ersten Film Viscontis „Senso“ (1954) oder aus einem der ersten Filme von Lumière.

In der Ausstellung sind hauptsächlich Bilder aus dem 19. Jahrhundert zu sehen,, dem Zeitraum, als der Mythos vom Sehnsuchtsort Venedig sich festigte und verbreitete, Verborgene Schätze aus dem Archiv des Museums und Leihgaben bekannter Künstler aus verschiedenen Ländern breiten ein bildgewaltiges Panorama aus.

Die Erfindung Venedigs im 19. Jahrhundert

Unter diesem Motto führt die Ausstellung durch einen Bilderreigen von bekannten und kaum bekannten Künstlern und einigen wenigen Künstlerinnen, zum Beispiel Antonietta Brandeis.

Antonietta Brandeis, Palazzo am Canal Foto: Silvia Matras

Frauendarstellungen hingegen ziehen sich als Thema durch die ganze Ausstellung: Lasziv, als Genrebild oder in Verklärung

Eugen von Blaas, Mädchen mit Fischen
Hans Makart, Venedig huldigt Caterina Cornaro

In der Ausstellung werden die verschiedensten Themen beleuchtet: Genrebilder, die Beziehungen zwischen Venedig und Wien, Episoden aus der glorreichen Geschichte Venedigs und vieles mehr . Für Vendigliebhaber führen die Bilder in eigene Erinnerungen zurück, für alle sind sie ein Anreiz, die Stadt zu besuchen. Fragt sich nur: Wird Venedig den Ansturm, der nach zweijähriger coronabedingter Abstinenz zu erwarten ist, aushalten?

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Oberes Belvedere: IM BLICK: Radem Saleh, Osman Hamdi Bey, Hakob Hovnatanyan

Etwas im Schatten der großen Ausstellungen sind die Bilder dreier großariger Künstler zu sehen, die aus dem Archiv in den „Blick“ der Besucher gerückt wurden: Aus Indonesien: Radem Saleh, von dem das Titelbild „Kämpfende Tiger über der Leiche eines Javaners“ stammt.Dazu ein aktuell – passender Buchtipp:

Polly Clark, Tiger, Eisele Verlag 2021. Die Autorin hat sich intensiv mit dem Aussterben des sibirischen Tigers beschäftigt und den Winter 2017 zu Studienzwecken in der russischen Taiga verbracht. Ihr „Roman“ ist ein interessantes Dokument über die Beziehung Tiger-Mensch.

Aus der Türkei: Osman Hamdi Bey mit dem berührend- schlichten Bild: „Über den Koran meditierend“

Osman Hamdi Bey: Über den Koran meditierend (© Silvia Matras)

Interessant auch der Maler aus Georgien/Armenien Hakob Hovnatanyan. Er bevorzugte Menschen in in bedeutungsvoller Haltung zu malen:

Der Schah von Persien 1860 (© Silvia Matras)

An der gegenüber liegenden Wand hängt als ironisches Zitat das Bild des jungen Kaiser Franz Josef. In Stolz und Haltung ähneln einander die Gestalten sehr.

Alle drei Künstler waren sowohl im Europa als auch im jeweiligen Heimatland künstlerisch zu Hause, aber in keinem der beiden wirklich verwurzelt. Bis heute sind ihre Namen noch fast unbekannt. Um so wichtiger ist diese Ausstellung, die einmal mehr zeigt, was in den Archiven der Museen an Schätzen verborgen liegt und wie wichtig es ist, diese zu heben.

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Albertina: Amedeo Modigliani.

Revolution des Primitivismus

Foto: Modigliani, Liegende Frau auf weißem Kissen

Anlässlich des 100. Todestages des Künstlers zeigt die Albertina eine interessante Schau seiner Werke und setzt sie in den Kontext mit anderen Malern wie Picasso, Derain oder Brancusi.

3066448 Head, 1911-12 (limestone) by Modigliani, Amedeo (1884-1920); Minneapolis Institute of Arts, MN, USA; Gift of Mr. and Mrs. John Cowles; Italian, out of copyright.

Während in Wien sich der Jugenstil ausbreitet, konzentrieren sich Künstler wie Modigliani oder Picasso auf die Kunst Westafrikas oder der griechischen Antike. Der „Primitivismus“ bricht mit allen akademischen Bildformen.

In seiner ersten Phase konzentriert sich Modigliani (1884-1920) auf die Skulptur und nimmt als Vorbild die griechische Antike und die Kunst Westafrikas. Er ist von den strengen, asketishen Formen: langgestreckter Hals und Kopf, spitzes Kinn, kleiner Mund, mandelförmige Augen.

Später wendet er sich der Malerei zu. Es entstehen weibliche Akte, die für Skandal und Aufregung sorgen. Immer mehr wendet er sich den Porträts zu, bleibt aber seinem strengen, fast entpersonalisierten Stil treu.

Foto rechts: Jeanne Hubuterne 1918 (® Albertina)

Die Ausstellung ist noch bis 9. Jänner 2022 zu sehen.

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Albertina: Franz Hubmann. Künstlerporträts. Die Schenkung Helmut Klewan

Foto oben: Alberto Giacometti

Pose oder Momentaufnahme – beide Formen der Porträtfotografie beherrschte Fran Hubmann (1914-2007) schlichtweg genial. Der Besuch der Ausstellung gleicht einem Gang zurück in die eigenen Erinnerungen, die vielleicht schon ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Wie sah Otto Mühl aus, der Skandalproduzent der Nachkriegszeit? Wie der junge Rainer, der wilde Attersee? Natürlich erkennt man Picasso sofort von vielen anderen Fotos. Aber wem gehört dieses Gesicht, dessen Blick dem Betrachter durch und durch geht? – Es ist der Bildhauer Alberto Giacometti, der die vordergründige Wirklichkeit bis auf die Knochen durch-schaut. Den treuherzigen Augen Kubins traut man nicht so ganz, wenn man an seine Visionen von Dunkelheit und Grauen denkt. Natürlich, da sitzt Erwin Ringel im dem Künstlercafé Hawelka, er, der Alleserklärer der Nation. Und gleich auch Friedensreich Hundertwasser mit Köfferchen, als wäre er im Aufbruch nach Venedig oder auf sein Schiff. All diese Künstler haben das Leben des 20. Jahrhunderts gestaltet und uns, Kinder dieses Jahrhunderts, mit Neugier, Begeisterung oder auch manchmal Empörung erfüllt. Jedenfalls waren und sind sie wichtige Meilensteine der Erinnerung.

Von 1951 bis 1999 fotografierte Franz Hubmann die bekanntesten Künstlerpersönlichkeiten aus der österreichischen, französischen und amerikanischen Kulturszene. Der Galerist Helmut Klewan sammelte sie und schenkte einen Teil davon der Albertina für diese Ausstellung.

Noch zu sehen bis 10. Oktober 2021

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Zu sehen bis 19. September 2021

Bis 31. Mai 50% auf den Eintritt !!

Die Albertina präsentiert aus dem Sammlungsbestand hundert Meisterwerke zeitgenössischer Kunst, von Alfred Katz über Gelatin bis zu Warhool. Der Titel ist dem WErk von Fiona Rae „Wonderland“ entliehen und kann als Leitmotiv so verstanden werden: In der Kunst, im Bereich der Phantasie ist alles möglich. Skurriles, Heiteres, Anklagendes, Warnendes, Verwirrendes und auch Sozialkritik. Letztere aber ist Gott sei Dank nur in Spurenelementen vorhanden. Denn dem moralischen Zeigefinger mag man im Wonderland sicher nicht begegnen. Ein Wonderland lebt von der frei schwingenden Phantasie und den Überraschungseffekten, denen man sich in dieser Ausstellung gerne ausliefert.

