Theater Akzent: „Alice – Spiel um dein Leben“ mit Natalie O´Hara.

Text: Kim Langner, Regie: Francois Camus

Großartig, berührend – es fehlen die richtigen Worte, um diesem Abend gerecht zu werden. Natalie O`Hara kann alles: phantastich Klavier spielen, Pantomime mit einer unglaublichen Wandlungsfahigkeit: Blitzschnell wechselt sie von einer Person zur anderen. So gelingt es ihr mühelos, alle 20 Rollen zu verkörpern.

In diesem Zusammenwirken von Musik, Schauspiel und Pantomime entsteht ein emotional hoch geladener Abend, ohne dass je Kitschalarm ausgerufen werden müsste. Pathosfrei spielt und verkörpert Natalie OHara das Leben der Pianistin Alice Herz-Sommer.

Prag im September 1942. Alice spielt in ihrer Wohnung im Ghetto trotz Verbot der Gestapo KLavier - "Musik ist mein Leben!" sagt sie immer wieder. Ihr fünfjähriger Sohn und ihre Mutter hören andächtig zu, während sie die " Appassionata" von Beethoven spielt. Die Lebensfreude erlischt jäh, als zuerst ihre Mutter in den Osten abtansportiert wird und bald darauf sie selbst, ihr Mann und ihr Sohn. Sie landen in Theresienstadt. Ihr Mann wird in Auschwitz knapp vor Kriegsendes an Typus sterben. Die Spuren ihrer Mutter verlieren sich im Osten. Glück für Alice und ihren Sohn in dieser trostlosen Lage: Das Rote Kreuz wird das Lager besuchen, da als Ferienlager präsentiert werden soll, wo es Konzerte und Kinderopern gibt und auch die berühmte Pianistin Alice Herz-Sommer auftreten wird. Die Musik rettet ihr und dem Sohn das Leben.

Im Hintergrund werden auf der Videowall Zeichnungen einger Insassen eingeblendet. Gräuelbilder mit Toten, Menschengerippen, wie sie üblicherweise in Dokus oder anderen Darstellungen der Konzentrationslager gezeigt werden, vermeidet der Regisseur. Die einzelnen Lagerinsassen und der Leiter werden ohne übliche Schwarzweißzeichnung gezeigt. Szenen, wie der nächtliche Abschied des Ehemanns von seiner Frau gehen tief ins Herz. Auch Szenen mit ihrem Sohn, den sie von den Schrecken des Lagers nicht fernhalten kann und der vor Hunger in der Nacht nicht schlafen kann, berühren, weil Natalie O`Hara sie pathosfrei spielt. Im Mai 1945 endet die Qual und im September 1945 spielt Alice Herz -Sommer wieder ihr erstes Konzert in Prag, das im Radio übertragen wird: Beethoven!

Im Abspann erfährt man, dass Alice und ihr Sohn nach Palästina auswanderten. Er wird ein gefeierter Cellist, sie gab bis zu ihrem 108. Lebensjahr Konzerte. Man sieht Originalaufnahmen von ihr, ihre vom Alter gezeichneten Hände spielen sicher und geschmeidig eine Chopin Etüde. „Musik ist ein Geschenk, sie kann helfen, die härtesten Stunden zu überleben“ lautet ihre Botschaft an die Menschen.

Langer Applaus und standing ovation

http://www.akzent.at

Burgtheater: Philipp Hochmair mit seiner Band Die Elektrohand Gottes: Jedermann reloaded

Man mag ihn oder mag ihn nicht. Dazwischen gibt es nichts. Es ist eine Frage der Einstellung, wie sehr man die explosive Art dieses ungewöhnlichen Künstlers verstehen will und kann. Denn Philipp Hochmair schont sich und sein Publikum nicht. Er spielt nicht Theater, er existiert so ganz in der Rolle! Die Bühne ist sein Leben. Wer sich auf ihn einlässt, dem werden die Augen für den Text geöffnet. Der altbekannte, etwas „altbochene“ Text Hofmannsthals, in dem es um Gott, Teufel und Buße geht, bekommt neue Dimensionen. Entwickelt eine Kraft, die aus Hochmairs Gestaltung und der Wahnsinnsmusik erwächst. Was ist Schönsprech? – gar nichts, Hochmair löst die Sprache in einen Raprhythmus auf, wiederholt Worte, Satzteile zweimal, dreimal, schreit sie, flüstert sie, tanzt dazu, wälzt sich auf dem Boden, spielt mit dem Mikro, mit dem Totenkopf. ist der Nachbar, der Schuldenknecht, die er beide mitleidlos verhöhnt und ihnen Kleingeld zuwirft, ist die ganze Gesellschaft, ist die Mutter, ist die Buhlschaft. Ja , auch die. Aber völlig unspektakulär, sie ist ihm nicht mehr als Dekor, um das herum er einen Lustgarten errichten will. Der Lustgarten, der Palast – seine Träume lassen sich nur durch Geld verwirklichen. Geld, Geld, Geld – füllt sein Sinnen total aus, er küsst die Geldbeutel, hüllt sich in den Staub des Goldes ein – ein flirrender Umhang weht um ihn, wenn er tanzt. Dann bricht langsam sein Luft-Schloss vom Luxusleben zusammen. Er ist der Tod, der ihm auf die Schulter klopft, und der Mammon auch. Und der Teufel auch. Die Buhlschaft hat sich ohne großes Trara vertschüsst. Jedermann wird ein armes Würstel, das heult und fleht, das sich aber doch einsichtig zeigt – das verschwurbelte Ende, das Hofmannsthal einst so pathetisch bis zur Peinlichkeit in Szene gesetzt hat, löst sich auf in Glockenklang und Höllenmusik, aber wie! Gegen die Todesangst will er ansingen, fordert das Publikum auf mitzusingen, hält das Mikro einer verschreckten Lady in der ersten Reihe unter die Nase: „Sing“. Die Hölle kündigt sich mit dem ihr zustehenden Lärm an. Als alles am Kochen ist, ertönen aus den Reihen des Publikums Buhrufe, aufhören, das ist hier ein hochehrwürdiges Theater, mehr Respekt vor Hofmannthal bitte. Es ist Hochmair selbst, der vom Seiteneingang her den erahnbaren Unmut so mancher in den Raum brüllt. Spaß, Gelächter, das sogleich von dem höllischen Finale verschluckt wird. Eine Trompete erschallt, sie kündet den Untergang Jedermanns hier auf Erden an. Der aber hat seine Schäfchen im Trockenen, weiß sich gerettet. Marschiert mit dem Kreuz herum, er versinkt im Grab… Erschöpft? Keine Spur, eher das Publikum.

©Silvia Matras

In der Goldglitzerjacke des reichen Jedermann steht er am Stiegenaufgang, schreibt Autogramme, lässt sich mit allen, die es wollen, fotografieren, scherzt, freut sich über den Gugelhupf aus der Konditorei Demel. Das Nachspiel an der Treppe dauert noch eine gute halbe Stunde, bis der Jedermann – Hochmair ohne das geringste Zeichen von Müdigkeit das Ende des rasant-exzessiven, wilden, frechen, herrlich unkonventionellen Abends ausruft. „Auf Wiedersehen in Salzburg!“ ruft er den letzten Besuchern nach und verschwindet. Ob er vor dem Domplatz auch so „die Sau raus lassen“ (um im Sprech von Hochmair-Jedermann zu bleiben) wird? Keiner aus dem Publikum kann sich einen gezähmten Hochmair vorstellen….

http://www.burgtheater.at

Kammerspiele der Josefstadt: Jasmina Reza, James Brown trug Lockenwickler

Regie: Sandra Cervik, Bühnenbild: Sabine Freude. Kostüme: Aleksandra Kica. Aus dem Französischem von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel.

Nun treten sie endlich gemeinsam auf. Maria Köstlinger und Juergen Maurer. Dank ihrer Bekanntheit und schauspielerischen Leistungen gelingt es ihnen, das nicht gerade beste Stück von Jasmina Reza zu retten. Denn die Autorin hat es der Regie und allen ihren Figuren nicht leicht gemacht. Wie zur Entschuldigung oder als Beglaubigung des ziemlich unglaublichen Inhaltes sagt Jasmina Reza: “ Ich möchte die Figuren nicht erklären, dazu bin ich gar nicht in der Lage….und weiter sinngemäß: Nach dem Schreiben entgleiten sie mir“ (Zitiert aus dem Programmheft.) Nun fiel allen Beteiligten, Regisseurin und Schauspielern, die schwierige Aufgabe zu, den absurd-komischen Inhalt, der zugleich sehr real abläuft, zu erhellen.

In einem weißen Raum, der Psychiatrie und angrenzender Park ist, lebt recht vergnüglich Jakob Hutner, der sich für Céline Dion hält. Sein einziger Freund ist ein Weißer, der sich für einen Schwarzen hält. Und die zuständige Psychiaterin würde selbst eine Therapie brauchen. In dieses schräge Ambiente platzen immer wieder die Eltern Jakobs, um sich von seinen Fortschritten in Richtung Heilung des Wahns zu überzeugen. Heilung wird es nicht geben, auch sonst bleibt das Ende ohne Perspektive.

Jasmina Reza ging es in ihren früheren Stücken („Gott des Gemetzels“ und „Kunst“) immer darum, die sogenannte Toleranz der gut Erzogenen, der so genannten Versteher aufzubröseln. Mit blitzgescheiter, komischen Logik lässt sie die Toleranzler scheitern. In „James Brown trug Lockenwickler“ geht sie von ihrem bewährten Rezept ab und wählt die Mittel des Absurden, der Übersteigerung und Überdrehung, um die modisch gewordene Frage nach Identität und Gruppenzugehörigkeit ins Absurde laufen zu lassen. Dabei überfrachtet sie das Stück mit Kapriolen, die die Zuschauer oftmals überfordern, etwa wenn die Psychiaterin das Märchen „Aschenputtel“ völlig verdreht erzählt. Absurdes spielerisch so aufzulösen, dass der Sinn dahinter dennoch aufblitzt, ist eine echte Herausforderung für alle Beteiligten.

Aber. wie so oft, retten die Schauspieler den Abend: Der junge Julian Valerio Rehrl ist ein echter Gewinn für das Ensemble. Er zeigte schon in der Performance „Mozart und Salieri“, die er mit Joseph Lorenz im Theater Akzent aufführte, was in ihm steckt: Ein vor Temperament und Lebendigkeit sprudelnder Jungspund. Als Jakob, der sich für die Sängerin Céline Dion hält, ist er ein Stiller, eine Stille. Seine Bewegungen sind die einer lässigen, leicht gelangweilten Diva, alles nur angedeutet, nie peinlich ausgespielt. Mit Kälte und Gleichgültigkeit verfolgt er die Aktionen seiner Eltern, die er als Bekannte, nicht als Eltern anspricht und sie beim Vornamen nennt. Er wünscht sehr energisch, von ihnen als Céline akzeptiert zu werden. Um ihnen zu beweisen, wie sehr er Céline ist, singt er ihnen zur Bestätigung einen Célinesong vor. Da gehört schon sehr viel Feingespür dazu, dass so eine Szene nicht peinlich wirkt. Rehrl spielt und singt, als wäre es klar, dass er Céline ist – großartig.

Köstlinger und Maurer sind die leidgeprüften Eltern Pascaline und Lionel Hunter. Sie sind Vertreter der „Toleranten“, der „Versteher“. Pascaline ist eine beflissene und devote Mutter, die ungefragt alles macht, was die Psychiaterin und ihr Sohn verlangen. Sie wirft sich sogar auf den Boden und strampelt mit den Beinen, um Freude zu simulieren – eine recht überflüssige Szene. Juergen Maurer ist der Gegenpol – er tut, als ob er versteht und toleriert, bis ihm dann doch der Kragen platzt – eine der vergnüglichsten Szenen des Abends. Dominic Oley spielt den verhuschten Freund, der sich an ein verkümmertes Bäumchen kettet,um es zu retten. Ein wenig mehr Wortdeutlichkeit wäre wünschenswert. Alexandra Krismer ist die verhuschte Psychiatertin und erfüllt diese absurde Rolle mit Bravour und sichtlichem Hochgenuss. Noch ein Wort zum Schluss, der in peinlichen, symbolüberladenem Kitsch endet: Céline verschwindet mit der Titelmusik aus dem Film „Titanic“ in einen sternenbestückten Nachthimmel. Da hat es sich Jasmina Reza zu leicht gemacht. Sie, die sonst einen für einen echten Show down- Schluss bekannt ist, lässt das Stück in einem bedeutungslosem Vakuum enden.

Freundlicher Applaus für die Leistung der Schauspieler

http://www.josefstadt.org

Kasematten Wr. Neustadt: Franz Grillparzer: Medea. Eine Produktion des Theaterfestivals „wortwiege“

Regie und Spielfassung: Anna Maria Krassnigg, Bühne: Andreas Lungenschmid, Kostüm: Antoaneta Stereva di Brolio, Musik und Film: Christian Mair

Das diesjährige Motto des Festivals lautet „fragil/fragile“. Es wird nach allen Richtungen von Beziehungen gefragt: Wie zerbrechlich sind zwischenmenschliche Beziehungen, wie sehr kann der Einzelne auf politische Sicherheiten bauen, wie stabil sind Verträge, Friedensabkommen etc… In diesem Sinne wurde der Salon zu einem Art Aquarium umgebaut. Fische, Seesterne und anderes fragiles Getier schweben irgendwie losgelöst im Raum.

Endlich, endlich wieder einmal eine Theateraufführung, bei der das Publikum nicht durch skurrile Regieeinfälle vom Sinn abgelenkt und in krause Gedanken umgelenkt wird. Medea ist die Medea, wie Grillparzer sie schrieb: Eine Frau, die liebt, ausgenützt und verraten wird. Sehr sensibel hat Maria Krassnigg den Text leicht gekürzt, sprachlich hin und wieder der Gegenwart angepasst, doch bleibt Grillparzer Grillparzer! Das Bühnenbild ist schlicht, wird von einem weißgrauen Schafwollteppich beherrscht, der das berüchtigte „Goldene Vlies“ symbolisiert, das alle besitzen wollen, weil es dem Besitzer uneingeschränkte Macht verleiht. Doch mit dem Vlies ist ein Fluch verbunden. Einst aus dem Apollotempel in Delphi geraubt, bringt es Leid und Tod demjenigen, der es besitzt.

Kolchis liegt auf der „dunklen Seite der Welt“ am Schwarzen Meer, wo die schöne Königstochter Medea lebt. Sie hat von ihrer Mutter Zauberkräfte geerbt. Jason ist aus der hellen Welt der Griechen nach Kolchis gekommen, um das Goldene Vlies zu rauben. Medea hilft ihm dabei, geblendet von seiner strahlenden Heldenerscheinung. Beide verbindet Liebe und Verbrechen. Doch Flucht, Verbannung und die Erinnerungen an die Taten der Vergangenheit, die als Filmschatten immer wieder Medea heimsuchen, machen beide mürbe. Die Liebe ist zerbrechlich geworden.