Eine kleine Auswahl zum Lustmachen

Alle Fotos: Silvia Matras

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Neue Ausstellung in AG 18 Urban Art Gallery: Träume und Offenbarungen

Alter Ego from NGC6744 nennt Aleksei Bordusov, bekannt als Aec Interesni Kazki, sein geheimnisvolles Bild.

Der märchen- und mythenleeren Gegenwart stellt der in der Ukraine lebende Künstler Aec Interesni Kazki seine bildgewaltigen Geschichten entgegen. Seine Welt wird von gewaltbereiten Muskelmännern bedroht, bevölkert. Zarte Mädchenfiguren, verhüllte Engel kämpfen auf verlorenem Posten. Was bleibt ist die Rettung durch Allegorien und Märchen. Die Anspielungen auf Bosch oder Dali und die Anlehnungen an den Phantastischen Realismus sind gewollte Zitate.

Ein weiterer Künstler in der Ausstellung ist Max Brenner, geboren in Südtirol, lebt und arbeitet in Wien Seine Vorliebe gilt den kleinsten Details. Auf Großformat ausgebreitet wirken sie wie Suchbilder. Sie zu entziffern macht Spaß.

Da taucht einer aus der amorphen Masse der Häuserschluchten auf und sucht per Handy nach Mitmenschen. Witzig und kritisch!! Auch verstörend.

Beáta Hrchtová, geboren in der Tschechischen Republik, lebt und arbeitet seit 2014 in Wien. Ihre Bilder zeigen Menschen in absurden Situationen, in die sie verstrickt sind, ohne Ausweg.

Camilla Schön studiert in Wien an der Universität für Angewandte Kunst Grafik und Druckgrafik. In der Galerie sind Siebdrucke interessanten Farbkombinationen zu sehen.

Auch in dieser Ausstellung, wie in allen vorangehenden, wird das Konzept deutlich: junge Kunst aus allen Kunstrichtungen, teils street art, teils Atelierarbeiten. Der thematische Rahmen, wenn man so will: Kritische Blicke auf unsere Welt. Ganz wichtiger Aspekt: Hier wird nicht aus dem internationalen Markt geschöpft, „große Namen“ wird man nicht finden. Die Galerie will die Neugier auf junge Kunst wecken. Deshalb auch die moderaten Preise!

http://www.ag18.at/de

Elodie Grethen“Guarding Lions“ -Fotos aus Sarajevo.

Im Bildraum 01, Strauchgasse 2, 1010 Wien. Noch zu sehen bis 2. April, danach in einem Link, der noch angegeben wird.

Der Titel bezieht sich auf einen Gedanken des Schriftstellers Ivo Andric, der die Grabmale des jüdischen Friedhofs als „sleeping Lions guarding the city“ bezeichnete. „Für mich sind die Menschen, die ich porträtiert habe, die „Guarding Lions“, die Beschützer und Beschützerinnen der Stadt, weil sie für Gleichberechtigung kämpfen“, erklärt Elodie Grethen. „Ich fotografierte Queer- Menschen, um ihnen eine Platform für ihre Kunst zu geben und die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Andersseins sich nicht in das herrschende traditionelle Gesellschaftsmuster einfügen.“

Porträt eines jungen Mannes (Foto: Elodie Grethen)

Neben Porträts fotografiert Elodie Grethen auch Orte, die symptomatisch für die Vergangenheit und Gegenwart der Stadt sind, etwa die Büste Titos, aufgenommen in der „Tito Bar“ (s. obiges Foto). Oder die beiden Hochhäuser der Wiener Städtischen Versicherung und der Samsung-Gesellschaft. Sie wurden während des Krieges fast vollständig zerstört und bilden nun, wieder aufgebaut, ein Mahnmal der Erinnerung.Manche Fotos sind mehrfach deutbar, wie das einer Frau, deren Kopf und Oberkörper in einem transparenten Schlauch steckt, aus dem ihre Arme und Fäuste wie in letzter Kraft und Rebellion herausragen. Es handelt sich um Radojka Lakic, die auf Grund ihrer antifaschistischen Haltung gefoltert und getötet wurde.

Mahnmal für Radojka Lakic (Foto: Elodie Grethen)

Elodie Grethen wurde 1988 in Frankreich geboren, studierte in Wien bei Friedl Kubelka künstlerische Fotografie. Seit 2017 hat sie in vielen Gruppen- und Einzelausstellungen ihre Fotos gezeigt. Sie lebt in Wien und besuchte Sarajevo für längere Zeit, um dieses Projekt zu realisieren.

http://www.elodiegrethen.com

naiv.? naive kunst aus der infeld-sammlung im museum gugging

Noch zu sehen bis 5. September 2021

In den kunstfernen Zeiten, wie wir sie gerade jetzt erleben, ist eine Ausstellung wie diese die beste Erfrischung, ein „Überlebensmittel“! Sie ist jedem sehr zu empfehlen, besonders aber allen, die eine Aufmunterung brauchen, allen, die sich nach einem Lächeln sehnen. Denn diese Bilder machen froh, heiter, nachdenklich. Man staunt über die künstlerische Kraft, die in Menschen steckt, die ohne Kontakt mit dem internationalen Markt und dessen Moden und Trends malen, weil sie wollen, ja müssen. Sie erzählen in ihren Bildern ihr Leben, ihre Träume, ihre Alltagswelt. Geklagt wird nicht. Angeklagt schon gar nicht. Das Leben in seinen Härten und Freuden wird abgebildet.

Die Leser meiner Webseite wissen, dass ich oft auch persönliche Aspekte in meine Berichte einfließen lasse. Beim Besuch dieser Ausstellung stiegen Erinnerungen an Künstler, die ich persönlich erleben durfte, auf. Künstler, die von sich selbst sagen, dass ihnen der Pinsel, der Buntstift einfach in die Hand gelegt wurde. Ohne über diese Gabe lange nachzudenken, malen sie. Ob andere sie der „naiven Kunst“, der „art brut“ oder dem „Surrealismus“ zuordneten war und ist ihnen herzlichst egal. Essaouira ist eine mystische Stadt, voller Spiritualität, die selbst der fremde Besucher spürt, wenn er sich länger dort aufhält. Ich hatte den Eindruck, dass hier jeder malt. Malen ist Leben. Keiner der Künstler hat eine Ausbildung. Einer der ganz wilden ist Said Quarzaz. Seine Fabeltiere und Dämonen entstehen in Trance, was ich sofort glaubte. Denn Formen, wie er sie erfindet, sind im Alltag nie zu finden. Auch Frauen malen. Fatima Ettalbi kümmert sich tagsüber um ihren Mann und die vier Kinder, des Nachts malt sie Bräute, Vögel und Blumen. Ihre Bilder sind von einer inneren Heiterkeit durchstrahlt. Mohammed Tabal ist der Maler der Gnawa, der Nachfahren der schwarzen Sklaven, die einst aus dem Süden nach Essaouira geholt wurden. Ihre Feste sind durchdrungen von orgiastischer Musik, die sich in Tabals Bildern widerspiegelt.Eine ganz persönliche Erinnerung verbindet mich mit der 2004 verstorbenen Malerin Carmelina Alberoni aus Capri Ein Jahr vor ihrem Tod besuchte ich die damals 81-Jährige. Rüstig und heiter saß sie in ihrem Zimmer, dessen Wände von oben bis unten mit ihren Bildern voll waren. Sie hatte zu malen begonnen, um ihrem kranken Sohn zu zeigen, wie es geht, erzählte sie. Aus der Not wurde Leidenschaft. Bald wurden ihre heiteren Bilder aus Capri in ganz Italien bekannt.

Carmelina Alberino: Die Piazzetta von Capri ( Bildrechte: Carmelina Alberino und Auktionshaus Finarte)

Die Sammlung Infeld

Doch nun zur Sammlung von Peter Infeld. Der Musikkenner und Kunstmäzen sammelte gemeinsam mit seiner Mutter Margaritha unter anderem Bilder kroatischer Maler und Malerinnen, wovon nun 120 Werkee von 31 Künstlern im museum gugging ausgestellt sind. Ich will auf keinen Fall in die Diskussion einsteigen, was „naive Kunst“ in der Theorie bedeutet. Denn mit Theorie hatten all die ausgestellten Künstler nichts auf dem Hut. Ihre farbenfrohen, dem Leben zugewandten Bilder sind meist spontan entstanden. Viele Künstler sind autodidakt, also von keiner vorgegebenen Sicht- und Malweise geprägt. Und das genau macht den Reiz und die Vielfalt dieser Ausstellung aus. Ich kam mit großen Erwartungen und wurde – nicht enttäuscht! Schon das Äußere des Museums stimmt fröhlich: kindlich gemalte Sonnen strahlen Heiterkeit von den Wänden.

Es fällt mir schwer, aus der Vielzahl und Vielfalt der Bilder einzelne besonders hervorzuheben. Aber auf eine Malerin will ich doch besonders hinweisen. Nicht weil heute Frauentag ist, sondern weil Mara Puskaric-Petras mit ihren zarten Bildern aus einer verträumten Frauenwelt mich besonders berührte: Sie malt sich in ihrem Zaubergarten als „Frau im Garten“ oder als kleine Frauenfigur, die still dasteht und Hahn und Henne beim Kokettieren zusieht. Leider darf ich die Fotos an dieser Stelle nicht veröffentlichen – sehr schade. Doch von dem heiter-boshaften „Schwarzen Hahn“ von Ivan Vecenaj-Tislarov sei hier die Rede und darf auch ein Foto gezeigt werden:

„Der schwarze Hahn“ von Ivan Vecenaj-Tislarov (Foto: Silvia Matras)

„Der schwarze Hahn“ – das stolze Vieh scheint das kleine Dorf total unter seiner Kontrolle zu haben. Er ist gerade dabei, aus der Malerkiste ( im rechten Bildrand) ein Bild nach dem anderen mit seinem Schnabel zu zerstören. Die Pracht und Selbstgefälligkeit im bunten Kleid! Mit beißendem Humor sieht auch Ivan Generalic seine Mitmenschen:

Ivan Generalic: Die alte Braut (Foto:Silvia Matras)

Man lacht und bedauert sie zugleich – die alte Braut im komischen Hochzeitsschleier, mit der großen Schürze, dem dicken Bauch und dem verzweifelten, angestrengt frohen Blick. Kein Bräutigam ist in Sicht, der ihr Kind einmal ernähren und beschützen wird. Die Landschaft um die arme Frau ist öd und leer. Nur eine Katze schleicht ihr neugierig hinterher. Größenverhältnisse und Perspektive werden grundsätzlich „flachgelegt“, etwa in den zarten, flächigen Traumbildern von Pal Hamonai. In seinen akribischen Architekturbildern malt Emerik Fejes nach Ansichtskarten die Destinationen, die er nie bereist hat, von denen er nur träumen kann. Ein „Kopfreisender“, der das Zimmer wegen einer schweren Krankheit nie verlassen konnte. Auch von diesen beiden Künstlern kann ich leider keine Fotos veröffentlichen. Also mein Rat: Am besten hingehen, anschauen! Freude wird garantiert!

http://www.museumgugging.at

AZTEKEN noch bis 13. April 2020 im Weltmuseum Wien

Im Weltmuseum Wien ist die spannende und sehr einfallsreich konzipierte Ausstellung über die Kunst und Kultur der Azteken (1430 – 1521 n. Chr.) zu sehen. Gestaltung in Zusammenarbeit mit“ Linden-Museum Stuttgart“, „Nationaalmuseum van Wereldculturen“ in den Niederlanden und des Museo Nacional INAH Mexiko.

Im Entree überraschen riesige Fotos, die sich in der darunter befindlichen dunkelpolierten Platte wie in einem geheimnisvollen See spiegeln.Sie zeigen den Plan der Hauptstadt der Azteken. Tenochtitlan wurde auf mehreren kleinen Insels mitten im Texcoco- See gegründet und war mit Dämmen mit dem Festland verbunden. In den großartigen Palästen wohnten die Mächtigen, Reichen, in den Megatempeln die Götter.Als Kontrast werden auch Bilder aus der Gegenwart eingeblendet: eine Draufsicht auf die heutige Riesenstadt Mexico – City, gebaut auf den Ruinen der Azteken-Stadt. Statt derPaläste – gesichtslose Betonarchitektur, statt Tempel – Geschäftstürme. Das Leben heute wird in typischen Touristenfotos gezeigt: bunte Märkte, Feste.

So eingestimmt betritt man die geheimnisvolle Welt der Azteken und lässt sofort die Gegenwart hinter sich. Statuen der Götter und Göttinnen, Vogelköpfe, Schädel- und Vogelmasken strahlen aus dem Dunkel hervor.

Der Herr des Totenreiches Mictlantecuhtli. Fotocredit: D.R. Archivo Digital de las Colecciones del Museo Nacional INAH, Mexiko

Aber neben dem Reich der Götter, Mythen und des Ritus wird auch in witzigen Wandzeichnungen amüsant das Alltagsleben dargestellt. Die Haushaltspflichten der Frauen, die Arbeit der Männer auf dem Feld oder in den Handwerksläden. Auch Erziehung und Moral kommen ins Bild:

Heiratsfähiges Mädchen wird von der Kupplerin zum zukünftigen Ehemann geschleppt. (Foto: Silvia Matras)

Einmal verheiratet, heißt es ewige Treue halten! Ehebruch wurde mit dem Tode bestraft. Ziemlich heftige Gesetze! Aber sie galten für beide. Auch der Mann war zur Treue verpflichtet und konnte nicht, wie in manch anderen Kulturen, einfach seine Frau verstoßen und sich eine neue wählen. Das wiederum ist ziemlich sympathisch. Schulbildung galt für Mädchen und Buben gleichermaßen. Auch sympathisch. Die Erziehung war sehr streng, Hiebe und noch härtere Maßnahmen sorgten für Disziplin, weniger symoathisch. Handwerker hatten eine Sonderstellung und wurden hoch geachtet, besonders die Federkünstler. (Im Obergeschoß ist in der Abteilung „Mittelamerika“ auch der prunkvolle Federschmuck zu sehen) Hebammen waren ebenfall sehr angesehen.All diese interessanten Details sind neben den Zeichnungen in kleiner Schrift angebracht und ein wenig mühevoll zu lesen.Fast unlesbar sind auch manche Beschriftungen an den Vitrinen. Da die Räume wegen der Empfindlichkeit der ausgestellten Objekte abgedunkelt sein müssen und die Texte direkt auf die Vitrinen appliziert sind, sind die Texte kaum zu entziffern. Und Handytaschenlampen sind nicht erlaubt. Aber die spannende und aufschlussreiche Gestaltung der Ausstellung macht diese Mängel mehr als wett.

Unter den vielen Höhepunkten der Ausstellung ist auch die mystisch-wirkende Rekonstruktion des Templo Mayor zu nennen. Hellblaue Installationen aus dem Dunkel erstrahlend imaginieren Mauern und Inneres des Tempels und lassen ahnen, wie eindruchsvoll dieses Bauwerk einmal war.

Installation des Templo Mayor (Foto: Silvia Matras)

http://www.weltmuseumwien.at

„Menschheitsdämmerung“ im Leopold Museum

Elf Künstler, die in der Zeit von 1919-1938 die Österreichische Moderne repräsentierten.