Grillparzers Medea – der letzte Teil der Trilogie „Das goldene Vlies“, setzt ein, als Jason und Medea nach jahrelanger Flucht durch Greiechenland in Korinth landen. Jens Ole Schmieder ist ein müder, verzweifelter Jason, einer, der nur noch hofft, in Korinth eine neue Heimat zu finden. Dafür ist er nach kurzem Zögern bereit, sich von Medea zu trennen. Denn König Kreon (ganz aalglatter Politiker: Peter Scholz) will nur ihn und die beiden Söhne aufnehmen. Jason möchte im Grunde, dass Medea so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwindet, denn er ist schon von Kreon als Schwiegersohn für Tochter Kreusa (Saskia Klar) bestimmt. Medea wirkt zu Beginn wie eine Lady aus einem englischen Salon – nichts erinnert an die stolze, wilde und unbeherrschte Zauberin von einst. Alles versucht sie, um Jasons Liebe neu zu entflammen. Sie ist sogar bereit, sich anzupassen und von Kreusa ein Lied zu lernen, das Jason einst so gern gesungen hat. Diese Szene ist eine der stärksten im Stück: Kreusa, naiv und beflissen, singt es ihr vor. Hilflos klingt es aus dem Mund Medeas. Jason, verärgert und sich für Medeas hilflosen Versuch der Anpassung schämend, verbietet es ihr.. Doch in diesem Moment – und es ist das einzige Mal – brechen in Medea Wut, Kraft und Verachtung aus. Ganz die Zauberin, die Wilde, die Barbarin singt sie dieses verhasste Lied „Liebe. Dunkler Erdteil“ – es stammt von Ingeborg Bachmann – nun nicht mehr als die verängstigte Medea, sondern als die selbstbewusste Frau, die sie einst war: „Der schwarze König zeigt die Raubtiernägel“ sie ist der schwarze König, der die Raubtiernägel zeigt., Von dem Moment an ist Medea entschlossen zu handeln: Sie überlässt Kreon das gefährliche Kästchen, das Feuer und Tod bringen wird. Im Palast wird nicht nur Kreusa umkommen, sondern auch ihre beiden Kinder. Wie in fast allen Medeainszenierungen scheuen sich die Regisseure, den Kindermord direkt auf der Bühne zu zeigen. ( Bei Grillparzer ersticht Medea die Kinder in einem Seitentrakt, also nicht auf offener Bühne.) Die Schlussszene überlässt Grillparzer Jason und Medea. Jason, gebrochen vom Schmerz, jammert, doch Medea herrscht ihn an: Lebe und ertrage. Sie selbst wird das Vlies nach Delphi bringen und für ihre Tat einstehen. Schade nur, dass Maria Krassnig die großartigen Schlusssätze Medeas gestrichen hat. „Was ist der Erde Glück? – Ein Schatten! Was ist der Erde Ruhm? -Ein Traum!“ Und dem verzweifelten Jason befiehlt sie: „Trage! Dulde! Büße!“

Ein Abend, der rundum gelungen ist. Eine kluge Regie, eine kluge Textbearbeitung, die dem Autor Grillparzer Respekt zeugt, und vor allem gute Schauspieler: Berührend und stark Nina Gabriel als Medea, Jens Ole Schmieder ein müder Held (man hätte sich mehr Wortdeutlichkeit gewünscht), Peter Scholz ein aalglatter Politiker, Saskia Klar ein argloses, naives Kind. Grillparzer wäre mit dieser Aufführung sicher zufrieden gewesen.

Das Publikum war es eindeutig!

http://www.wortwiege.at

Theater in der Joefstadt: Peter Turrini: Es muß geschieden sein

Regie: Stephanie Mohr, Bühnenbild und Kostüme: Miriam Busch. Musikalische Leitung und Komposition: Wolfgang Schlögl

VOLLTREFFER! Ein Abend, der rundherum überzeugt! Wo Stephanie Mohr draufsteht, ist gut gemachtes, ehrliches Theater ohne Mätzchen drinnen. Die international viel gefragte Regisseurin ist am Theater in der Josefstadt fast zu Hause. Unter den zahlreichen Inszenierungen seien nur an einige erinnert, wie „Der Boxer“ (Felix Mitterer), „Glaube und Heimat“ von Karl Schönherr, „Der Sohn“ von Florian Zeller und zahlreiche Turrini-Inszenierungen. Das Duo Turrini-Mohr verspricht von vornherein gutes Theater. Dazu noch ein Ensemble, das besser nicht sein könnte – all das zusammen ergibt einen Theaterabend, wie man ihn in Wien nur mehr selten erlebt.

Alles dreht sich um die 1848er Revolution in Wien. Es wird geschossen, Anführer werden „füsiliert“, Kaiser Ferdinand „der Gütige“ flieht zweimal aus Wien. Arbeiter kämpfen und werden getötet. Tote Kinder liegen im Volksgarten, nicht weit vom Burgtheater, das „wegen Aufruhr“ geschlossen ist. In unmittelbarer Nähe probt eine Laientheatergruppe Ferdinand Raimunds „Bauer als Millionär“. Starker Auftritt von Günter Franzmeier als Adam Holzapfel. Pro füsiliertem Rebell verdient er einen Gulden. Ohne zu zögern erschießt er den Gefangenen im Hintergrund, um gleich darauf als Hausmeister mit Besen und Kübel die Bühne des Laientheaters zu reinigen. Er wird immer wieder das Geschehen referieren und -je nach politischer Lage – kommentieren. Auf der Bühne geht die Probe zu Raimunds Stück nur mit vielen Hindernissen vonstatten. Immer wieder stört Gefechtslärm. Der Regisseur Ferdinand, Thomas Frank als gelungene Parodie auf die überhektischen Regisseure von heute, will um jeden Preis proben, auch wenn draußen die Revolution tobt. Die Probenszenen sind von umwerfender Komik, wenn etwa Susanna Wiegand als Katharina Glück das Lied der Fortuna singt – eine Glanzleistung! Berührend spielt Johanna Mahaffy die Zäzilie Wagner, die sich als Jugend vom alten Bauer (Michael Dangl) verabschiedet. Der wiederum hat nur eines im Sinn: Am Burgtheater endlich spielen zu dürfen (ein unerfüllter Wunsch Ferdinand Raimunds). Immer lauter wird der Kampflärm von draußen – bis schließlich die Gruppe sich nicht mehr unberührt von dem Geschehen zeigt: Ein Kleiderbündel wird an Stelle des Kaisers aufgehängt, und die Truppe tanzt im Freiheitsrausch! Bis der Regisseur Ferdinand als Leiche hereingebracht wird – er hat sich ins Kampfgetümmel unter die Arbeiter gemischt und wurde erschossen. -Aus mit lustig, aus mit Theater! Die Wirklichkeit holt auch das Liebespaar Zäzilie und Karl, den Jusstudent aus gutbürgerlichem Haus, ein. Karl, mit Julian Valerian Rehrl als zunächst scheuer Einspringer, später als schwer Verliebter ist die ideale Besetzung. Die Kussszenen zwischen Zäzilie und Karl gelingen dank der Unbekümmertheit beider erfrischend witzig.

Worum es Turrini in diesem Stück ging, eröffnet sich gegen Ende: Die Revolution ist niedergeschlagen, die Aufrührer erschossen, die Bürger müssen eine Treueerklärung unterschreiben. Die Freiheit ist Schall und Rauch. Im Theater ist es leer geworden: Das Liebespaar ist im Gefängnis. Aber der Papa von Karl, der reiche Tuchhändler, kann seinen Sohn durch Beamtenbestechung freikaufen – er geht, küsst seine Geliebte und verspricht, sie bald herauszuholen. Aber – er kommt nicht wieder. Als Zäzilie allein an den Pfahl gebunden zurückbleibt und das „Brüderlein“ anstimmt und immer leiser werdend „es muss geschieden sein“ singt – da wird die Theaterpranke Turrinis spürbar!!! Er weiß, wie man starke Szenen schreibt. Und sie noch steigert: Aus dem Hausmeister Holzapfel ist wieder ein Kaiserlicher geworden. Im Namen des Kaisers soll er Zäzilie erschießen. Doch man bekommt pro „Abschuss“ kaum ein paar Groschen. Er zielt, setzt an – nein, das kann er nicht, er wirft das Gewehr weg. Sein Resümee: Die Bürger haben es sich wieder gerichtet, die Beamten sind wieder brav kaisertreu. Die Armen sind noch ärmer. Das Theater – am Ende. Tot oder irgendwo verweht sind die Theaterleute – sie haben ehrlich gekämpft, gebangt. Turrini: „Im Theater gibt es trotz der Schminke das wirklich Ungeschminkte.“ (Zitat aus Programmheft)

http://www.josefstadt.org

Kammerspiele der Josefstadt: Fritz Hochwälder, Der Himbeerpflücker

Regie: Stephanie Mohr, Bühnenbild: Miriam Busch

Als Fritz Hochwälder das Drama „Der Himbeerpflücker“ 1964 schrieb und es danach bis Ende der 70er Jahre auf diversen Bühnen gespielt wurde, war es ein großer Erfolg, weil das Thema längst fällig war. Hatten doch die wenigsten Leute, vor allem nicht die Jugendlichen, eine Ahnung vom Nazionalsozialismus. In den Schulen kannte man kaum Bert Brecht und schon gar nicht Fritz Hochwälder. Dass die Altnazis es sich nach Ende des Krieges „richten konnten“ und wieder in wichtigen Ämtern saßen, war ebenfalls relativ unbekannt. Als in der Zeitschrift „Falter“ der Bericht über den Euthanasiearzt Groß erschien, kostete es diesem keineswegs seinen Posten, im Gegenteil, er wurde von der Republik mit Ehren ausgezeichnet. In diesen gesellschaftspolitischen Sumpf stach nun Hochwälder mit seinem Drama hinein.

In den 90er Jahren wurde „Der Himbeerpflücker“ nicht mehr gespielt. Ist diese Wiederaufnahme aktuell, relevant unf wichtig für unsere Zeit?. Meiner Meinung nach ja, sogar sehr wichtig. Denn die aktuelle politische Atmosphäre ist ebenso wie damals von Freunderlgeschichten, Korruption etc vergiftet. Außerdem bin ich überzeugt, dass viele junge Menschen von dieser Nachkriegszeit kaum etwas wissen.

Stellt sich die Frage, wie man dieses Stück heute spielt, in einer Zeit, wo Show, Slapstick und überdrehte Performance das Theater ersetzen. Deshalb ist es sinnvoll, dass Stephanie Mohr das Volksstück als bewusste Gegenform wählte.. Leider gerieten manche Szenen zu allzu billigem Klamauk – warum muss Susanne Wiegand als Burgerl vor Entrüstung ihre Wäsche ablegen, warum muss Claudius von Stolzmann als Zagl wie der letzte Dorfdepp agieren? Warum muss das Stück wie eine Feydeau-Komödie ablaufen und müssen die Schauspieler eine Türauf- Türzu – Dauerlauf absolvieren? Warum müssen alle immer und immer wieder Wein, Schnaps und Bier saufen? Warum müssen am Schluss die Mannsbilder in einer „Siegesfeier“ fressen wie die Säue? – Das ist zu billige Charakterisierung, es fehlt die Schärfe einer finsteren Komödie. An manchen Stellen wirkt der Text etwas ausgeleiert – wurde es schon zu oft gespielt? Dennoch, noch einmal gesagt: Das Stück ist wichtig und hat seine Berechtigung. Die Regisseurin hat ja mit dem Ensemble eine wahre Goldgrube – warum nützt sie diese Kräfte nicht? Ein Franzmeier, Stolzmann, Reinthaller etc. sind durchaus für subtiles Spiel zu haben! Sie müssen nicht poltern! Ihnen allen liegt die fiese Komödie, das Hintergründige sehr wohl.

http://www.josefstadt.org

SCALA: „Play Strindberg“ von Friedrich Dürrenmatt nach dem „Totentanz“ von August Strindberg

Inszenierung: Babett Arens. Raum: Marcus Ganser. Kostüm: Sigrid Dreger. Musik: Alexander Lutz

In der bekannten großartigen Sicht auf sich und sein Werk meinte Friedrich Dürrenmatt, Strindberg sei ein Genie gewesen, aber heute „sei er literarisch total veraltet“ (Zitat Programmheft)., Also schrieb er den „Totentanz“ so um, dass „fast kein Strindbergsatz mehr übrig geblieben ist“ (Zitat Programmheft). Dem Ehekrieg nahm er die Tragik und formte ihn zu einer bitterbösen Komödie um. Gleichsam wie in einem Boxkampf gehen die Eheleute aufeinander los, schlagen sich gegenseitig knock out, kehren wieder in den Ring zurück. bereit für die nächste Runde.

Konsequent hat Marcus Ganser diese Idee vom Boxkampf umgesetzt und die Schauspieler in einem hohen Maschenkäfig agieren lassen. Jede Runde wird an- und abgepfiffen. Der Nachteil dieser Idee: sie nützt sich nach 6-7 Runden ab und zersägt den Fluss der Dramatik. Die Schauspieler holen aus diesem Konzept das Beste raus, was möglich ist. Allen voran Thomas Kamper als Ekel Edgar. Er hat ja schon in vielen Inszenierungen in der Scala reüssiert, unter anderem im „Tod eines Handlungsreisenden“ oder in der „Liebelei“. Als widerwärtiger Ehemann Edgar, der seine Frau herumkommandiert und sie zur unbezahlten Hausmagd degradiert, ist er richtig gut grauslich. Wie ein Stehaufmandl ist er nach einem kurzen Scheintod immer wieder da und triumphiert über sie. Er ist der verkörperte Philister und Heuchler, dem man als Zuschauer den baldigen Tod wünscht. Vanessa Payer Kumar hat es schwer, als Alice neben ihm sich zu behaupten. Sie ist eher eine elegante, leicht resignierende als widerliche Ehefrau. Ihre Stärke ist das Wort, das sie über ihn ausspeit, wenn er am Boden liegt: „Stirb endlich, aufs Gartenbeet mit dir!“ Aber er sirbt nicht und nicht. Am Ende triumphiert sie über ihn, füttert den Gelähmten, der nur mehr unverständliche Sprachbrocken ausspeien kann. Zwischen diese beiden Kampfhähne gerät der Besucher von draußen – Kurt. Alexander Lutz ist in dieser Rolle perfekt: Eleganter Hochtapler, Verführer, der aber im entscheidenden Moment die um ihn buhlende Alice abblitzen lässt und die Kampfhähne ihrem Schicksal überlässt. Außerdem rundet er mit seiner Musik das Geschehen ab.

Ob aus dem „Totentanz“ Strindbergs wirklich eine Komödie wurde, wie Dürrenmatt meinte, diese Frage mag jeder für sich beantworten. Eine Zuseherin hat sich offenbar wirklich amüsiert, ihr Lachen war nicht zu überhören. Die Orgie des Hasses wirkte eher schockierend.