Titelbild: Herbert Boeckl: Große sizilianische Landschaft 1924 (Detail) Leopold Museum Wien, Foto: Silvia Matras.Copyright: Herbert Boeckl-Nachlass, Wien

„Menschheitsdämmerung “ ist ein vieldeutiger Titel. Er umschreibt eine Zeit, in der Menschen Kriegstraumata verarbeiten mussten und die nächste Katastrophe bereits heraufdämmert. Eine Zeit, mit der die Maler dieser Epoche ganz verschieden umgehen. Alfons Walde findet in der Darstellung der heimatlichen Höfe, tief geduckt in eine alles zudeckende Schneelandschaft, seinen festen Mittelpunkt. Auf die Menschen, die in seiner Landschaft leben, ist viel Hartes herabgeprasselt, aber sie finden im Glauben ihren Halt.

Alfons Walde: Begegnung. Der Kirchgang, 1924 (Foto.Silvia Matras) Leopold Privatsammlung.

Während ich vor dem Bild stehe und über die Wucht des Pinselstriches und des schweren Rahmens staune, erfahre ich vom Saalaufseher, dass der Rahmen allein ein Gewicht von 45 kg haben soll. Wenn diese Angabe richtig ist, so passt das Gewicht des Rahmens zum Gewicht, das auf den Menschen unter den fordernden Lebensbedingungen lastet.

Passend zu dem Thema Schwere des Lebens hängen im selben Raum die Bilder von Albin Egger-Lienz. Er arbeitete während des Ersten Weltkrieges als Kriegsmaler direkt an der Front. In den Bildern „Finale“ (1918) malt er keine Menschen, sondern „Menschenmaterial“, wie es in der damaligen Kriegsführung hieß: Graue, zu unkenntlichen Leiberresten verformte Tote liegen in- und übereinander verkrallt. Menschen als Abfall.

Albin Egger-Lienz: Finale 1918 . Foto: Silvia .Matras, Bildrechte: Leopold Privatsammlung

Anton Kolig malt die Verletzlichkeit des Mannes, allerdings nicht auf dem Schlachtfeld, sondern geborgen im Privaten. Dennoch aber ausgesetzt, nackt. Zwar umgibt den jungen Mann ein Wohnraum, doch Geborgenheit sieht anders aus. Rosarot glänzt das ungesunde Fleisch, als wäre es von Messern zerschnitten.

Anton Kolig: Großer Kniender. Sehnsucht 1922 (Detailfoto:Silvia.Matras.)

…und plötzlich ist alles privat..

Temperatur, Themenstellung, Ausstrahlung – alles ändert sich, als ich den Raum mit Werken von Herbert Boeckl betrete. Und plötzlich führen mich diese Bilder zurück in das Atelier meines Vaters. Eduard Matras war Schüler von Herbert Boeckl, hat wie er Cézanne (und van Gogh) überaus verehrt. Boeckl war ein Künstler, der internationale Strömungen genial in seinen Kompositionen verarbeitete. Und er gab diese Einflüsse an seine Schüler weiter. Nur schwer konnte sich mein Vater – und andere Maler dieser Epoche – vom Einfluss Boeckls befreien. Ich erkenne den üppigen Farbauftrag, das Auftürmen der Farbmassse, das Abgrenzen mit schwarzen Umrissen, ähnlich wie in den Bildern meines Vaters. Auch die Themenstellungen sind ähnlich: Die Welt ist nicht mehr nur von Krieg und Elend erfüllt, es gibt Ruhe, Gelassenheit – Stillleben und Porträt werden wieder aktuell. Die Stadt, die Zivilisation und die Industrie faszinieren. Viele Bilder meines Vaters behandeln in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg genau diesen Aufbruch. Leider sind sie für mich nicht mehr auffindbar, in Depots diverser Museen oder in den Räumen der Sammler verschollen. Er führte auch kein Verzeichnis, wohin er seine Bilder verkaufte. Mir war immer schon klar, dass er nicht zu den Erneuerern gehören wollte. Abstraktion war nicht sein Thema.

Auch in den Bildern von Josef Dobrowsky oder Sergius Pauser finden sich diese Themen: Ruhige Landschafts- oder Straßenbilder, Porträts. Es scheint ein Rückzug in eine Art von Idylle stattgefunden zu haben, allerdings kitschbefreit. Revoluzzer waren sie alle nicht.

Josef Dobrowsky: Häuser im Winter (Ybbs?), 1930 (Detail) Foto: Silvia Matras

Dann findet sich doch einer in der Ausstellung: Alfred Wickenburg. Er gründete 1923 die „Grazer Sezession“, der auch mein Vater später angehörte, obwohl er sich der kubistisch-avantgardistischen Richtung nicht anschloss. Wickenburg war so etwas wie ein Erneuerer, Erwecker. Er brachte den Kubismus in die Provinzhauptstadt und erregte mit seinen Bildern großes Aufsehen. Das Leopoldmuseum zeigt Werke von einer ungewöhnlichen Farbtransparenz, gepaart mir harten Verformungen.

Alfred Wickenburg: Giardino del Lago 1921. Privatbesitz Wien .Foto: Silvia Matras

Die Ausstellung „Menschheitsdämmerung“ zeigt nur einen kleine Auswahl von Künstlern in der Zwischenkriegszeit. Sie erhebt nicht den Anspruch auf einen umfassenden Überblick, will nur ein Teilsegment, aber ein durchaus wichtiges dokumentieren. Denn diese Zeit ist zwar, was Schriftsteller, Komponisten und Theaterleute betrifft, gut aufgearbeitet und interpretiert – z. B. in den Büchern von Herbert Lackner: Als die Nacht sich senkte, um nur ein aktuelles Werk zu nennen. Aber in der bildenden Kunst gibt es noch Lücken. Und eine dieser Lücken füllt diese Ausstellung. Sie zeigt, dass die meisten Künstler eine eher traditionelle Thematik und Bildgestaltung bevorzugten. Das Feste, in Tradition Verankerte, gab Halt und vielleicht auch Zuversicht. Der krasse Expressionismus war mehr die Ausdrucksweise der Rebellen, wie Oskar Kokoschka einer war. Doch das wäre eine andere Ausstellung…

Schade, dass die Ausstellung „Hundertwaser-Schiele“ nach Ende des letzten Lockdowns nicht noch einmal aufgenommen wurde. Aber es gibt ja noch den ausführlichen Katalog, ediert von Hans-Peter Wipplinger.

Die Ausstellung „Menscheitsdämmerung“ wird noch bis 5. April 2021 zu sehen sein.

http://www.leopoldmuseum.org

Beyond Dystopia

Ausstellung in der „AG 18 Urban Art Gallery- Kuratiert von „Improper Walls“

Mut und großen Optimismus bewiesen Margot und Michael Schmitz, als sie im Oktober 2018 die „AG 18 Urban Art Gallery“ gründeten. Der Name der Galerie ist Programm: Im Zentrum der Ausstellungen stehen Künstler aus dem städtischen Bereich, die in erster Linie für den öffentlichen Raum arbeiten und auf dem internationalen Kunstmarkt (noch) nicht reüssieren. „In Österreich ist es nicht einfach, ein Publikum zu finden, das sich für diese Sparte der Kunst interessiert. Wer Kunst als Spekulationsobjekt oder als Imageaufwertung kauft, wird in dieser Galerie nicht fündig werden. Unsere Zielgruppe sind Menschen, die mit Neugier und Entdeckerfreude in die Ausstellung kommen. Durch moderate Preise und inhaltliche Vielfalt reizen wir die derzeit noch geringe Kaufbereitschaft an“, erklärt Michael Schmitz im Interview mit der Autorin des Beitrages.