Gespielt wird jeweils Dienstag bis Samstag um 19.45h vom 12.12. bis 22.12. 2023.

http://www.theaterzumfuerchten.at

Theater Scala: Ödön von Horvath, Figaro lässt sich scheiden

Regie und Bühne: Rüdiger Hentzschel, Kostüm: Anna Pollack

Horvath schrieb das Stück 1936-37, zu einer Zeit , als es politisch in Deutschland und Österreich drunter und drüber ging und der Nationalsozialismus sich rasch ausbreitete. Der Autor bedient sich des altbekannten Personals von Beaumarchais (Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit) und Mozart (Le nozze di Figaro) und lässt Graf Almaviva, die Gräfin, Susanna und Figaro gemeinsam vor der Französischen (?) Revolution ins Ausland fliehen. Wie in einem Lehrstück von Bert Brecht werden die einzelnen Szenen einer Flucht und ihre Folgen im ersten Teil gezeigt: Die von Angst Getriebenen, die bestechlichen Grenzbeamten, das Ankommen und die Hilflosigkeit der Emigranten – dieser Begriff wird deutlich an- und ausgespielt -, die erste Orientierung im unbekanten Neuland. Jede Szene und die einzelnen Personen stellen eine für Flucht und Vertreibung allgemein gültige Aussage dar: Der Graf, der sich nicht mit dem Verlust seiner Stellung abfinden kann, die Gräfin, die aus Angst krank wird. Susanne, die aus Menschlichkeit hilft, Figaro, der sich mit seinem Mundwerk und seiner angeborenen Schlauheit durchschlägt, dabei aber sich von Susanne entfremdet. Sie alle wirken wie Versatzstücke, die mit minimalen Variationen typisch in jeder Geschichte über Flucht und Emigration vorkommen könnten.Um diese Szenen rasch aufeinander folgen zu lassen, entwarf Rüdiger Hentzschel eine kreisrunde Bühnenwand mit beweglichen Segmenten. So konnten Requisiten in Windeseile von den Schauspielern herein- und weggetragen werden. Der Effekt: Das Leben besteht aus Hetzjagd und Angst.

Im zweiten Teil werden die Schicksale individueller, der Gang der Handlung ruhiger und an einem Ort verhaftet: Alle – bis auf die inzwischen verstorbene Gräfin – treffen sich im Schloss des Grafen in ihrer alten Heimat wieder. Dort hat sich die Revolution breit gemacht: Aus dem Schloss wurde ein Kinderheim unter der Leitung des revolutionsgläubigen Pedrillo, ehemaliger Stallknecht des Grafen. Bald jedoch sind fast die alten Ordnungen wieder hergestellt: Figaro entmachtet den übereifrigen Revolutionär, der Graf bleibt Graf aber ohne Macht. Susanne verzeiht ihrem Figaro. Fazit: Die Revolution wurde humanisiert!

Warum dieses Stück selten bis gar nicht aufgeführt wurde, liegt wahrscheinlich an seiner etwas lehrhaften Trockenheit und dem unglaubwürdigen Schluss. Um so mehr gilt es zu bewundern, was der Regisseur Rüdiger Hentzschel und das spielfreudige und engagierte Ensemble daraus machten: Eine Komödie über menschliche Schwächen, Ängste und Machtspiele. Vor allem wurde jeglicher Anschein von „Demokratieerziehung“ vermieden, was die Zuschauer mit dankbarem Applaus quittierten. Wertfreies Theater, flott gespielt. Theater um Theater willen. Wer die Moral der Geschichte unbedingt finden will, der wird fündig, wird aber nicht direkt mit der Nase darauf gestoßen.

Es spielen: Dirk Warme, Monica Anna Cammerlander, Simon Brader, Lisa-Carolin Nemetz, Hendrik Winkler, Katharina Stadtmann, Stanislaus Dick, Ildiko Babos, Bernhardt Jammernegg, Christoph Prückner, Helfried Roll.

Vom 14. -30.11., jeweils Dienstag bis Samstag um 19.45h. Ab 9. Dezember 2023: „Play Strindberg“ (Strindberg-Dürrenmatt)

www.theaterzumfuerchten.at

Theater in der Josefstadt: Frank Wedekind: Lulu

Elmar Goerden ist so etwas wie ein Hausregisseur im Theater in der Josefstadt. Man sah von ihm gute Inszenierungen, wie etwa „Kafka“, „Die Verdammten“ Radetzkymarsch“ oder auch „Die Ziege“. Doch manche gingen völlig daneben wie „Rosmersholm“, „Medea“ oder jüngst erst „Sommergäste“, wo er Joseph Lorenz zu einem stummen, spuckenden Geist degradierte.

Nun also inszenierte er „Lulu“. Im Untertitel steht: IN EINER BEARBEITUNG VON ELMAR GOERDEN. Eine Warnung für viele Theaterliebhaber! Oftmals ist der ursprüngliche Text nur ein Handout des Regisseurs, damit er seine oftmals cruden Ideen umsetzen kann. Was auch hier der Fall ist.

Um diese – die cruden Ideen -zu verstehen, ist es ratsam, eine Stunde vor Beginn in Ruhe das PROGRAMM durchzulesen. Dann ist man den wirren Einschüben nicht ganz so hilflos ausgeliefert. In einem Gespräch mit der Dramaturgin Jacqueline Benedikt äußert sich Goerden über seine Regiearbeit. Zusammegefasst meint er, das Stück könne heute so nicht mehr gespielt werden. Im Gespräch mit den Schauspielern sei ihm dies klar geworden. Und er fand, diese Gespräche seien erhellender als das Stück selbst. Deshalb habe er sie als „zweite Ebene“ in das Stück eingefügt. Den ursprünglichen Text Wedekinds verbannt er diskret in eine Ecke der Bühne, wo er unter Glassturz auf einer Säule wie ein Museumsstück aufgebahrt liegt! Hin und wieder weisen die Schauspieler auf Wedekinds Drama wie auf etwas ganz und gar Nebensächliches hin. Dem Publikum bleibt es überlassen zu entscheiden, was ist Wedekind, was Goerden. Keine leichte Aufgabe. Und im Endeffekt ziemlich langweilig und langwierig (fast 2 Stunden ohne Pause).

DIE BÜHNE (Ulf Stengl) besteht aus graublauene Schlangen, die an eine Arbeit aus einer digitalen Werkstatt erinnern. Wer mit dem Drama Wedekinds nicht vertraut ist, fängt damit nichts an. Die Schlangenlinien sollen wohl eine Anspielung an das Tier, die Schlange sein, als die der Autor im „Prolog zum Erdgeist“ Lulu auftreten lässt. Also Verführung und zugleich auch Verführte, wie ein von den Männern ihr zugedachter Name lautet: Eva.

Gleich zu Beginn tritt ein Schauspieler (Joseph Lorenz) an die Rampe und fordert den Regisseur auf, sich an den Text Wedekinds zu halten. Da könnte man noch an eine Satire auf das Regietheater denken. Aber weit gefehlt: Wedekind wird zum Museumstext degradiert, die Personen kommentieren, spielen – Goerden. Dank der guten Schauspielerriege, die der Nährboden der Josefstadt ist, gelingen einige Szenen recht gut, sind von eigenwilliger Komik.

JOHANNA MAHAFFY ist Lulu ohne großes Verführungspotential, eher eine Widerständlerin. Zerstörerin. Und das mit allen Mitteln – sie manipuliert alle, ist doch immer Opfer. Aber sie berührt nicht. Vielleicht will das weder sie noch der Regisseur.

JOSEPH LORENZ überzeugt als Dr. Schön – ein Eiskalter, der glaubt, die Fäden in der Hand zu haben. Aber er glaubt eben nur. Als Chevalier Casti-Piani gibt er dieser schillernden Figur Facetten.

MICHAEL KÖNIG ist vielseitig gefordert – als spießbürgerlicher Ehemann Dr. Goll, als schmieriger Schigolch und als angeberischer Rodrigo. Seine komödiantische Ader lockert das Stück angenehm auf.

MARTIN NIEDERMAIR muss sich mit den unangenehmsten Rollen herumschlagen: Als verliebter Maler Schwarz, großartig als Alwa Schön und belanglos als Dr. Hilti.

Großartig SUSA MEYER als Gräfin Geschwitz. Diese Rolle kann leicht peinlich werden. Sie entgeht dieser Gefahr und spielt die in Lulu verliebte Lesbierin trocken, ganz ohne Pathos.

Dank des großartigen Schauspielerensembles war der Abend erträglich. Freundlicher Applaus und unfreundliche Kommentare nach dem – von allen ersehnten – Ende.

www.josefstadt.org

Akademietheater: Serge nach dem Roman von Yasmina Reza

Aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Bühnenfassung: Liliy Sykes und Andreas Karlaganis

Regie: Lily Sykes, Bühne: Marton Agh, Kostüme: Jelena Miletic

Wann wird es endlich wieder so, wie es unter Karin Bergmann war? Als noch Joachim Mayerhoff, Christiane von Poelnitz, Petra Morzé und viele andere spielten, die wir alle sehr vermissen. Als noch nicht jede Aufführung unter „Vernuschelung“ der Sprache litt, und noch nicht jede Aufführung unter ein moralisches Diktat gestellt wurde.

Die Folgen all dieser Absenzen erlebt man, wenn man zehn Minuten vor der Vorstellung den Zuschauerraum betritt – fast leer. Erst langsam füllt er sich mit Besuchern, die so schlau waren und ein Last Minute Ticket kauften – denn damit können sie sich die Sitzplätze ausssuchen. So füllten sich dann doch die vorderen Reihen.

Yasmina Reza hat mit „Kunst“ oder „Der Gott des Gemetzels“ hinlänglich bewiesen, dass sie eine tolle Dramatikerin ist, Gesellschaftskritik gekonnt in Satire festmachen kann. Dass sie „Serge“ als Roman schrieb, wird wohl seine Gründe haben. Jedenfalls: Die dramatisierte Fassung vergeigt das Hauptthema durch unnötige Gags. Und die schlampige Aussprache der Schauspieler, die entweder flüstern, schreien oder nuscheln, macht das Verstehen auch nicht einfacher. Worum es Reza in dem Roman ging, kann man im Programm nachlesen, in dem das Interview, das Iris Radisch für DIE ZEIT am 22. Jänner 2022 geführt hat, abgedruckt ist: Reza auf die Frage, ob es um das Verschwiegene in dieser Familie geht, das ans Tageslicht kommen sollte: „Kein bisschen. Solcherlei Themen, die Aufdeckung des Verborgenen, des Verdrängten, interessieren mich absolut nicht“. Und zur „Auschwitzkeule“, wie Martin Walser das aufoktruierte Gedenken nennt: “ Das ist eine Art und Weise, guten Geewissens die Geschichte zu glätten…Gedänkstätten werden errichtet, all das dient der Beruhigung… Ich halte es für eine gefährliche Illusion zu meinen, das Gedenken würde bessere Menschen hervorbringen.“

Was sieht man an diesem Abend? – Eine jüdische Familie trifft sich beim Begräbnis der Mutter. Drei Geschwister (Jean-Michael Maertens, Serge Roland Koch, Nana Alexandra Henkel) streiten, ob man quasi im Gedenken an das jüdische Erbe Auschwitz besuchen soll. Der Besuch wird zum Disaster und endet im totalen Chaos und Streit.

Am Ende der Aufführung wurde ich von einer Besucherin gefragt, ob ich verstanden hätte, worum es in dem Stück ging. Meine Antwort: Nein.

www.burgtheater.at

Elisabeth-Joe Harriet spielt (ist) Kaiserin Elisabeth von Österreich

Die gereifte Kaiserin kehrt zurück in die Kaiservilla und erzählt in ihrem Refugium, den Stallungen, aus ihrem Leben.

Die Kaiserhymne ertönt und das Publikum steht respektvoll auf. Denn: Auf tritt Elisabeth persönlich, , ganz in Schwarz, wie sie sich nach dem Tod ihres Sohnes kleidete. Sie begrüßt die Gäste: „In den Stallungen habe ich immer meine Gäste empfangen.“ Und weiter: „Ja, ich bin wieder auferstanden, im Elysium war es zu langweilig. Außerdem hat man in den Sisifilmen so viel Blödsinn über mich verzapft, da habe ich mich entschlossen, in einem geliehenen Körper zurückzukehren und einiges richtig zu stellen.“ Und dann gleich der erste Schuss vor den Bug der Monarchie: „Die Monarchie ist wie ein alter Eichenbaum, der kracht schon ordentlich!“ Für ihren Franz hat sie volles Mitleid: „Der arme Pechvogel Franz!“ Ja, hätte er nur mehr auf sie und den Sohn gehört, vielleicht wäre ihm, der Monarchie und dem Volk viel Leid erspart geblieben.

Elf lebensgroße Fotos ihrer Familie und Freun hängen, noch verdeckt mit lila Vorhängen – lila und Veilchen, das gehörte zu Elisabeth! – hinter ihr an der Wand. Im Laufe der Vorstellung wird sie ein Bild nach dem anderen enthüllen und dazu ein paar ziemlich unbekannte Familiengeheimnisse enthüllen: Etwa über ihren „Papi“, den Max, Herzog in Bayern. Dass er ein Lebensgenießer war, da ist hinlänglich bekannt. Wie sehr aber, das eröffnet Sissi ungeniert, ohne zu verleugnen, wie sehr sie trotz allem ihren Papi geliebt hat. Über die Ehe ihrer Eltern ist auch nichst Gutes zu berichten. Die Mimi, wie die 8 Kinder ihre Mutter nannten, war ziemlich unglücklich, ertrug den lockeren Lebenswandel mit äußerer Fassung. Musste bereit sein, wenn der Ehegemahl geruhte, sie zu besuchen. Daraus entsprossen dann die Kinder.

Verlobung mit 15 Jahren! Sissi im O-Ton: „Wenn ich geahnt hätte, was auf mich zukommt, hätte ich nicht geheiratet! Ich bin ja richtig verschachert worden!“ Sie rebelliert gegen das Hofzeremoniell, reist durch die Welt, setzt sich für Ungarn ein…all das ist bekannt. Aber wie Elisabeth -Joe Harriet- alles erzählt,, das ist lebendig und spannend. Sie zitiert aus „ihren “ Tagebüchern, liest aus Gedichten vor, zeigt Elisabeth als eine verletzliche, politisch informierte, sich aber im Hintergrund haltende Kaiserin. Eine Frau, die sich verlieben könnte, aber nicht durfte, eine Frau, die in ihrer Gesellschafterin Ida von Ferenczy eine, vielleicht die einzige Freundin, hatte. Letztendlich eine einsame Frau.

Zum profanen Teil: In der Pause wurde Veilchensekt und ein Vanillegebäck serviert. Am Abend traf man sich im Restaurant K&K im Zentrum von Bad Ischl, um über die Vorstellung zu plaudern. Wie immer, wenn Elisabeth-Joe Harriet einen Figur aus der Vergangenheit lebendig werden lässt, trägt sie diese in die Gegenwart hinein. Dazu gehört auch gemeinssames Genießen!