In der aktuellen Ausstellung „Beyond Dystopia“ stellen nur österreichische Künstler aus. Einige kommen nur aus der Street Art – Szene, einige haben sich unter anderem auch mit Street-Art beschäftigt. Es ist nicht immer leicht, in den Werken die Beschäftigung mit der Street Art -Szene nachzuvollziehen. Ursprünglich wurde sie ja aus dem öffentlichen Protest heraus geboren. Street Art war und ist ein Mittel, politisch brisante Themen im öffentlichen Raum, besonders auf Mauern zu diskutieren, zu verbreiten. Den Kunstinteressierten bekannt sind die „murales“ von Diego Rivera (1886-1957). Der mexikanischen Künstler malte die Geschichte Mexikos auf Riesenwände, um das Selbstbewusstsein der Menschen und den Stolz auf ihre Vergangenheit zu stärken. Mitte des 20.Jahrhunderts entstanden auch in Europa die ersten „murals“ oder „murales“. Als die Hirten des sardischen Bergdorfes Orgosolo erfuhren, dass auf ihren Bergweiden ein NATO Truppenübungsplatz geplant war, begann sich der Protest unter anderem auch auf den Mauern mit starken Bildern erffolgreich zu artikulieren. Als das Ladadika-Viertel in Thessaloniki durch die überbordende Nachtclubszene an Reiz verlor und die kleinen Geschäfte und Hotels wegzogen, begannen unbekannte Künstler durch Mauerbilder auf den Verfall hinzuweisen. Thessalonikis Stadtväter erkannten den touristischen Wert dieser murales und gründeten 2012 ein „Street Art Festival“ mit deutlichem Protestcharakter.

Thessaloniki, Ausschnitt aus den „murales“ November 2016, (Foto: Silvia Matras)

Stoßrichtung der „urban art“

Anders als in der „Street Art“ ist die „urban art“, wie sie in der Galerie AG18 gegenwärtig gezeigt wird, nicht unbedingt an ein Protestthema gebunden. Titel und Bildgestaltung weisen auf eine eher willkürliche Aussage hin, die sich der Betrachter selbst zurechtlegt. Etwa Fatis an islamische Kunst erinnernde Blütenarabeske oder Marielle Lehners Wolken-Naturbild in Hellblau. Geheimnisvoll ist David Leitner „Wandgemälde“, eine Mischung aus Collage, Murales und Installation. Eine deutlich aggressive Handschrift weisen hingegen die Bilder des Künstlers „Golif“ auf: Die Gesichter aus schwarzen Pinselstrichen auf grünem Grund, die Augen mit schwarzer Maske verdeckt, sind Warnung, vermischt mit Aggression und Abwehr. Colin Linde spielt mit Farben und Formen eines Miro, alles durch ein zerbrochenes Smiley ironisiert. Den gebrochenen Menschen, der zum Objekt wird, das beliebig bemalt, missbraucht und ausgestellt wird, zeigt Linda Steiner mit der blauen Skulptur.

Das Spannende an dieser Ausstellung liegt gerade in der Vielfalt der Themen, der Darstellungsformen, in dem völlig neuen Blick, den der Betrachter in sich aufrufen muss

Die Ausstellung ist noch bis Ende Februar oder länger (genaues Datum ungewiss) zu sehen.

AG18 – URBAN ART GALLERY, Annagasse 18 1010 Wien.+43 1 293 51 26, +43 699 1236 9480, 0ffice@ag18.at

http://www.AG18.at/art

Kuratorin: Bärbel Vischer, Kustodin MAK Sammlung, Gegenwartskunst

Sheila Hicks, geboren 1934 in Nebraska, ist eine der wenigen Künstlerinnen, die Malerei und Webkunst miteinander verknüpfen. Ihr großes Wissen um indigene Webpraktiken ist neben dem Studium der Malerei und Architektur Grundlage ihres Oeuvres.

In vier großzügig ausgestalteten Räume entwickelt sich eine Dramaturgie des Raumes aus Malerei und Skulptur. Im ersten Raum spielt die Sheila Hicks mit „Bildern“ aus Längsfäden, die im Farbverlauf in verschiedenen Rot- und Blautöne changieren.

Foto: Silvia Matras

Immer wieder aber werden aus Webbildern Halbreliefs, in denen Architekturmerkmale dominieren, indem sie die Fäden zu dreidimensionalen Säulen oder Kuben bündelt..

An Bäume und Wurzeln erinnern die in sich verschlungenen Seile, die ein bizarres Schattenbild an die Wand werfen. Daneben ragt wie eine Mahnsäule ein Baumrumpf aus geflochtene Garnenbis an die Decke. An der Stirnseite liegt ein Hügel aus gelb-orangefarbigen Pölstern aufgeschichtet. Vorhänge wehen vom Boden bis zur Decke. An orientalische Sitzkissen wiederum erinnern die in verschiedenen Größen und Farben gewebten Gebilde an der gegenüberliegenden Wand. Kommt man näher, eröffnet sich ein buntes Fadengewirr, als sähe man auf einen herbstlichen Waldboden. Der Interpretation sind keine Grenzen gesetzt.

Fotos: Silvia Matras

Am meisten beeindruckt der Raum mit monumentalen Webbildern, die Gebetsteppiche oder Tore zu alten Palästen sein könnten. Shella Hicks zitiert damit die Webkunst aus Marokko oder Peru, mit der sie sich lange befasst hat. Diesen Werken hat die Kuratorin Bärbel Vischer eindrucksvoll die Skuptur „Tor zum Garten“ von Walter Pichler gegenüber gestellt.: Ein mächtiges Tor, das den verschlossenen Eingang zu einem ägyptischen oder griechischen Palast oder zum Garten Eden sein könnte. Vielleicht spielt hier das Thema der Macht, deren Zugang der Allgemeinheit verschlossen bleibt, eine Rolle.

Abendliche Stimmung im MAK. Foto: Silvia Matras

http://www.MAK.at

„Beethoven bewegt.“ Kunsthistorisches Museum

Sie müssen vor den Vorhang! – die Ideengeber und Kuratoren dieser für das Museum innovativen Ausstellung: Andreas Kugler, Jasper Sharp, Stefan Weppelmann, Andreas Zimmermann.

Und natürlicher die Ausstellungsgestalter: Dani Mileo, Joris Nielander (Tom Postma Design, Amsterdam)

Diese Ausstellung überrascht, fasziniert und begeistert durch das Unerwartete! Nichts in den vier Sälen entspricht dem üblichen Ausstellungsklischee. Schon die immens vergrößerte Skulptur des Hörrohrs im Halbstock (John Baldessari) ist ganz und gar ungewöhnlich: Ruft man laut in das Rohr hinein, so hört man Musik des ertaubten Giganten. Vielleicht schaut deshalb die Büste des Kaisers ein wenig grantig drein, denn in keinem hehren Museum darf man schreien, schon gar nicht laut.

In Zusammenarbeit mit dem Musikverein entstand dieses einmalige Erlebnis von Synästhesie. Schauen und Hören verbinden sich, und man ist sofort gefangen von den unterschiedlichsten Gefühlen und Eindrücken. Noten wirbeln computereingefangen über die Zeichnungen von Jorinde Vogt. Vom Plafond hängt die geheimnisvolle Skulptur eines zertrümmerten Klaviers der Künstlerin Rebecca Horn. Die kaputten Tasten fahren mit einem ziemlichen Knall heraus – als hätte Beethoven gerade voller Wut auf das Instrument eingehämmert. In der Mitte steht prominent die Skulptur von Rodin „Das eherne Zeitalter“. Da mag man sich fragen, welchen Bezug sie zu Beethoven hat. Sich fragen, sich wundern, bewundern ist in dieser Ausstellung die Maxime. Alles darf gedeutet werden. Nicht beliebig, sondern mit Sorgfalt und Bedacht ist hier einem Genie und seinen genialen Zeitgenossen nachzuhorchen. Bei den Klängen der „Waldsteinsonate“ und der letzten Klaviersonate in c-moll op.111. Mit welcher Wucht und innerem Kampf Beethoven seine Kompositionen zu Papier brachte, erkennt man in den Originalnotenblättern: wild, wütend, durchgestrichen, überschrieben, ausradiert. (Alles Saal I)

Saal II: Stille

Im abgedunkelten Saal der Stille leuchten die Bilder in zweifacher Form: real von den Wänden und im Bodenspiegel. Es ist die Stille des Staunens, der Ehrfurcht vor der Größe des/der Genies. Magie erstrahlt und lässt jeden verstummen vor der Wucht des Eindrucks, wie aus Dunkel das Helle der Werke hervorstrahlt: Der machtvolle Prometheus, der Feuerbringer, der Menschenermöglicher, dann die boshaften Caprichos Goyas, der ebenso an Taubheit litt wie Beethoven und ebensolche genialen Werke aus seinem Leiden heraus schuf. An der Stirnwand fährt ein Eisbrecher durch das wässrige Eis, über das ein Mensch marschiert. Er scheint mit kraftvoller Ruhe das Schiff zu ziehen. Es ist der Künstler selbst, der sich dem Risiko Tod aussetzt und dabei filmen lässt. Wie ein Schritt aus der Idee hinaus in die nüchterne Realität: das originale Hörrohr Beethovens. Sich vorzustellen, welche Qualen es ihm verursachte! In der Stille dieses Raumes bekommt der Laie eine leise Ahnung von der Wucht, die den Künstler zu seinem Schaffen zwingt.

Saal III

Oben, in der Kuhle zwischen Decke und Wand, läuft das Bekenntnis Beethovens zur Natur als sinnstifende Lebenskraft: „Wie froh bin ich einmal in Gebüschen, Wäldern, unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können. Kein Mensch kann das Land so lieben wie ich- geben doch die Wälder, Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht.“ – Den Widerhall der Natur“ kann Beethoven in seiner Seele hören, aus ihm schöpft er Kraft. Diese machtvolle Quelle setzt er um. Dazu sollte man Teile der 3. Sinfonie hören – aber leider, viel zu leise. Schade.

Saal IV – der Saal der Ver-Wunderung

Zwei Künstlerinnen reden und tanzen – „Beethoven bewegt“? – eine Minimalperformance zu einer vom Zuhörer ungehörten Musik. Verwundern darf sein. Vorher konnte man ausgiebig bewundern.

http://www.khm.at und http://www.beethovenbewegt.at

Die Ausstellung ist noch bis 24. Jänner 2021 zu sehen. Unbedingt ansehen!!

Kuratiert von Charlotte Seidl.

Es ist ein strahlender Winternachmittag. Vom Gut Gasteil schaut man auf die weite Landschaft, Hügel, Wälder und Wiesen. Rund um das Gut stehen die hochragenden Frauenfiguren von Charlotte Seidl. Aus blauer, naturfarbener oder leicht rötlicher Keramik. Im Hof des Gutes begrüßen andere dieser imposanten Frauenfiguren die Gäste. Im großen Schauraum knistern große Holzscheite im Kamin. Die Wände sind mit Bildern aus den kürzlich vergangenen Austellungen geschmückt. Zwei Werke von Robert Hammerstiel (gestorben am 23. November 2020) fallen sofort ins Auge: Leuchtende Farben,voneinander scharf abgesetzt wie in Holzschnitten, sind seine typischen Stilmittel. Farben der Befreiung: Rot, Lila, Orange.

In der Galerie selbst, durch die Charlotte Seidl persönlich jeden Gast führt, sind unter anderem die zart-abstrakten Bilder von Lubomir Hnatovic zu sehen. Diese reine Poesie des Lichtes und der Farben erinnert an Turner. Neu im Kreis der Gasteilkünstler ist die Malerin Mona Seidl. Sie lebt am Traunsee. Ihre Werke sind Traumbilder des Sees. Immer wieder begeistern die poetischen Naturabstraktionen von Nadja-Dominique Hlavka. Träume am Wasser, Träume von Pflanzen, eingebettet in zart blau-grüne Farben, die in einem hellen Tag verschwimmen. Charlotte Seidls Sammlung der Keramikbilder hat sich vergrößert. Auffallend viele Frauenfiguren, die heiter und unbeschwert zu sein scheinen, bevölkern die Bildertraumwelt.

Seit mehreren Jahrzehnten wirkt Charlotte Seidl als Vorreiterin auf dem Gebiet der Ausstellungskunst. Intensiv arbeitet sie an der Schließung der Gräben, die sich zwischen Künstler, Kunstwerk und dem Publikum auftun. Sie hat Künstler ausgestellt, lange bevor sie bekannt wurden. Oder besser gesagt: Viele wurden durch sie bekannt und starteten vom Gut Gasteil aus ihren Weg in Museen und Galerien der großen Städte. Daher öffnet jede Ausstellung neue Wege für Künstler und Publikum.

Weitere Künstler in der Ausstellung „full house“: Daniele Panteghini, Anna Maria Brandstätter, Andrea Trabitsch, Mela Diamant, Andreas Sagmeister, Lotte Seyerl, Edgar Holzknecht, Manfred List, Marina Horvath. Die Ausstellung ist noch am 14., 15. bzw. am 21., 22. Dezember 2020 jeweils von 10-18h und den ganzen Winter über bis zum 25. April gegen Voranmeldung zu sehen.

Am 1. Mai 2021 wird die nächste Ausstellung mit Werken von Leena Naumanen und Angi Eisenköck eröffnet.

http://www.gutgasteil.at

Titelfoto: Mike Kelley:Kondor

Rafael Jablonka, 1952 in Polen geboren, zählt zu den profiliertesten Kunstkennern, seine Sammlung zur amerkinaschen und deutschen Kunst der 1980-er Jahre zu den bedeutendsten in der Kunstwelt. In einer Reihe von Ausstellungen werden in der Albertina Werke aus dieser umfangreichen Sammlung gezeigt werden. Für die jetzt laufende wählte Jablonka Werke von Künstlern seiner eigenen Generation, worauf der Titel hinweist.

In einem Gespräch mit Eric Fischl (Katalog S 21) erzählt Rafael Jablonska, dass er zunächst ein „etwas naiver Kurator“ war und später „Kunsthändler aus Not“ wurde. Tatsächlich ist sein Weg zum Kunstssammler recht ungewöhnlich: Zunächst studiert er in Krakau Bauwesen. Da ihm die Arbeit im Baubüro zu eintönig erschien, übersiedelte er in die BRD und begann Kunstgeschichte zu studieren, freundete sich mit Künstlern seiner Zeit an, reiste oft in die USA und begann sich auch für die amerikanische Kunst zu interessieren. Es war also der Weg eines kunstbesessenen Laien, der mit frischem und unverstelltem Blick seine Sammlung anreicherte. Die Unbekümmertheit, die aus dieser Sammlung den Besucher anweht, ist wohl eines der großen Plus. Mit diesem frischen, „naiven“ Blick lässt sich auch am besten die Sammlung betrachten. Sie verlangt keine spezielle éducation. Der Überraschungeffekt wirkt stark und direkt. Gleich im ersten Saal staunt man über die Serie der Installationen von Mike Kelley (s. Titelfoto): Bunte Glasbehälter, riesige Flaschen, in denen ganze Bauwerke oszillieren, blinken, schnarren, krachen. Eine laute, grelle Welt, aber im abgedunkeltem Raum fast schon ein Mythos. Ein Mythos von einer Zukunft, die wir gar nicht so wollen, aber in ihrer Präsentationsform doch goutieren.

Die Verblüffung ist groß – Eric Fischls Catboy – auf den ersten Blick eine heitere Figur im Katzenlook, doch aus dem Maul guckt ein scheuer Kinderblick. Francesco Clementes ernster Blick, in Rot vor schwarzem Hintergrund, lässt den Betrachter so schnell nicht los.