Infos zu allen Darbietungen von Elisabeth-Joe Harriet:

http://www.elisabeth-joe-harriet.com und http://www.v-a-n.at

Theater in der Josefstadt: Henrik Ibsen: Ein Volksfeind

Bearbeitung von Arthur Miller. Regie: David Bösch, Bühnenbild und Video: Patrick Bannwart, Kostüme und Video: Falko Herold

Ein spannendes Stück, auch nach 140 Jahren mehr denn je aktuell. Vielschichtig, keineswegs geht es geradlinig Moral gegen Unmoral, Held gegen Unhold. Das wäre zu seicht. Ibsen wusste, wie man mit „Heldenthemen“ umgeht – man stellt den Held vor unlösbare Situationen. Ganz nach Freidrich Schiller! So muss sich der Kurarzt Dr. Stockmann entscheiden: Lässt er sich auf Kompromisse ein oder bleibt er dabei, das verheerende Wassergutachten zu veröffentlichen? Da muss ihm bewusst sein, dass die Menge, die Stadtbürger und allen voran der Bürgermeister ihm den Konkurs der Stadt vorwerfen können. Denn wer möchte ein Bad besuchen, dessen Wasser nachgewiesener Maßen vergiftet ist? Wenn das Bad nicht eröffnet wird, dann droht allen Familien der Stadt großes Elend, so der Bürgermeister. Großartig, wie der Regisseur den Schluss ansetzt: Gott sei Dank lässt er nicht, wie Arthur Miller es wollte, einen Minister als deus ex machina auftreten, der Dr. Stockmann völlig rehabilitiert und ihm seinen Heldenschein bescheinigt. Bösch lässt auf dem letzten Video die Eröffnung stattfinden – der Bürgermeister spricht lobende Worte für seinen Bruder, Dr. Stockmann. Aus – Ende! Das Publikum darf nun rätseln…und das ist gut so.

Wieder einmak zeigt sich das Ensemble in Höchstform. Auch in der gefühlten fünfzigsten Vorstellung wird auf Vollgas gespielt. Allen voran Roman Schmelzer als Kurarzt Dr. Stockmann. Ihm glaubt man die unna“chgiebige Haltung. Er ist einer, der sich nicht kaufen lässt. Er bleibt dabei, dass man mit der Lüge nicht weit kommen werde. Spätestens, wenn sich die Krankheitsfälle häufen werden, würde der Schwindel auffliegen. Diesem temperamentvollen Arzt und Familienvater tritt ein ebenso temperamentvoller Bruder, der zugleich Bürgermeister der Stadt ist (intensiv: Günter Franzmeier!, entgegen . Die beiden schenken sich nichts an Zorn, Empörung auf Seiten des Arztes, Hinterlist, politisches Taktieren unter Einsatz alller Mitteln, besonders der Medien, auf der Gegenseite. Die Medien bekommen von der Regie ihr Fett ganz gehörig ab: Da ist der laxe und feige Verleger Aslaksen /André Pohl. Er dreht sein Zeitungsblatt nach dem günstigsten Wind, ist für den Bürgermeister Steigbügelhalter. Interessant ist auch Kathrin (Martina Ebm als Ehefrau des Arztes) – auch sie ist keine „geradllinige Figur“: Obwohl sie voll und ganz zu ihrem Mann steht, verlässt sie ihn mit dem Sohn und dem Kind, das sie erwartet. Ihr ist es wichtiger, die Kinder in Sicherheit zu bringen als unter dem „Heldendruck“, dem sich ihr Mann auslieffert zu leben. Spätestens ab diesem Moment gerät die Überzeugung des Arztes ins Schwanken: Familie oder Heldentum?

Großartig von allen gespielt. Kluge Regie und kluge Videozuspielungen. Gut, dass das Stück auch in der kommenden Saison am Spielplan bleibt!

http://www.josefstadt.org

Elmar Goerdens Umarbeitung des Stückes von Maxim Gorkij „Sommergäste“

Regie: Elmar Goerden, Bühne: Silvia Merlo, Ulf Stengl, Kostüme: Lydia Kirchleitner

Wo Goerden draufsteht, da ist Klamauk – einige sagen: intellektueller Klamauk – drinnen. In seiner Bearbeitung der „Sommergäste“ hat er sich als „maître de plaisir“ ausgezeichnet. Das Premierenpublikum gröhlte vor Begeisterung – so liest man in einigen Kritiken. In der Aufführung am 25. April blieb die Hälfte des Parketts nach der Pause leer.

Aber jetzt ernstlich: Es ist ja wirklich lustig, wenn man fast das ganze Josefstadtensemble in Badehosen, Bikini oder Ganzkörperbadeanzug herumhopsen sieht, wenn sie in Mordlust oder Sexlust übereinander herfallen. Da wird gekreischt, gestritten, geflucht, gekichert, gefickt, geküsst – ganz pikant mti rotem Tischtennisball, den man sich gegenseitig in die Mundhöhle schiebt. Einige Tanzeinlagen sind gar nicht so schlecht, da schrammt Goerden knapp am Musical vorbei. Ja, und Sinn hat das natürlich auch. Denn schließlich hat Gorki sich dabei was gedacht: Es zeigt, wie selbstverliebt und verkommen die gehobene Mittelschicht war (gemeint 1904 und heute) und ist, sozusagen ein Totentanz auf Klamaukniveau. Das versteht ja jeder. A propos verstehen: In dem ganzen Gekreische und Durcheinander versteht man ja nicht allzu viel, aber wenn die Menschen auf der Bühne dann in den Hintergrund hineinreden oder sich gegenseitig irgendetwas zuflüstern, versteht man gar nichts. Muss man vielleicht auch nicht, oder?

Goerden kann aus dem Vollen schöpfen – das Ensemble macht alles mit, sogar bravourös. Michael Dangl genießt sichtlich seine Rolle als fieser Ehemann und noch fieserer Rechtsanwalt. Seine Frau Warwara (Alexandra Krismer) leidet geheimnisvoll und in Schönheit vor sich hin, woran erfährt man nicht. Köstlich ist Michaela Klamminger als düstere Gothic-Schreiberin. Ihre Parodie auf die Sentimentlyrik hätte sogar Ernst Jandl gefallen. Claudius Stolzmann als Wlas muss sich wie ein Kindergartenkind aufführen und sich dauernd verkleiden – warum, weiß man nicht so genau. Vielleicht, um mehr oder überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen. Silvia Meisterle gibt eine hysterische Funzen ab, ihr Mänadentanz ist eindrucksvoll. Susa Meyer als überforderte Mutter vierer „Gfraster“ streitet mit ihrem Ehemann auf Biegen und Brechen, um gleich danach einen lautstarken Orgasmus zu zelebrieren. Martina Stilp ist die lästige Besserwisserin, die allen Gästen mir ihren Mahnungen und Zurechtweisungen auf die Nerven geht, vor der eignen Tochter (pardon, seit kruzem Sohn) kapituliert. Das ist alles sehr zeitgeistig, manchmal witzig oder mäßig lustig.

Aber – was ist Gordon bei der Rolle Joseph Lorenz´eingefallen? Einen so hervorragenden Schauspieler zum stummen Geist zu degradieren? Er muss immer wieder pudelnass auf der Bühne „erscheinen“, nähert sich spuckend und erbrechend den Sommergästen und verschwindet. Soll das der Leibeigene, der Tod oder die personifiezierte Mahnung an die verlotterte Gesellschaft sein? Dass Lorenz auch diese Rolle mit Eleganz und Bravour meistert, ist eine Sache. Dass aber ein so exzellenter Darsteller solch eine Rolle spielen muss(?), ist Verschwendung von Talent. Das soll auch einmal deutlich gesagt sein!

Freundlicher Applaus mit dem üblichen Standardgekreisch.

http://www.josefstadt.org

Schuberttheater: Die Gesichter der Hedy Lamarr

Buch, Regie und Puppenbau: Kai Anne Schuhmacher

Spiel: Soffi Schweighofer und Markus-Peter Gössler

„Mein Gesicht ist mein Unglück. Mein Gesicht ist meine Maske, die ich nicht abnehmen kann“, sagt die alte Hedy Lamarr. Und doch nimmt ihr das Alter alles ab: Reichtum, Gesicht, Einsicht.

Die Regisseurin erzählt das Leben einer Frau mit vielen Facetten – Gesichtern. Da gibt es die schüchterne Hedy Kiesler, die vor ihrem reichen, aber tyrannischen Ehemann Fritz Mandl nach Amerika ausbüchst, dort das zweite Gesicht sich aufsetzt: das der berühmten Filmdiva, die noch weitere 5 Ehemänner verbraucht,, die eine eigene Filmfirma gründet und damit bankrott geht. Dann das Gesicht der genialen Erfinderin. Und schließlich das Gesicht der alternden, arbeitslosen Kleptomanin, die vor Gericht steht.

Berührend und ideenreich, besonders die Überlappung der (echten) Filmszenen mit der lebendigen Lamarr – in genialer Ähnlichkeit von Soffi Schweighofer gespielt – und immer wieder die alte, verzweifelte Hedy. Etwas überhaps wird leider das Leben durchlaufen, muss Markus Gössler sich in Windeseile in die diversen Ehemänner verwandeln. Da hätte man nachschärfen müssen, oder einiges weglassen.

http://www.schubertheater.at

off Theater: „Heute Abend: LOLA BLAU“

Es trinkt, spielt und singt: Tamara Stern. Regie: Ernst Kurt Weigel, Klavier: Marcelo Cardosa Gama, Kontrabass: Mathias Krispin Bucher.

Georg Kreisler schrieb dieses „Einfraumusical“ über die imaginierte Sängerin Lola Blau 1971, als er, aus den USA zurückgekehrt, ziemlich negative Erfahrungen in Österreich machen musste. Lolas Schicksal ähnelt seinem und dem vieler Juden, die 1938 aus Österreich emigrierten.

Tamara Stern als Lola ist hinreißend und intensiv. 1938 ist Lola gerade dabei, sich in Wien eine Karriere aufzubauen, als ihr Freund sie telefonisch auffordert, dringend das Land zu verlassen. Ein Treffpunkt in der Schweiz wird ausgemacht, doch er kommt nicht. Lola reist allein mit dem Schiff in die USA. Auf dem Schiff verdient sie ein wenig Geld mit Tingeltangelauftritten. In den Staaten gelingt ihr tatsächlich eine spektakuläre Karriere, allerdings führen die Stufen oft über Betten, wo ungeliebte Liebhaber den Dank einfordern. Doch – Optimistin – wie sie ist, kann sie alle Verwundungen und Enttäuschungen „wegsingen“. Ihre Lieder sind erotisch – das gefällt den Männern -, witzig, ironisch – das gefällt allen. Manchmal, wenn die Sehnsucht nach ihrem Freund und der Heimat zu groß ist, dann singt sie ganz für sich ein jüdisches Lied. Als sie nach dem Krieg nach Wien zurückkehrt, muss sie feststellen: Es hat sich nichts geändert. Vernadern, verachten, hassen, zuschlagen – alles wie gehabt.

Tamara Stern ist eine Lola Blau, die man sofort ins Herz schließt: zuerst mädchenhaft kindisch, kokett mit Publikum, dem roten Kleidchen und den beiden Musikern spielend (Pianist Marcelo Cardoso Gama und Cellist Matthias Krispin Bucher spielen nicht nur tolle Musik, sondern tragen auch ihr Schärflein zur Komik bei!!), dann wieder schlägt die Stimmung um: Sie wird nachdenklich, traurig, selten wirklich niedergeschlagen. Dazu ist Lolas Überlebenswille zu groß. Wenn sie lacht, dann aus ganzem Herzen. Sie scheut auch nicht Klamauk, wenn sie etwa ganz „patschert“ auf dem Klavierdeckel herumkriecht in der kindlichen Hoffnung, erotisch zu wirken. .

Tamara Stern lässt das Publikum glauben, es sei ihr eigener Lebensweg, den sie darstellt. Intensiv kann sie über die Männerwelt lästern, auch die Theaterdirektoren bekommen ihr Fett ab. Wenn sie am Ende erfährt, dass ihr Freund auf offener Straße in Wien nach Kriegsende niedergeschlagen und als Jude beschimpft wurde, stimmt sie ihr „Herzenslied“ auf Jüdisch an, und das mit einer Intensität, die aufwühlt. Man trauert mit ihr.

Weitere Vorstellungen am 20. Mai und 9. Juni 2023. Eine Abend, den man nicht versäumen sollte!

Infos und Karten unter:http://www.off-theater.at , karten@off-theater.at oder 0676/ 360 62 06

Theater in der Josefstadt: Leopoldstadt

Text: Tom Stoppard, Deutsch von Daniel Kehlmann, Regie: Janusz Kica, Bühnenbild und Kostüme: Karin Fritz

Tom Stoppard schrieb eine Art „Theaterdoku“ über das Schicksal zweier jüdischer Familien, vier Generationen umspannend, beginnend in den Jahren 1870, endend in den späten 1950er Jahren. Zu Beginn wird groß gefeiert, fast alle Mitglieder sehen optimistisch in die Zukunft. Besonders Hermann Merz, Chef der gutgehenden Textilfabrik Merz, hat allen Grund zur Freude und Optimismus: Die Geschäfte gehen gut, ob Jude oder Nichtjude spielt gesellschaftlich und wirtschaftlich keine Rolle. Wien ist eine aufstrebende Metropole der Kunst und Wissenschaft, Freud, Klimt, Mahler sind Namen, die man wie selbstverständlich bemüht. Ein Klimtporträt hängt im Salon. Aber Hermann Merz und die Seinen sehen die drohenden Zeichen am Horizont nicht aufkommen. Herbert Föttinger spielt diesen selbsticheren Pater familias und erfolgreichen Chef der Firma mit Autorität und Charme. Nur einer in der Gesellschaft ahnt oder weiß, dass Juden in der Welt kein sicherer Platz gegönnt ist: Ludwig Jakobowitz (Ulrich Reinthaller) ist der Realist in der Gruppe, dem aber niemand wirklich zuhört.

Der Vorhang fällt, und wenn er aufgeht, sind Jahre vergangen. Die Familie ist deutlich dezimiert und lebt zusammengepfercht in einem Raum. Als ein „Zivilist“ (Joseph Lorenz) eintritt, ist das Schicksal der Familie besiegelt: Hart, ohne Mitgefühl, gefährlich leise registriert der Beamte der neuen Partei die Namen der Anwesenden, gibt ihnen eine Viertelstunde Zeit, um einen kleinen Koffer zu packen. Danach werden sie in verschiedene Lager abtransportiert – eine der eindrucksvollsten Szenen dieses Abends

Wieder viele Jahre später: Österreich in den 1950er Jahren. In der kahlen ehemaligen Wohnung der Familie treffen sich die letzten drei Überlebenden aus der Familie. Alle anderen sind in Konzentrationslagern umgekommen oder haben Selbstmord begangen.

Der Vorhang fällt, und das Publikum zögert eine gespürte WEile mit dem Applaus. Jeder fragt sich wohl: kann man, darf man nach diesem bedrückennden Ende applaudieren. Natürlich gibt es Applaus! – Für die beeindruckende Leistung des ganzen Ensembles.

http://www.josefstadt.org

Stefano Bernardin: Hamlet.

Theater 82er Haus, Gablitz

Nein, es ist kein Irrtum. Stefano Bernardin hat sich seinen Hamlet „zurechtgespielt“ – heißt: Er ist Hamle. Ja, schon, Shakespeare darf auch ein wenig über den Bühnenrand ins Publikum schauen, gerade einmal in einem Sonett oder in manchen „gscheiten“ Sätzen, verdreht und Kopf zerbrechend, wie sie eben sind bei Shakespeare. Die Sätze. Stefano Bernardin hat keine Hemmungen, keine Scheu vor dem „größten Dichter aller Zeiten“, er spielt einen frechen, jungen Hamlet, wie er ihn sieht. Auf die anderen Figuren, die er alle ebenfalls verkörpert, wirft er seinen ganz eigenen „Hamletblick“: So wird aus dem Brudermörder Claudius ein Säufer, der sich bei Bier und bayrischen Klängen im Herrscherstuhl räkelt. Aus der Ehefrau Gertrude wird eine mit dem Fächer wachelnde Tussi. Ja, das alles ist Bernardin, von einer Halbsekunde in die andere wechselt er Minenspiel, Haltung und Stimme. Dauwischen spielt er bravourös Schlagzeug, Gitarre, Trommel und wenn es sein muss, auch Flöte.

Gekonnt entblößt er die Charaktere von Rosenkranz und Güldenstern, macht sie zu kriecherischen Dummköpfen. Auch Polonius bekommt als Schleimer sein Fett weg.Kriechen, korrumpieren, verraten – das alles schimmert sehr bekannt bis in die aktuelle Gegenwart herauf. Ophelia taucht nicht auf, als hätte Hamlet vor dieser zarten Mädchenliebe zu viel Achtung. Sie ins Kloster zu schicken fällt ihm schwer. Und als er von ihrem Selbstmord erfährt, schluckt er ordentlich. Der Schluss ist wieder typisch Bernardin/Hamlet: Ein Stich von einem unsichtbaren Laertes – und weg ist Hamlet.

Viel Applaus im vollbesetzten Haus! Ein sympathisches Theater, das mit interessanten Aufführungen von sich reden macht.

http://www.theater82erhaus.at

Theater Scala: RAIN MAN von Dan Gordon, basierend auf dem gleichnamigen MGM- Spielfilm

Inszenierung: Felix Metzner, Bühne und Videos: Marcus Ganser

Charlie Babbitt ist ein Getriebener, seine Firma ist von der Insolvenz bedroht. Da erfährt er, dass sein ungeliebter Vater gestorben ist, und er hofft auf ein fettes Erbe. Daraus wird nichts – alles erbt sein Bruder Raymond. Charlie wußte erstens nicht, daß er einen Bruder hat und schon gar nicht, dass der in einer Klinik für Autisten lebt. Er „entführt“ ihn und hofft durch Erpressung wenigstens die Hälfte des Erbes zu bekommen. Zu Beginn dieser Entführung geht ihm dieser Bruder schwer auf die Nerven, doch mit der Zeit lernt er ihn näher kennen, erkennt am Schluss, dass er ihn nicht mehr als Geldquelle, sieht, sondern als Bruder, zu dem er eine liebevolle Beziehung aufgebaut hat.

Marcus Ganser hat auf der kleinen Guckkastenbühne ein Maximum an Atmosphäre herausgeholt: Den Hintergrund bilden Videos, die sich zur jeweiligen Situation passend ändern: Einmal begleiten Zahlen, dann Computereingeweide oder Andeutungen einer amerikanische Stadtsilhouette das Bühnengeschehen.. Auf einer Drehbühne werden nur die nötigsten Requisiten, wie Sessel, Bank, Bett herein- und ebenso rasch hinausgedreht. Dadurch bleibt das Geschehen im Fluss, fast wie im Film.

Großartige Schauspieler lassen den Film vergessen! Philipp Stix als Charlie Babbitt dreht sich vor Verzweiflung und Aussichtslosigkeit um die eigene Axe, vergeigt sogar die Beziehung zu seiner Freundin Susan (feinfühlig Selina Ströbele). Ohne Übertreibung, ganz unmerklich ändert Charlie den Rhythmus seines Charakters, lernt seinen Bruder kennen und dabei auch sich selbst. Großartig ist Leopold Selinger als autistischer Bruder Raymond! Er hält die für Autisten so typischen Bewegungen, den starren Blick und die zögerlichen Schritte, die immer gleichen Handhaltungen das ganze Stück durch. Man ist irgendwie erleichtert, als er am Ende des Stückes als Leopold Selinger den tosenden Applaus mit feinem Lächeln entgegennimmt und man festsellt, was für ein „fescher Mann“ er eigentlich ist. Auch alle Nebenrollen sind perfekt besetzt: Sibylle Kos als Lucy, Bedienung und Barfrau, Ildiko Babos als Nutte, Rechtsanwältin und Psychiaterin, Hendrik Winkler als Polizist, Pfleger und Sachverständiger und Christoph Prückner als Dr. Bruner.

Die Mischung aus Komik, verhaltener,leicht melacholischer Tragik zieht durch das ganze Stück. Berührend sind die Szenen, in denen Charlie seinen Bruder tanzen lehrt und dieser dann scheu mit Susan tanzt, von Schritt zu Schritt mehr menschliche Nähe zulässt. Heiter-komisch Szenen, in denen Raymond all die Abstürze diverser Airlines aufzählt oder sich auch als waghalsiger Chauffeur des kostbaren alten Autos erweist. Es gab viel zu lachen und vieles, das tief berührt!

Langen und herzlichen Applauf für das ganze Team.

Noch zu sehen bis 6. April 2023

Theater zum Fürchten (TzF), Theater Scala, Wiedner Hauptstraße 108, 1060 Wien, 01/5442070, tzf@gmx.net

http://www.theaterzumfuerchten.at

Internationales Figurenfestival 2023 im Schuberttheater

Das internationale Figurenfestival ist im Schuberttheater ein fixer Termin, dieses Jahr von 14.-19. März 2023. Zu sehen ist: „
Der Wald, von dem wir träumen, ein Stück von Christoph Bochdansky. Es führt in psyhodelische Welten. Eine Reporterin taucht für ein Interview mit einem Waldbewohner in die Traumwelt ein. (s. Titelfoto)

The Quacksalver von Sofie Krog Teater aus Dänemark. Es erinnert an die Dulcamarageschichte aus der Oper „Elisir d’amore“: Ein Quacksalver verkauft seinen Wundertrank. Geeignet für Kinder ab 10J.

Secret Garden von Tilda Eulenspiel, VR-Circus. Minicircus für jeweils einen Gast

Weitere interessante Eigenproduktionen des Theaters, die man gesehen haben muss:

Die Gesichter der Hedy Lamarr, F. Zawrel-erbbioogisch und sozioligisch minderwertig, Die Welt ist ein Würstelstand (s. auch den Beitrag auf dieser Webseite)

Spiielplan, Termin und Kartenbestellungen:http://www.schuberttheater.at

Next Liberty zu Gast im Theater Akzent: Don Quijote

Untertitel: Von Rittern, Eseln und anderen traurigen Gestalten – nach dem Buch von Bernhard Studler

Ein Abend nicht nur für Kinder und Jugendliche. Auch Erwachsene fanden großes Vergnügen an dieser Aufführung. „Next Liberty“ ist eine exzellente Grazer Theatergruppe, die auf hohem Niveau auch schwierige Inhalte großartig für Menschen jeglichen Alters, vorwiegend für Jugendliche, umsetzt – zum Beispiel „Faust 1“ in der Inszenierung von Nikolaus Habjan. Und nun Don Quijote!

Es war ein Abend der Sonderklasse. Gesteckt voll mit Jugendlichen von 5 bis zu 16, 17 Jahren und ebenso vielen Erwachsenen. Ein Abend voller Wunder – wie es sich für den „Ritter der traurigen Gestalt“ gehört! Obwohl der Inhalt nicht ganz leicht für Kinder ist, horchten alle gebannt zu. Und alle, auch Erwachsene, hatten ihren Spaß. Denn Daniel Doujenis brachte eine witzige, geistreiche und hintergründige Inszenierung zustande! Die sieben Schauspieler des „Next Lieberty“ spielten alle Rollen und lieferten auch die Musik (Reinhold Kogler) und die witzig -ironische Geräuschkulisse dazu. Martin Brachvogel war als Don Quijote wie aus dem Roman entstiegen, Helmut Pucher als Sancho Pansa witzig, schlau, aber nicht durchtrieben. Lisa Rothhardt, Christoph Steiner, Simone Laski, Martin Niederbrunner und Ivonne Klamant spielten mehrere Rollen und lieferten die Musik und Begleitgeräusche. Fest steht: Ein exzellentes Ensemble, mit Witz und Spielfreude!!

Doch nun zum Stück: Es öffnet sich ein sandgelbes Halbrund, das von einer Rampe eingefasst wird (Ausstattung: Vibeke Andersen). Dahinter erscheinen wechselnde Bilder von der Mancha, der Gegend, wo dieser Roman/ Stück angesiedelt ist (Video Roland Renner).Von diesen Bildern geht eine große Faszination aus: Abendstimmungen, Nachthimmel, die zerzauste und mit Windrädern bespickte Natur erinnern daran, dass diese Region Spaniens zu den ärmsten des Landes gehört. Entvölkert, entleert und die wenigen Bewohner, die geblieben sind – ohne Hoffnung, arme Bauern, Hirten, ein Wirt ohne Gäste. Studers Buch beginnt in der Gegenwart und zeigt die Menschen, wie sie heute leben. Mitten unter ihnen der Träumer, der sich von der Gegenwart abgeschottet hat und nur mehr in der mittelalterlichen Welt der Ritterromane lebt. Eines Tages beschließt er Don Quijote, Ritter von der traurigen Gestalt, zu werden. Seinen Nachbarn, den Bauern Sancho Pansa, nimmt er als willigen Knappen mit. Nun beginnt die Reise in die „Abgümde der eigenen Seele“ – er bekämpft Unrecht und überwindet Angst. Ein Abenteuer nach dem anderen wird bestanden – pantomimisch und von ironisch-witzigen Musik- und Lautgeräuschen begleitet, wie etwa der Klang der Hufe, die Kämpfe…alles so heiter und doch tiefgründig gebracht, dass der Zuseher seinen Spaß hat, aber ohne dass die Figur des Don Quijote als Volltrottel bloßgestellt wird. Im Gegenteil, seine Träume, Visionen machen ihn sympathisch, stoßen auf Verständnis – letzten Endes wird er zur Werbegestalt. Das ist der große Dreh, den der Autor Bernhard Studlar dem Stück gibt. Anders als im Werk von Cervantes, erscheint zu Lebzeiten des Don Quijote ein Buch über seine wundersamen Abenteuer und er wird als Werbeträger bestens vermarktet. (Tatsächlich werden heute von verschiedenen Veranstaltern Reisen in die „Mancha des Don Quijote“ veranstaltet.) Selbst die Hörsäle sind voll, und der Neffe Don Quijotes bekommt einen Lehrauftrag. Über Zuhörermangel kann er sich wahrlich nicht beklagen. Während alle nun ringsum von Don Quijotes Taten und Visionen profitieren, legt der Held sich hin zum Schlafen und stirbt.

Leider war das die letzte Vorstellung! Aber hier sei einmal mehr vermerkt, dass die Aufführungen des „Next Liberty“ immer von hoher Qualität sind. Und es ist eine sehr dankenswerte Initiative des Theaters Akzent, solch hochwertige Inszenierungen für Jugendliche (und -wie man feststellen kann, durchaus auch für Erwachsene) von überall her aus Österreich und anderen Ländern einzuladen.

Eine ganz andere Sicht auf Don Quijote wird das Landestheater Niederösterreich ab dem 17. März 2023 bringen. Man darf gespannt sein! Zur Lage der Region La Mancha – siehe auch meine Buchbesprecung von Sergio di Molino; Leeres Spanien.

http://www.akzent.at und http://www.nextliberty.buehnen-graz.com und http://www.landestheater.net

Landestheater St. Pölten: Elias Canetti, Die Blendung

Dramatisierung: Paulus Hochgatterer. Inszenierung: Nikolaus Habjan. Bühne: Jakob Brossmann. Kostüme: Denise Heschl. Musik: Kyrre Kvam

Ein Trio Infernal, das diesen Theaterabend zu einem Ereignis machte: Elias Canetti, der einen kafkaesken, mysteriösen Roman über den Untergang der Kultur schrieb, Paulus Hochgatterer, der dieses schwer zu entschlüsselnde Werk genial zu einer adäquaten und stimmigen Bühnenfassung formte und dann Nikolaus Habjan, der mit seiner herrlich skurrilen Regie, dem gekonntem Einsatz von Puppen und seinem feinen Sinn für Humor und menschliche Abgründigkeit dem Abend die schräge Würze verlieh.

Stimmig unterstützt wurde das Trio durch eine dezent, aber wirksam eingesetzte Musik (Kyrre Kvam), die dem grotesken Geschehen einen unirdischen Touch einhauchte. Irdisch und bewusst blass sind die Kostüme, zeitlos, weil die Figuren auch heutige sind. Bis auf den Bauschrock von Therese und den aufgesetzten Hüften. Dieser Rock ist ein wesentlicher Teil der Figur.

Alle Schauspieler, Puppen und deren Spieler – allen voran die von mir so geschätzte Manuela Linshalm (siehe meinen Beitrag „Die Welt ist ein Würstelstand“) spielen genial an der Grenze von Realität und Groteske. Bettina Kerl als Professor Kien ist unwirklich, außerhalb jeder Realität. Er lebt in und mit seinen Büchern. Was in der Welt passiert, geht an ihm spurlos vorbei. Eine Anmahnung Canettis an die Intellektuellen, die den Eintritt Hitlers nicht rechtzeitg wahrgenommen haben? Seine Gegenspielerin ist Therese Krumbholz. Von Julia Kreusch zu einer schrillen Figur geformt, ihre Sprache und Bewegungen könnten von einer lebendigen Puppe sein. Ihre grotesken Aktionen sorgen für Lacher im Publikum. Apropos Sprache: Paulus Hochgatterer ordnete jeder Figur eine charaterisierende Ausdrucksweise zu. Da hört man den Urwiener im Herrn-Karl-Ton à la Helmuth Qualtinger, Polizei und Kommandant (Tim Breyvogel) scheinen aus den „Letzten Tagen der Menschheit“ entstiegen zu sein. Festgezurrt in seiner verbalen und äußeren Hässlichkeit ist der Hausbesorger Pfaff – ein Puppen-Monstrum, bedrohlich und primitiv – gekonnt bespielt von Manuela Linshalm. Witzig und ebenso bedrohlich wirkt Laura Laufenberg als Fischerle. Wenn im zweiten Teil fast tierähnliche Monster die Bühne bevölkern, dann scheint der wahnsinnig gewordene Kien noch der Normalste zu sein. Wenn er am Ende sich und seine immaginäre Bibliothek anzündet, dann kündigt sich das Inferno des Naziregimes und des Zweiten Weltkrieges an. Es endet mit einer gruseligen Aktualität: Wo sind die Mahner gegen den Krieg? Verbrennen wir gerade unsere eigene Kultur?