Diese sehr individuelle kleine Auswahl zeigt, mit vieviel Buntheit im künstlerischen Spektrum die Ausstellung aufwartet. Unbedingt ansehen. Sie ist noch bis 21. Februar zu besichtigen.

http://www.albertina.at

Kunstforum Wien zeigt Gerhard Richter

Gerhard Richter, geboren 1932 in Dresden, gilt als einer der bedeutendsten Maler der Gegenwart. Seine Bilder erzielen Millionenpreise. Das Bank Austria Kunstforum zeigt eine umfangreiche Retrospektive der Landschaftsbilder. Der Künstler behauptet gerne von sich, dass er in jedem Stil malen könne: Real, surrelal, abstrakt.

In der Ausstellung werden Bilder auf Basis von Fotomotiven, atmosphärische Landschaftsbilder mit augenzwinkerdem Hinweis auf die Ära der Romantik, abstrakte Gebirgsbilder und überaus interessante Übermalungen gezeigt.

Eine Ausstellung, die man nicht versäumen sollte. Noch zu sehen bis 14. Februar 2021.

http://www.kunstforumwien.at

Galerie Gut Gasteil zeigt Werke von Theresa Eisenmann und Peter Paszkiewicz

Ein strahlender Sommerabend. Christopher Barber stimmt auf der Gitarre die Gäste auf den Kunstgenuss ein.Weiters sorgen Wein, Schnaps, selbstgemachte Mehlspeisen und Schmankerlbrote für gute Stimmung. Der Innenhof des Gutes umschließt die Besucher mit einer ganz eigenen Atmosphäre, die nichts mit der üblichen „Vernissagelangweile“ zu tun hat. Zwischen Rosensträuchern und Olivenbäumchen stehen die maskulinen Stahlskulpturen von Johannes Seidl und die imposanten Wächterfrauen aus Keramik von Charlotte Seidl. Das Ehepaar Seidl renovierte das Gut Gasteil, das der Architekt Hubert Gessner 1924 baute, mit viel persönlichem Einsatz und eröffnete 1989 diesen wunderbaren Ort der Kunst und der Begegnung.

Therese Eisenmann

Therese Eichmann Zwei Frauen. Fotocredit: Bernhard Waldmann und Therese Eisenmann

Aufgewachsen am Fuße des Dachsteins prägte eine wilde, sehr urspüngliche Naturkraft ihre Bilder. Egal ob Tiere oder Frauenbildnisse aus verschiedenen Ländern, die Therese Eisenmann bereiste – immer strahlen ihre Werke einen vom allgemeinen Mainstream unabhängigen Kunstzugang aus.

Peter Paszkiewicz

Steinskulptur. Fotocredt: Peter Paszkiewicz

Als männliches Gegengewichtzu Eisenmanns Bildern wirken die abstrakten, kühlen Steinskulpturen des Bildhauers Peter Paszkiewicz. In Gmunden aufgewachsen absolvierte er die Bundesfachschule für Holz in Hallstatt, an der Akademie für bildende Künste in Wien entdeckte er den Stein als sein künstlerisches Material.

Charlotte Seidl: Große Frauen und kleine Szenen

Neben der Organisation der Ausstellungen und Betreuung der Künstler, die die weite Wiesenlandschaft rund um das Gut Gasteil mit ihren Werken bestücken, findet Chalotte Seidl noch Zeit und Kraft für ihre eigenen Werke. Das sind einmal die Keramikfrauen, wie die „Hohen Frauen“, die „Wartenden“, die „Wasserfrauen“ oder die „Flammenfrauen“. Dann die vielen hundert Keramikbilder, auf denen sie ihre Träume, Visionen oder eigene Erlebnisse erzählt. Bildergeschichten, die jeder Betrachter mit seiner eigenen Phantasie interpretieren kann.

Die Ausstellung Eisenmann und Paszkiewicz ist noch bis 23. August zu sehen.

Öffnungszeiten: Sa. So und Feiertag 10h bis 18h. Keine Voranmeldung nötig.

http://www.gutgasteil.at

Wilhelm Leibl in der Albertina

Wilhelm Leibl (1844-1900) gehört zu den wichtigsten Vertretern des Realismus. „Male den Menschen so wie er ist, da ist die Seele ohnehin dabei“ ist sein Motto.

Mit hingebungsvoller Geduld malt er Menschen aus seiner Umgebung, Verwandte, Freunde. Besonders berührend ist sein Bild „Drei Frauen in der Kirche“, an dem er vier Jahre arbeitete. Leider ist es in dieser Ausstellung nicht zu sehen, aber es ziert das Cover des Katalogs.

Die Ausstellung gibt einen guten Überblick über Leibls Schaffen. Besonders interessant sind die Frauenporträts, wie zum Beispiel das der lesenden Frau. In innerer Gefasstheit konzentriert sie sich ganz auf das Buch – es ist wahrscheinlich die Bibel. Die Augen sind gesenkt, dennoch spürt man das Wachsein, die Andacht. In dieser Bleistiftarbeit ist alles enthalten, was Leibls Porträts so wertvoll macht: Schlichtheit der Darstellung. Es gibt kein ablenkendes Beiwerk. Der Blick ist nach innen gerichtet, auf das Wesentliche. Posen und Prunk, mit denen Makart und später Klimt seine Figuren ausstatteten, sind Leibl fremd, weil sie vom Eigentlichen ablenken.

http://www.albertina.at

Caravaggio&Bernini. Kunsthistorisches Museum

Bild: Caravaggio: Johannes der Täufer

Eine höchst sinnliche, erotische, ja sogar theatralische Ausstellung!

War die Kunst bis ca. 1600 von einer kühlen, distanzierten Darstellung des Heiligen und ihrer Akteure, der Heiligen und Märtyrer, geprägt, so setzen Caravaggio und der um zwei Jahrzehnte jüngere Bernini auf Emotionen. Dramatische Darstellungen der Leidenden, Leidenschaften, wie sie vorher noch nie gezeigt wurden, charakterisieren das Werk dieser beiden genialen Künstler.

Caravaggios Leben war eine einzige emotionelle Hochschaubahn. In seinem kurzen Leben (1571-1610) bestimmte sein jähzorniger, rebellischer Charakter seinen Werdegang: In Rom war er bald der angesagte Maler. Als er in einem Streit seinen Widersacher tötete, musste er nach Malta fliehen, wo er ebenfalls in Raufhändel verwickelt wurde. Er starb mit 39 Jahren. Seine Vor-Liebe für schöne junge Männer spiegelt sich deutlich in seinen Werken wieder. Zum Beispiel in der Darstellung des Johannes des Täufers. Den haben sich viele wohl anders vorgestellt: Caravaggio malt ihn als verführerischen Jüngling, der seine Nacktheit und Lebens-Lust ganz offen zur Schau stellt. Zärtlich und provokant liebkost er den Widder.Sein Blick ist auf den Betrachter gerichtet und fordert ihn auf, die erotische Freude mit ihm zu teilen.

Bernini: Medusa. Foto:Andrea Jemolo. Sovrintnedenza Capitolina

Gian Lorenzo Bernini (1598-1680) war ein weltgewandter Künstler, der seine Kontakte zur Kirche und den Fürsten geschickt auszunutzen wusste. Seine Theatralik ist subtiler als die Caravaggios. Was am Beispiel der Medusa deutlich wird: Ihr Leiden oder besser ihr Wissen um das nahende Ende (Perseus wird sie enthaupten) ist nur an dem leicht geöffneten Mund und den schmerzvoll zusammengezogenen Augenbrauen zu erahnen. Bernini war der Bildhauer der Dezenz, des Feingefühls.