Einziger Wermutstropfen: Es war die letzte Aufführung!

http://www.landestheater.net

Burgtheater: Der Zauberberg nach dem Roman von Thomas Mann

Regie: Sebastian Kraft, Bühne: Peter Baur, Video: Sophie Lux, Kostüme: Jelena Miletic, Licht: Michael Hofer

Frech, jung, witzig stemmt Sebastian Kraft diesen Megaroman, einst Mekka aller Bildungbürger, die genüßlich die Affären von Liebe und Tod, Krankheit als geistige Überkraft, verschlungen haben.

Es geht um vieles, aber alles nur spielerische Theorie. Man kokettiert mit der Krankheit, philosophiert über „Zeit“, „Vergänglichkeit“, „Liebe“ und vernimmt es gelassen, wenn die resolute Krankenschwester wieder einen neuen Todesfall verkündet. Kranksein ist Pflicht, da oben auf dem Berg in Davos. Krankheit adelt. Wer nicht krank ist, bemüht sich schnell um ein wenig Fieber. Das muss man haben. Die Fieberkurve ist der Gradmesser für den Eintritt in diese Welt oben, die arrogant auf dasTiefland unten blickt. Dass manches, wie 7 Minuten Fiebermessen in totaler Stille oben auf der Bühne und unten im Publikum, ein wenig langweilig und affektiert wirkt, sei auch gesagt.

A propos Publikum und Bühne: Selten, bis gar nicht habe ich so viel Harmonie, Gleichklang zwischen dem Geschehen auf der Bühne und dem im Zuschauerraum erlebt! Oben sprach man über Husten, Fieber, unten wurde gehustet als wäre das Burgtheater eine Außenstelle von Davos. Als auch noch auf der Bühne der Arzt Dr. Behrens über die Lunge referierte und der Theaterarzt diskrret nach draußen gebeten wurde, dachte ich kurz an eine ganz besonders raffinierte Inszenierung. Ist ja alles möglich im Theater von heute.

Nun aber zur Meisterleistung des Regisseurs und der Schauspieler: Bastian Kraft arbeitet gerne mit einem Vexierspiel zwischen der greifbaren Wirklicheit der Bühne und der irrealen Welt des Videos. Manche würden seufzen: „Nicht schon wieder!“ Aber Kraft kann es wirklich! Ich denke an die dramatisierte Fassung von Oscar Wildes Roman „Dorian Gray“, die seit Jahren ein Publikumserfolg ist. Wie er und Peter Baur den Zauberberg als Kristallteile auf die Bühne stellen, das hat Wucht und beeindruckt. In, auf und zwischen diesen kantigen Klippen lässt er vier Schauspieler alle Figuren des Romans spielen: Felix Kammerer, Dagna Litzenberger Vinet, Markus Meyer und Sylvie Rohrer sind abwechselnd Hans Castorp und zugleich – als Video eingeblendet – eine der anderen Figuren. Mit diesem ungewöhnlichen Vorgehen vermeidet Bastian Kraft fast immer Langeweile. Aber eben nur „fast“ immer. Denn es gibt Strecken, in denen der Zuseher leicht wegdriftet, weil einfach zu viele Gesichter und Themen auf ihn einwirken. Etwa während der Carnevalszene.

Packend ist der Schluss: Christentum, Humanismus, Kommunismus, Sozialismus – alle „Ismen“ haben versagt, konnten den Krieg nicht verhindern. Der Glaube der Gutmenschen fällt in sich zusammen. Gewalt ist stärker als alle Theorie. Hans Castorp wird in den Krieg ziehen. Starker Abgang!

Am Ende noch eine Schlussbemerkung, wenn man so will eine Bitte: Ich knüpfe da an einen Artikel des ehemaligen Operndirektor Ioan Holender im Kurier an: Er monierte die langen Aufführungszeiten ohne Pausen. Zwei Stunden und länger sind für schlanke Menschen ohne viel Sitzfleisch hart! Außerdem vermisse ich die Halbzeitdiskussionen in den Pausen! Hat man Angst, dass zu viele Zuschauer in der Pause gehen?

http://www.burgtheater.at

Theater in der Josefstadt: Thomas Bernhard: RITTER, DÄNE, VOSS

Regie: Peter Wittenberg, Bühnenbild: Florian Parbs.

Gleich einmal vorneweg: Ich bin eine bekennende Nicht-Bernhard-Anhängerin. Und: Ich habe die berühmte Urfassung dieses Stückes nie gesehen. Was für die aktuelle Aufführung gut ist, weil ich ohne verklärende Erinnerungen den Abend genießen konnte. Ja, zu meiner Überraschung habe ich – im Gegensatz zu den meisten Kritikern – das Stück ganz unvoreingenommen genießen können. Wenn ich mich bei den meisten Bernhardaufführungen – es waren arg viele! – schnell langweilte, so stellte ich fest: Diesmal nicht!

Ich rufe daher auch nicht nach Peymann, im Gegenteil, Wittenberg machte seine Sache gut. Auch das Bühnenbild passt und ist gefinkelt: Ein „bürgerlicher“Salon“ mit Stehpendeluhr, eleganten Stühlen und Anrichte. An den bordeauxroten Wänden hängen, wie ich nachlesen konnte, die Bilder von den berühmten Dreien: Ritter, Däne, Voss. Die – so verstehe ich Wittenbergs Einfall, einen Museumswärter in den Hintergrund zu setzen – bitteschön der Vergangenheit angehören. Denn jetzt spielen andere das

Stück! Und die machen ihre Sache gut, sehr gut sogar:

Sandra Cervik ist die betuliche, aber bedauernswerte ältere Schwester. Sie heißt zwar laut Programm Dene, wird aber genauso wie ihre Schwester Ritter (Maria Köstlinger), nie mit Namen genannt. Denn beide sind nur arme Figuren um EINEN MANN herum, der Ludwig genannt wird (Johannes Krisch).

Es tut weh mitzuerleben, wie sich diese beiden Frauen gegenseitig bekriegen, um die Gunst des unerträglichen Mannsbildes buhlen. Beide spekulieren auf erotische Wirkungsmöglichkeiten, die an Ludwig jedoch verlorene Liebesmüh sind. Küsse gehen ins Leere, denn er ist ein von Erotik freigefegter Mann. Der hat nur seine wirren Gedanken, zusammengesetzt aus der Philosophie eines Ludwig Wittgenstein und dem Irrsinn des Neffen Paul Wittgenstein, im Kopf. Sein ganzes Da -sein in dieser ihm verhassten Wohnung mit den verhassten Bildern der Eltern (Voss als Vater, Dene als Mutter) hat nur eine Richtung: Wie er die beiden Frauen mit seiner „Krankheit“ quälen kann. Sein Irrsinn hat Sinn: Er bleibt Herr über die Schwestern, zieht alles, was sie unternehmen ins Lächerliche, samt Tischtuch und Geschirr. Wenn er Möbel umstellt, Geschirr zerbricht, Bilder umhängt, Essen ausspuckt und gegen seine Vergangenheit und seine Schwestern tobt, dann bekommen diese Szenen den absurd-aberwitzigen Charakter eines Ionescostückes. Was durchaus gut beim Publikum ankam, wie der lange Applaus und die Bravorufe bewiesen.

http://www.josefstadt.org

Schuberttheater: Die Welt ist ein Würstelstand

Ein MUSS für Puppenspielliebhaber, oder eigentlich für alle, die witziges, pointiertes, schräges, launiges, Lachen machendes Theater lieben!!

Idee und Spiel: Manuela Linshalm, Buch: Manuela Linshalm, Stephan Lack, Regie: Christine Wipplinger, Musik: Heidelinde Gratzl, Puppen: Nikolaus Habjan, Manuela Linshalm, Marianne Meinl, Lisa Zingerle. Bühne: Denise Heschl, Licht: Simon Meusburger.

Man muss sie einfach bewundern: Manula Linshalm bespielt solo (sollte das nicht genderkorrekt „sola“ heißen? – na ich habs nicht so mit dem Gendern) alle Puppen, oft zwei gleichzeitig. Sie schlüpft nicht nur mit den Händen in die Puppen, sondern auch mit ihrer Seele. Das merkt man, wenn man einmal von der Puppe wegguckt und sich auf ihre Mimik konzentriert. Sie ist nicht nur Stimme, sondern sie leidet, freut oder ärgert sich mimisch mit der Puppe mit.

Manuela Linshalm begann gemeinsam mit Nikolaus Habjan im Schuberttheater – ich erinnere mich an großartige Aufführungen, wie zum Beispiel „Was geschah mit Baby Jane?“, wo sie unter der Regie von Nikolaus Habjan schon damals alle Puppen bespielte. Viele gemeinsame Auftritte mit Nikolaus Habjan folgten. Nun steht sie also wieder als Hauptakteurin hinter den Puppen – grandios!

©Schuberttheater

Die Geschichte der Resi Resch, die seit Jahrzehnten den Würstelstand führt, ist rührend, jedoch ohne das Geringste Fuzerl Kitsch. Tapfer und lebensoptimistisch steht sie Tag für Tag hinter der Budel, winkt ihren alten Kunden zu, fragt nach dem werten Befinden der Mutter, Tante, Oma, des Ehemanns. Sie kennt sie alle beim Namen, weiß über Blutdruck bis Masern Bescheid. . Doch keiner kauft ihre Würsteln. Der eine hat Diabetes, der andere ist Vegetarier geworden – da kann sich Resi über die Vegetarier und Veganer alterieren -. Der einzig treue Kunde ist ein depressiver Witwer. Er kommt täglich, um sich auszujammern. Köstlich sind die Dialoge zwischen den beiden – er trauert seit Jahren seiner Verstorbenen nach, und Resi gibt ihm Ezzes, wie er neue Frauen kennenlernen könnte. Sie steht mitten im Leben, das zwar nicht rosig ist, aber sie lässt sich nicht unterkriegen. Ärgert sie sich – und das passiert sehr oft – dann lässt sie perfekte wienerische Schimpfkanonaden los. Ihr besonderer Schützling ist ein Obdachloser. Er darf neben ihrer Hütte seinen Rausch ausschlafen.

In der Naht ist ihr Stand geschlossen. Da schlüpft aus dem Abfallkübel die glückliche Ratte. Glücklich, weil der Philosoph Schopenhauer ihr persönlichen Ratgeber ist. Genüsslich verspeist sie die Reste, die sie im Umkreis des Standes findet, begleitet von der zarten Melodie eines Xylophons. Heidelinde Gratzl hüllt das Spiel der Puppen durch ihre Musik in eine fast irreale- mystische Atmosphäre. Wenn sie den Betrunkenen mit leisen Akkordeontönen in den Schlaf begleitet oder die exaltierte amerikanische Touristin mit einem wilden Walzer berauscht, dann wird das Theater zur Traumsequenz, in der Vergänglichkeit und Gegenwart verschmelzen.

Jede einzelne Szene ist eine Köstlichkeit per se. Man lacht, trauert, schluchzt und leidet mit den Puppen und muss sich dafür kein Bißchen schämen!

http://www.schuberttheater,at

Peter Turrini: Der tollste Tag, nach Beaumarchais

Theater Scala.

Ein toller Tag ist, wenn tolles Theater zu sehen ist: Wenn Text, Inszenierung, Kostüme und vor allem Schauspieler einen vollen Erfolg garantieren!

Der Regisseur Peter M. Preissler hat sein feines Händchen für Komödien schon mehrfach bewiesen – z. B. in dem Stück „Umsonst“ von Nestroy. Dass Peter Turrini ein hervorragender Dramatiker mit einem Gespür für Humor und überbordende Komik ist. braucht hier nicht noch extra betont zu werden. Mit seiner Bearbeitung des gleichamigen Stückes von Beaumarchais beweist er wieder einmal meisterhaft, was „Bearbeitung“ wirklich heißt: Ehrfurcht vor dem Autor, aber genügend Witz und Mut zu Änderungen, bzw. Aktualisierungen. Entgegen aller anderen Figarobearbeitungen hält es Turrini mit einem krasssen Schluss: Figaro bringt in höchster Verzweiflung, weil ihm schon keine weitere List gegen diesen machtgeilen Graf Almaviva einfällt, dieses Monster um. Danach künden die herabfallenden Marionetten die Revolution an. Unterstrichen wird diese „Komödie“, die eigentlich ein traurig-komische Angelegenheit ist, durch die absurd-witzigen Kostüme der Nebenfiguren, wie etwa der Marcelline (selbstverleugnerisch gut Sibylle Kos), des Intriganten Bacillus, von Randolph Destaller zwischen einfältig und bösartig bestens verkörpert oder des bis zur Verblödung die Befehle des Grafen nachplappernden Dieners Raimund Brandner. Besondeere Leckerbissen des komödiantischen Könnens liefern Florian Lebek als Don Guzman di Stibiza, Richter seines Amtes, und ihm zur Seite Bernie Feit als Schreiber Zettelkopf. Hinter ihrem Spiel lauert die grausame Aktualität – die Korruption quer durch alle Sparten.

Die Hauptfiguren spielen in passender Alltagskleidung, denn ihr Spiel um Macht, versuchter List und Abwehr der Übergriffe sollen möglchst nahe der Normalität angesiedelt sein. Wenn Graf Almaviva sich ungeniert an Susanna (sehr gradlinig, ehrlich: Lena Antonia Birke) vergreifen will, dann wird aus dem Scherz grausamer Ernst. Hermann J. Kogler gibt einen richtig fiesen Anmacher, der jedem Frauenzimmer an die Wäsche geht, nur nicht seiner eigenen Frau – was diese unverständlicher Weise sehr bedauert, Christine Saginth ist eine sehr heutige Gräfin, die auch gerne ein Pantscherl mit dem blutjungen Cherubin hätte. Alduin Gazquez gibt keinen engelsgleichen Cherubin, der ja bei Mozart in aller Unschuld die Frauen verführt, sondern einen ziemlich abgebrühten Jungschurken, immer auf seinen Vorteil bedacht. Zwischen all diesen Figuren versucht Figaro (flink, verzweifelt einen Ausweg suchend: Philipp Stix) seine Susanne vor dem Zugriff des Grafen zu retten. Dessen Macht und Intrigantentum treiben Figaro in die Verzweiflungstat – er erwürgt den Grafen. Was für ein Schluss: Revolutionen entstehen, wenn die Unterdrückten keinen Ausweg mehr sehen, alle Mitteln ausgeschöpft haben. Und krachend fallen die Puppen, die das ganze Spiel über vom Plafond herunterhingen, auf den toten Grafen. Was mit Susanne und Figaro weiter passiert, bleibt offen.

Langer Applaus, auch für Peter Turrini, der an diesem Abend unter den Zuschauern saß und begeistert applaudierte.

Info und Vorverkauf unter 01/ 544 20 70, Theater Scala. Wiedner Hauptstraße 108, 1050 Wien

http://www.theaterzumfuerchten.at

Burgtheater: Marieluise Fleißer: Ingolstadt

Es gibt gutes Theater und es gibt Regietheater! Diese Inszenierung von Ivo van Hove fällt unter die letztere Kategorie. Gleich zweimal wurde Maria Luise Fleißer von Männern, die sich als Regisseure und Besserwisser sahen, vergewaltigt. Das erste Mal durch Bert Brecht, der ihr Stück „Pioniere in Ingolstadt“ derartig krass änderte, dass die Autorin auf allen deutschen Theatern und in ihrer Heimatstadt Ingolstadt als persona non grata gemieden wurde. Das zweite Mal nun durch Ico van Hove, der aus den Stücken „Fegefeuer in Ingolstadt“ und „Pioniere in Ingolstadt“ ein unerträgliches zweieinhalbstündiges Machwerk machte und pausenlose Gewalt und Geschrei auf das Publikum niederließ. Da mussten junge, unbekannte Schauspieler und Schauspielerinnen Waterbording bis kurz vorm Ertrinken ertragen, Vergewaltigungen mit heruntergelassenen Hosen waren Normalität. Kämpfe mit ungeheurer Brutalität – man hoffte, dass sich keiner ernsthaft verletzte. Das alles pausenlos und schier endlos. Schade um die Zeit, schade um Marialuise Fleißer, schade um die jungen Darsteller!

http://www.burtheater.at

P.S.: Gegen den Publikumsschwund in Theater und Oper gäbe es ein probates Mittel: Weg mir den allzu radikalen Regisseuren, die sich wie Götter fühlen. Eine Buchempfehlung zum Thema Regietheater:

Cotrubas/Ramin: Die manipulierte Oper, Verlag Der Apfel. Offene Kritk, mutig, längst notwendig!

Arthur Schnitzler, Das weite Land. Akademietheater

Regie: Barbara Frey. Bühne: Martin Zehetgruber. Kostüme: Esther Geremus

Die Untoten sind passiv, manchmal lasziv, wenig kreativ, dank der Regie von Barbra Frey. Zu Beginn ist es stockdunkel – Thomas Bernhard hätte seine Freude an dieser totalen Finsternis! Aus dem Off spricht eine Stimme über Fliegen, Maden, Ameisen, die einen Leichnam auffressen, erklärt über gefühlte zehn Minuten, wie der frische Leichnam aussieht und wie er nach zwei Jahren aussieht. Der Text wirkt wie aus einem Readiokolleg von Ö1, ist nicht aus Schnitzlers Feder. Was dann folgt ist ein Trauerspiel über 2 Stunden ohne Pause. Vor einem dunkelgrau- schwarzen Vorhang stehen schwere, dunkelbraune Lederfauteuils, sonst nichts. In einem sitzt Genia (Katharina Lorenz), stumm, verstummt. Steif gefroren vor Langeweile in ihrem trostlosen Eheleben. Aus den Vorhängen schälen sich die weiteren Totfiguren heraus, alle sehr bedrückt – doch auch neugierig nach Sensationen: Warum hat sich der junge, begabte Korsakov erschossen? Verschiedene Gerüchte scheinen die Untoten ein wenig aufzuwärmen. Was dann folgt ist ein ziemlich amputierter Schnitzler. In diesem Untotenspiel wirkt selbt Erna (Nina Siewert), die von Schnitzler als kokette, lebneslustige junge Frau, die ihre ersten koketten Krallen an Hofreiter schärft, bechrieben wird, wie aus einer griechischen Tagödie entlehnt. Und Hofreiter, der galante, elegante Verführer, ist zu einem behäbigen, ziemlich lustlosen Verführer verkümmert (Michael Maertens). Hin und wieder gelingt es Maertens, so was wie einen Hofreiter à la Schnitzler hervorzuholen, ein paar treffende Bonmots über das Leben im Allgemeinen und über die Liebe, die es gar nicht gibt, im Besonderen, anzubringen. Dann wird sogar gelacht. Dass Genia und der junge Otto Aigner (Felix Kammerer) ein Verhältnis haben sollen, wirkt deshalb unglaubwürdig, weil dieser Otto eher wie ein Kind und nicht wie einer, der den Marinedienst antreten wird,, wirkt. Der Rest der Untoten sind Schattenfiguren, die das weite Land der Unterwelt bevölkern.

http://www.burgtheater.at

Konversationen im Herrenhof: Olga Schnitzlers Talkshow mit Joseph Roth

Olga Schnitzler: Elisabeth-Joe Harriet. Joseph Roth: Ralph Sami. Idee, Buch, Regie: Elisabeth-Joe Harriet

Heiter plaudernd marschiert das Paar in das (imaginierte) Café im Herrenhof ein: Olga Schnitzler im Midikostüm der Epoche, Joseph Roth im dunklen Anzug mit Fliege. Sie wundert sich über sein elegantes Auftreten, er darauf: „Wenn ich schon Urlaub aus der anderen Welt und wieder einen Körper habe, muss ich das ausnützen.“ Danach, ganz perfekte Gastgeberin. bietet ihm Olga Wasser an. Roth enttäuscht: „Nur Wasser? Sonst nix?“ Natürlich ist auch Wein da, er fragt nach dem Korkenzieher. Wird nicht mehr gebraucht – Drehverschluss. Staunen über die fremde neue Zeit. Solche Spielchen zwischen den Zeiten liebt Olga und spielt sie mit allen ihren Gesprächspartnern (Karl Kraus, Hofmannsthal, Berta Zuckerkandl). Nach diesem heiteren Geplänkel möchte sie mit seiner Geburtsstadt Brody beginnen, was er nicht so gerne hat. Brody wäre doch nur eine unbedeutende Provinzstadt gewesen. Da hält ihm Olga, die immer eifrig recherchierende, seinen eigenen Text über Brody unter die Nase: „Er lese ihn bitte vor“. Und während nun Joseph Roth liest, klappern draußen die Fiaker vorbei. Im Kopf der Zuhörer verschmilzt die Gegenwart zur aktuell sich abspielenden Vergangenheit, die Vergangenheit Joseph Roths: Die zerbrechliche Beziehung zu seiner Mutter, der nicht existierende Vater, der durch das Idealbild des Kaisers ersetzt wurde. sein Aufstieg zum gutverdienenden Journalisten und Romancier („Hiob“ war ein Riesenerfolg, tolle Verkaufszahlen). Roth: „Ja, ich habe mein Leben schön fabuliert!“ Doch früh schon die Erkenntnis, dieser Hitler ist eine große Bedrohung. Seine Liebe zu seiner jungen und schönen Frau Friederike, seine Selbstvorwürfe, sie in der Krankheit im Stich gelassen zu haben. Immer wieder Warnungen vor Hitler, dem Kriegstreiber,und schließlich 1933 seine Abreise ins Exil nach Paris. Dort endet die „Konversation“, Olga Schnitzler wollte keinen vom Alkohol zerstörten Schriftsteller dem Publikum zeigen, sondern das feinfühlige Sprachgenie, das so vieles mehr als alle anderen Zeitgenossen sah, verstand und in seinen Werken poetisch, dokumentarisch und journalistisch verarbeitete.

Alle Aktivitäten, Reisen, Theaterabende unter:

http://elisabeth-joe-harriet.com

Max Frisch: BIOGRAFIE: EIN SPIEL

Theater Akzent, eine Koproduktion von STEUDLTENN &Waldviertler Hoftheater

Regie: Hakon Hirzenberger

Landauf, landab wird die „Biografie“ gespielt, in Salzburg, in Chemnitz und nun im Theater Akzent in Wien. Woher dieses plötzliche Interesse? Für ein Stück, in welchem die oft gestellte Frage: Was würde ich in meinem Leben anders machen, wenn ich nochmals beginnen könnte, Zentralthema ist. Die meisten stellen sich diese Frage, wenn überhaupt, nur theoretisch. Doch der Gedanke wird nie thematisiert, höchstens in einer Freundesrunde als Gesellschaftsspiel. Max Frisch hat sich diesen Gedanken zum Leitmotiv seiner Werke gemacht, wie in den Romanen „Mein Name sei Gantenbein“ und „Stiller“ und eben ganz deutlich im der Komödie „Biografie“. Ein anderer sein zu wollen, sein gelebtes Leben, seine Vergangenheit zu ändern, bestimmen zu können, wie neu begonnen werden kann und schließlich die Erkenntnis: Die großen Lebenszüge kann keiner ändern, Veränderung geschieht nur in Minimalstrukturen, in der Person selbst. Eigentlich banale Erkenntnisse, die Max Frisch in eine eher trockenen „Komödie“ im Stil der Brechtschen Verfremdung geschrieben hat. Was also ist an dem Thema heute so reizvoll? – Wahrscheinlich entsteht in Krisenzeiten in vielen der Wunsch, dieses aktuelle Leben voller Probleme in irgendeiner Form hinter sich zu lassen, ein anderer werden. Sich von Ängsten und Zwängen befreien und einfach so zu tun, als hieße man Gantenbein oder eben Hannes Kürmann, der sich ein „Leben ohne Antoinette“, seine Ehefrau, wünscht.

Dem Regisseur Hakon Hirzenberger gelingt es, durch intelligenten Einsatz von Slapstick-Versatzstücken aus dem eher theoriebeladenen Stück tatsächlich eine Komödie zu machen. Dank einer bestens eingespielten und hoch talentierten Schauspieltruppe: Manuel Witting gibt den mit seinem Leben unzufriedenen Professor Hannes Kürmann, geradlinig und lakonisch-verzweifelt. Alexander Braunshoer den nüchternen, strengen Spielleiter, der über den kindischen Versuch, ein anderes Leben zu wünschen, und Zynismus fragt: „Was machen Sie dann mit Ihrer Freiheit?“ Und gleich selbst die ernüchternde Antwort gibt: „Es ändert sich nicht viel“. Runa Schymanski ist die Ehefrau Antoinette, die Kürmann aus seinem Leben ausgelöscht wissen will. Sie erschießen ist keine Lösung, besser sich selbst erschießen?! Um diese drei Hauptpersonen wuseln an die 30! gefühlte andere Gestalten herum, dargestellt von den beiden Verwandlungskünstlern und Komikertalenten: Lisa Lena Tritscher und Thomas Frank. Sie sind Putzfrau, Gäste, Professorenkollegen – kurz alles, was aus diesem Stück eine „intelligente Komödie“ macht.

Man spricht von einer allgemeinen Theaterkrise – an diesem Abend war davon nichts zu spüren. Publikum und Schauspieler waren eine Einheit. Das geschah, weil der Regisseur kein Regietheater zur Befriedigung seiner Eitelkeit ablieferte, sondern solide Arbeit, gut durchdacht!!!

http://www.akzent.at

Elisabeth Joe-Harriet: Constanze Mozart erzählt ihr Leben. Ort: Haus für Mozart, Domgasse 5 Wien

Gar keine kleine Schar wartet im Foyer des Mozarthauses auf SIE. Bevor sich leichte Ungeduld breit macht, guckt eine weiße Spitzenhaube um die Ecke. Darunter staunen große Augen in die Schar: „Was so viele Leut kommen mi heut besuchen!?“ Da Constanze und ihre Familie aus dem Raum Mannheim stammen, spricht sie Badisch! Diesen Dialekt wird sie ihr ganzes Leben lang pflegen. Und auch während wir sie besuchen, erklärt sie witzig, humorvoll und detailreich im breitesten Dialekt, wie sie sich in Mozart verliebt hat. der aber am Anfang nur Augen für die Schwester Aloisia, die mit der schönen Stimm und dem schönen Gsicht, gehabt hat. Aber Costanze ist hartnäckig, lässt sich den Mozart auch nicht von Mutter Weberin ausreden. Die Heirat war bescheiden, ohne Pomp. Nach vielen Umzügen dann endlich diese feudale Wohnung in der Domgasse 5 mit allen Räumen, wie sie für so eine respektable Person wie Mozart dazugehörten: Spielzimmer und Empfangssalon inbegriffen. Während Constanze plaudert, teilt sie die kleinen goldenen Marzipankugeln aus: „Wenn das der Mozart wüßt, daß ma ihn in a Kügele steckt“, kichert sie. Während des Rundgangs korrigiert sie immer wieder die Irrtümer oder Gerüchte, die sich um ihren Mann rankten, etwa, dass die Familie bitterarm war. Geld wäre schon genug da gewesen, aber die Ausgaben waren hoch. So mussten immer wieder Schulden gemacht werden. Von Salieri sei er „ganz gwiss net“ vergiftet worden. Salieri und Mozart waren enge Freunde. Über den Tod des geliebten Mannes erzählt sie nur wenig, um nur ja keine Rührung aufkommen zu lassen.

Beendet wird der Rundgang in dem Foyer vor dem Kaffeeautomaten. Constanze serviert ihren Besuchern Kaka -o – gar nicht so übel, aus diesem Ding da, meint sie. Kaka-o und Punsch waren Mozarts Lieblingsgetränke. „Kaka-o sei guat gegen die Kaker-ei“, soll er gerne gesagt haben. Unter heiterem Geplauder endet der Besuch. Die Gäste bekommen noch eine Kopie des Briefes mit, in dem Mozart Constanze seine Liebe gesteht.

Wer mehr über Mozarts Wirken in Wien, über die Orte, wo er sich aufgehalten hat,erfahren will, dem sei das Buch von Elisabeth Joe-Harriet empfohlen: Wolfgang Amadé, Dichtung und Wahrheit. Was Sie schon immer über Mozart wissen wollten. Mozart geliebter Hund Gaukerl führt launig zu all den Wirkungsstätten des musikalischen Genies. Man kann auch eine Führung durch Mozarts Wien mit der Autorin buchen. Alle Infos dazu und zu allen Aktivitäten dieser vielseitig begabten Schauspielerin: www.elisabeth-joe-harriet.com

Theater in der Josefstadt: Anna Karenina von Leo Tolstoi

Amelie Niermeyer und Armin Petras nach Leo Tolstoi unter Verwendung der Neuübersetzung von Rosemarie Tietze

Titelfoto: Alma Hasun als Kitty und Alexander Absenger als Lewin.