Zwei nützliche Hinweise für Besucher der Ausstellung: Gleich beim Eingang zur Ausstellung, nach der Karten- und Timeslotkontrolle, findet man kleine Heftchen in Deutsch und Englisch zur freien Entnahme. Sie enthalten die gedruckte Version der Audioguides. Da der Druck klein ist und die Räume abgedunkelt sind, empfiehlt sich dennoch ein Audioguide. Allein schon wegen der sensiblen, um nicht zu sagen erotischen Stimme von Martin Löw Cadona, der die Texte zu den männlichen Darstellungen liest. Zu Hause kann man dann in Ruhe nochmals die Interpretationstexte nachlesen.

Wer die Ausstellung ohne die übliche Besucherflut genießen will, dem seien die Tage Do, Fr, Sa, So empfohlen, und zwar die Zeit nach 18h. Denn da verlassen die meisten Besucher die Ausstellung. Die Caravaggio-Bernini – Ausstellung bleibt jedoch an diesen Tagen bis 21h geöffnet. Die Ausstellung ist noch bis 19. Jänner 2020 zu sehen.

http://www.khm.at

Nein, der Titel bezieht sich nicht, wie man vermuten könnte, auf die Kunst. Sondern auf die Berge von Plastikmüll, die auf der Biennale täglich in den Bistros produziert werden. Vom Besteck über Teller, Becher und Verpackungen diverser Salate – alles Plastik. Ich saß am Ende des Tages in einem der Cafés in den „Giardini“ und beobachtete den Arbeiter, der an die fünf Riesensäcke mit diesem Abfall füllte, und stellte mir die Menge vor, die täglich von allen Bistros zusammen anfällt. Wohin damit? Ins Meer? Verbrennen? Alles keine Lösung. Ein Vorschlag zur Verbesserung: Geschirr, das man abwaschen kann.

Nun zu den Themen. Im Arsenal. Jahrmarkt oder Kunstmarkt beliebiger Sujets? Doch einige Schwerpunkte waren auszumachen, etwa die Welt Afrikas, ihre Zerstörung, die Ängste der Menschen in sprechenden Porträts ablesbar. Umwelt- Klimaprobleme treten eher in den Hintergrund. Digitalisierung und Sex mit Robotern scheint Künstler zu faszinieren und das Publikum zu unterhalten.

In den „Giardini“ bespielt erstmals eine Frau alleine den Österreichpavillon. Provokant und aufregend sollte es werden, hieß es im Vorfeld. Wer die Arbeiten von Renate Bertlmann kennt, weiß, dass alles mit einem Schuss Ironie zu nehmen ist. So auch in ihrem Biennalebeitrag. Ihrem Lieblingsthema, Vormacht und Ohnmacht des Penis, widmet sie ganze Innenwände. Im Innenhof blühen rote Rosen aus Muranoglas, in Diagonalen angeordnet. Auf den ersten Blick nett, aber nicht aufregend, wären da nicht die aggressiven Metalldornen auf jeder Blume.

Aufregender war der Russlandpavillon. Der Regisseur Alexander Sokurow bearbeitete in eindrucksvoller Form Kunstwerke aus der Petersburger Hermitage. Im Obergeschoss zitiert er die Geschichte des Verlorenen Sohnes von Rembrandt. Im dunklen Untergeschoss belebt der Installationskünstler Schischkin-Hokusai ebenfalls Bilder von Rembrandt. Auf von ihm übermalten Tableaus bewegen sich die Figuren und geben den Bildern neue Akzente. Eine starke, sinnliche Arbeit!

Infos:

http://www.labiennale.org

http://www.vela.avmspa.it

http://www.enit.at

http://vela.avmspa.it/it

https://www.labiennale.org/en

Bild: Helene Funk, Akt, in den Spiegel blickend. 1908

Durch die Ausstellung führte die Kuratorin Sabine Fellner

Wien, Stadt der Frauen? Ironie oder Statement? „Beides“, meint Sabine Fellner. Am Ende der Ausstellung gelangt man zur Überzeugung, dass Malerinnen in der Zeit zwischen 1900 und 1938 tatsächlich ein beachtlicher Durchbruch gelang. Obwohl ihnen das Studium an den verschiedenen Akademien verwehrt wurde, wurden sie als Künstlerinnen durchaus wahrgenommen. Sie stellten in der Sezession, im Hagenbund und in renommierten Galerien Wiens aus, waren gut mit dem Ausland vernetzt und waren anerkannte Weggefährtinnen der Wiener Moderne. Vielleicht waren sie nicht unbedingt die großen Neuerinnen, nie jedoch nur schlichte Nachahmerinnen. Um sich gegen die männliche Konkurrenz durchzusetzen, bedurfte es immenser Anstrengungen, sturköpfiger Ausdauer. Vor allem galt es, die Vorurteile in der Gesellschaft gegen Künstlerinnen, im Speziellen gegen Malerinnen, auszumerzen. „In der Zeit von 1900 bis 1938 machten die Frauen große Fortschritte in der Emanzipation. Nach 1945 war es aus. Entweder landeten die Künstlerinnen, weil sie Jüdinnen waren, in Lagern oder sie emigrierten.“ So Sabine Fellner. Die Bilder verschwanden in Kellern, in Privatdepots. An die Namen erinnerte sich nach 1945 kaum einer.

Sabine Fellners großes Verdienst ist es, die mehr als fünfzig Malerinnen aufgespürt zu haben. Ein wenig erzählt sie während der Führung über die schwierigen Wege des Findens.

Mit Verblüffung stellt man das immense künstlerische Potential dieser Frauen fest. Mutig malten sie Akte, obwohl Frauen der Zugang zum Aktstudium nicht erlaubt war. Mutig malten sie ihren eigenen nackten Körper oder den von geschundenen Frauen der Unterschicht. Der weibliche Körper war nicht mehr erotisches Objekt, den begierigen Augen der Bewunderer ausgesetzt, sondern opponierte gegen Macht, Männerblicke und Ausbeutung. „Gefälligere“ Themen, wie Stillleben oder Landschaften, wurden durch exzessive Pinselführung und glühende Farben zu selbstbewussten Manifesten der Eigenständigkeit.

Wer von den vielen Künstlerinnen dieser Ausstellung wird sich posthum doch noch einen Namen machen? Verdient hätte es jede einzelne.

Information zu Kunstführungen:

http://www.belvedere.at/kunstvermittlung

Joachim Meyerhoff, Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Kiepenheuer&Witsch

Joachim Meyerhoff nennt es einen Roman. Im Grunde aber ist es eine Autobiografie. Eine berührende und erheiternde, detailreiche Schilderung seiner Jahre in München. Er wohnt bei seinen geliebten Großeltern und absolviert die ihm verhasste Schauspielschule. Sein Leben könnte nicht kontrastreicher verlaufen: Die Großeltern sind gebildete Großbürger, er ein Philosophieprofessor in Pension, sie eine einst berühmte Schauspielerin. Sie teilen den Tagesablauf nach den alkoholischen Getränken ein: Am Morgen ist Champagnerzeit, zu Mittag leichter Wein, ab 18h Whikytime. Für die Kapriolen und Schwierigkeiten ihres Enkels haben sie jedes Verständnis. Der leidet unter der unsinnigen Ausbildung enorm, hat das Gefühl, man wolle ihm jede Scham austreiben und ihn total brechen und verbiegen.Voller Witz und absurden Einfällen reiht sich dieser Band in die Erfolgsserie seiner beiden anderen Bücher – „Tote fliegen hoch“ und „Wann wird es endlich so, wie es nie war“ ein.
Nach der Lektüre dieses Buches kann man sich nur wundern, wie Meyerhoff trotz dieser katastrophalen Ausbildung zu so einem tollen Schauspieler geworden ist. Wahrscheinlich, weil er sich nicht verbiegen ließ und seinen eigenen Weg und Stil fand.
Silvia Matras empfiehlt dieses Buch!