Durch die interessante und gut durchdachte Regie von Amelie Niermeyer bekommen die Figuren genau die Charakterkonturen, die ihnen Tolstoi im Roman gab. Das gelingt einerseits durch eine genaue Personenführung, andrerseits durch den Einsatz von Originaltexten, die in die Dialoge ein- oder dazugefügt werden. Texte, die das Innere der Personen tiefer aufschließen als der Dialog und die Handlung es vermögen. Dazu ein Bühnenbild (Stefanie Seitz), das flexibel und ohne Umbauten den jeweils nötigen Raum imaginiert – den Bahnhof, das Stadtpalais, den Eislaufplatz, die Kirche etc. Die Kostüme (Christian Schmidt) sind zeitlos elegant, können heutig, gestrig oder vorvorgestrig sein. Sie passen sich genau dem Charakter der Figur an: Anna in schlichten, eleganten Kleidern, Kitty in verspielten, in Farben überlaut, wie auch ihr anfängliches Temperament Die Männer im von Moden unabhängigen Stil.

Also die besten Voraussetzungen für ein Ensemble, das die Rollen ausfüllt, als ob sie aus dem Roman herausgeschnitten wären. Klar setzt die Regisseurin die drei Paare voneinander ab: Alma Hasun in der Rolle der quirligen Kitty ist ein Sprühregen an Temperament. Bewundernswert, wie sie über das Eis tanzt, passend zum Text Kapriolen zieht. Um sie herum tanzt Lewin als komischer Kauz (Alexander Absenger), wirbt, zögert, zittert, philosophiert, macht ihr auf dem Eis rutschend einen Heiratsantrag, den die verwirrte Kitty ablehnt. Lewin, der Bauer und Philosoph, spiegelt die Gedanken Tolstois wieder, seine sozialen Ideen zur Bodenreform. Weiters das in steter Ehekrise lebende Paar Dascha (Alexandra Krismer) und Stepan (Robert Josef Bartl). Was aus einer großen Liebe im Laufe der Jahre und nach vielen Seitensprüngen des Mannes und großem Frust der Ehefrau wird – das zeigt Niermeyer mit viel Humor. Wie überhaupt immer wieder Szenen eingefügt sind, über die man schmunzeln kann. Etwa der Ball und die Quadrille, die Szenen auf dem Eis – da führen Hasun und Absenger gefährliche Akrobatik auf -, oder die Hochzeit von Kitty mit Lewin, der sich verspätet, weil er kein Hemd findet. Stepan, der Lebensgenießer und Frauenverführer, hat die Aufgabe, alles Tragische durch humorvolle Einfälle zu relativieren und auf eine menschlich-verständliche Ebene zu transponieren. Begleitet und untermalt werden solche Einlagen durch schräge Musik- und Tanzeinlagen (Imre Bozoki). Köstlich sind die Tanzparodien, die Kitty oder Stepan so mitten im Geschehen aufs Parkett hinlegen. Humor und schräge Musik – wie soll sich das aus dem Roman erklären, haben vielleicht einige Besucher kopfschüttelnd gefragt. Es passt, weil es die großen Worte „Liebe“ und „Tragik“ relativiert.

Auffallend ist, dass die Regisseurin die beiden Hauptfiguren Anna (Silvia Meisterle) und Wronsky (Claudius von Stolzmann) nicht unbedingt immer in den Mittelpunkt des Geschehens stellt. Sie agieren mit den anderen, beeinflusst von der Gesellschaft, in deren Mitte sie leben. Das bekommt besonders Anna zu spüren. Silvia Meisterle ist eine beeindruckende Anna, die sich zunächst ihrer Stellung bewusst ist, bis ihr diese zur Fessel wird und sie sie abstreift. Heftig und berührend sind die Liebesszenen. Nackt, in inniger Umarmung, den Augen des Publikums ausgesetzt, direkt an der Rampe. Eine tief berührende Szene. Wronsky ist Liebhaber ohne eitles Gehabe. Und am Ende ein Verzweifelter, weil er Anna nicht aus ihrem eifersüchtigen Wahn und der Angst vor den gesellschaftlichen Konsequenzen befreien kann. Interessant ist auch, wie Karenin, der Ehemann Annas, von Raphael von Bargen dargestellt wird. Im Roman ist er ein steifer Beamter, der nur für seine Karriere und das gesellschaftliche Ansehen lebt. Anders aber nun: Als er von der Beziehung Annas zu Wronsky erfährt, versucht er noch einen Weg zu finden, der lebbar wäre. Man hegt durchaus Sympathien für ihn. Aber die Unerbittlichkeit Annas macht ihn hart und so treibt er Anna in das gesellschaftliche Abseits.

Die großartige Leistung des ganzen Ensembles wurde mit viel Applaus belohnt.

http://www.josefstadt.org

Edward Albee: Die Ziege oder Wer ist Sylvia

Regie: Elmar Goerden, Bühnenbild: Silvia Merlo, Ulf Stengl, Kostüme: Lydia Kirchleitner

Eine fein gesponnene Komödie, die so manchen Zuschauer verstört: Da liebt einer eine Ziege! Soll das ernst gemeint sein! – Nein, ganz und gar nicht, alles nur ein Spiel im Spiel, wenn man dem Hauptdarsteller nur genau zuhört und zusieht. Da feiert der „Stararchitekt“ Martin (Joseph Lorenz) seinen 60er! Er ist berühmt, lebt in einer Art kühlen, nichtssagenden Penthouse?- Wohnung. Alles clean, nur ein paar vielleicht kostbare Masken an den Wänden. Seine Ehe mit Stevie (Sandra Cervik) gilt als glücklich, nirgendwo nicht einmal der kleinste Seitensprung. Der noch immer pubertierende Sohn Billy (Julian Valerio Rehrl) hat alle Freiheiten und latscht frustriert mit Kopfhörern durch den Raum. Soweit alles gut – oder doch nicht? Martin spielt ein wenig den Alzheimer an, tut so, als ob er Namen und Ereignisse vergisst – ganz offensichtlich lotet er die Geduld seiner Ehefrau aus. Die reagiert, wie es sich für eine glückliche Ehefrau gehört: geduldig und gelassen. Also mit diesem Trick kann er sie nicht auf die Palme bringen und das Glückseis ein wenig aufbrechen. Daher treibt er das Spiel auf die Spitze und gesteht seinem Freund Ross (Michael Dangl) in einem nicht stattfindendem Interview (der Interviewte verweigert passende Antworten), dass er in eine Ziege verliebt sei. Schock, Schock, Ross flüchtet und teilt dieses unmögliche Geständnis – wie Martin es erwartet und lanciert hat – prompt der Ehefrau mit. Dann geht die erwartete Schlacht los. Vasen, Masken und Souvenirs fliegen durch den Raum, die brave Stevie zuckt aus, stößt den Urschrei des Entsetzens aus. Alles kippt – ganz so, wie es der Spielleiter Martin erwartet hat. Nur eines hat er in diesem teuflischen Spiel nicht berechnet: Dass er seine Frau und seinen Sohn ins Tiefste verletzt und dass er selbst unter dem Spiel fast dabei zugrunde geht.

Diese Feininterpretation lässt sich aus dem subtilen Spiel von Joseph Lorenz gut herauslesen. Er agiert mit Ironie, mit der spürbaren Distanz zum Geschehen und zu den Menschen um ihn herum. Selbst zu seiner Frau. Denn ihr gegenüber braucht es kühlen Kopf, er will das alteingefahrene Spiel der perfekten Ehe aufbrechen und neu aufstellen. Dabei aber übersieht er, dass er zu weit gegangen ist und dass er nicht nur die Menschen, die er liebt, gefährdet,, sondern auch sich selbst. Atemlos sieht man Lorenz zu, wie er verfällt, gleichsam auf der Bühne um Jahre altert, als er das Scheitern seines Spiels erkennt. Einfach große Schauspielkunst. Das Stück gelingt auch deshalb, weil auch die anderen Mitspieler intensiv in die Rolle einsteigen. Vor allem aber auch deshalb, weil Elmar Goerden sich von allen Regietheatermätzchen fern hält. Er vertraut auf die Kraft des Autors, der eine fiese Komödie perfekt durchexerziert, und auf die Kraft der Schauspieler.

http://www.josefstadt.org

Odeon-Theater: Haruki Murakami: Die unheimliche Bibliothek. Welturaufführung

Bearbeitung der Novelle und Inszenierung: Jacqueline Kornmüller. Musik: David Müller und Klemens Lendl, bekannt als Die Strottern. Gitarrist und Erzähler: Peter Rom.

Foto: Der Schafsmann (Peter Wolf) und der Junge (Nils Arztmann)

Ein Zauber liegt über der Bühne: Große Bücher stehen in diagonalen Linien quer durch den Raum.. Ruhig geht die Aufseherin durch, prüft, ob sie alle ordentlich ausgerichtet sind. Denn Ordnung ist in einer Bibliothek oberstes Gebot. Was dann geschieht, ließe sich in drei banalen Sätzen erzählen: Ein Jugendlicher betritt die Bibliothek, um sich Bücher über das Steuersystem im Osmanischen Reich auszuborgen. Der Bibiothekar führt ihn in einen unterirdischen Keller, wo er ihn einsperrt. Mit Hilfe eines wundersamen Vogels kann er sich befreien. Das wäre in dürren Worten der Inhalt der Geschichte.

Jacqueline Kornmüller faltet aus dieser Erzählung alles Wunderbare und Märchenhafte heraus und bezaubert mit Musik und schlichter Dialogführung das Publikum. Jede Bewegung und jedes Wort wird zum Märchen, zum Wunderbaren hin choreografiert. Schüchtern betritt der Junge(Nils Arztmann)die Bibliothek. Er ist kein Draufgänger, kein Revoluzzer. Sondern wohlerzogen. Seine Ängste kaum verbergend fragt er den strengen Bibliothekar (Christian Nickel) nach Büchern zum Thema „Steuerhinterziehung im Osmanischen Reich – in der Schnelligkeit ist ihm kein anderes Thema eingefallen. Mit drei Wälzern ausgerüstet muss er eine steile Treppe hinunter in ein Kellerverlies steigen. Er will nicht, wehrt sich. Die Situation ist kafkaesk: Der strenge Bibliothekar kettet ihn an ein Lager. Warum, was hat er verbrochen? Er weiß es nicht, die Angst wird immer größer. Als ein geheimnisvoller Schafsmann (Peter Wolf) das Verlies betritt, steigern sich die Ängste zu Todesangst. Wenn er nicht gehorcht – so der Schafsmann – , wird ihm der Bibliothekar den Kopf abschneiden und das Gehirn untersuchen. All das wird teils vom Erzähler, teils vom Jungen berichtet, von einer sanften Musik untermalt und der grausamen Prophezeihung die Schärfe genommen – es wirkt, als wäre alles nur ein Traum. Die Bücher über das Osmanische Reich entführen den Jungen in die orientalische Märchenwelt, eine junge Schönheit (Manaho Shimokawa) bringt ihm Essen. Sie ist stumm, doch ihre Gesten sind zärtlich und tröstlich. Der Bibliothekar möchte den Jungen im Keller behalten und erklärt ihm, hier drinnen sei die reale Welt, alles außerhalb seien nur Schatten. – Ein umgekehrtes Höhlengleichnis! Doch der Junge will nicht bleiben – er sorgt sich um seine Mutter, die vor Kummer sterben könnte, und um seinen geliebten Vogel. Schafsmann, stumme Schönheit und er fliehen gemeinsam. Ein geheimnisvoller Vogel hilft und tötet den Bibliothekar. Der Schluss bringt die nüchterne, reale Welt zurück: Die Mutter fragt nicht, wo er gewesen, es scheint keine Minute vergangen zu sein, seit er das Haus verlassen hat. Nur sein geliebter Vogel ist tot.

Das Publikum erlag eineinhalb Stunden der märchenhaften Verführung, die dieser Aufführung innewohnt, und dankte mit frenetischem Applaus.

Noch bis zum 5. Oktober 2022. 2023 Wiederaufnahme: 19.-21., 28.29. Jänner, 2. und 3. Februar 2023

http://www.odeon-theater.at

Festspiele Reichenau: „Frühlingserwachen“ und „Die Möwe“

Franz Wedekind: Frühlingserwachen. Regie Christian Berkel

Unter der kundigen Hand des Regisseurs können junge Schauspieler aus dem Reinhardt-Seminar ihre ersten Erfahrungen mit Theater machen. Und gleich mit einem Text, der ihnen alles abverlangt. Aber alle meistern die sehr expressionistische Sprache, die kurzen Szenen wirklich sehr gut. Man merkt, sie wissen, es geht nicht nur um die Jugend von 1891 (Entstehungszeit), sondern eben auch um sie. Zwar sind die Probleme der Aufklärung heute nicht wirklich mehr Probleme, aber das Aufbegehren gegen die Elterngemeration, die Frage nach der Zukunft und nach den Werten -all das hat sich nicht geändert.

Viel Applaus für alle Schauspieler!

Anton Tschechow: Die Möwe

Regie: Torsten Fischer, Bühne: Herbert Schäfer

Warum muss man die Bühne so trist gestalten? Noch dazu mit Nebelschwaden! Das gleicht einer Tautologie auf Theaterebene: Ein tristes Stück mit trister Bühne. das ist wie ein weißer Schimmel. Im ersten Teil ist die Langeweile auf der Bühne – und im Publikum – groß. Sandra Cervik als Irina überzeugt nicht, sie weiß nicht so recht, was sie mit ihren Armen und Haaren machen soll. Nils Artmann als ihr Sohn Konstantin übertreibt und wirkt irgendwie angestrengt.

Im 2. Teil nimmt das Stück Fahrt auf. Die Charaktere treten aus den Nebelschwaden heraus und das Publikum erwacht. Aber ein Tschechow, der in Erinnerung bleiben wird, ist diese Auffürung nicht.

Freundlicher Applaus.

http://www,theaterreichenau.at

Siehe auch meine Kritik zu „Teufels General“

Wolkenturm- Grafenegg: Philipp Hochmair: Jedermann reloaded mit seiner Band „Die Elektrohand Gottes“

Wer am Vorabend Hochmairs Interpretation der Schillder Balladen erlebt hat (s. den Beitrag vom 29. Juli), der hat ein heftiges déjà vu -Erlebnis: Der Wagen mit dem Leitschutzsystem, die Kreuze -diesmal sehr passend – und die roten Grablichter erinnern daran. Auf dem Wagen werden statt der Balladentitel die Personen angezeigt, die gerade von Hochmair in einer fulminanten Doppelkonference gespielt werden. Und das ist durchaus reizvoll, oft sogar recht humorvoll, bis gewollt respektlos. Hochmair spielt den reichen Protz im Tarnanzug, mit Zigarre und Sonnenbrille, offenbar seine Lieblingskostümierung. Geld, Geld ist ihm das Wichtigste: „Durch Geld wird der Mensch der Gottheit gleich!“ -In diesen Passagen wirkt das Spektakel sehr heutig! Er speist die diversen Bittsteller mit einem Schilling ab, hört sich das Gejammer seiner alten Mutter ungeduldig an. Ungeduldig, weil er seinen Lustgarten für die Buhlschaft endlich fertig stellen will. Anders als in früheren Aufführungen gibt es diesmal keine leibhaftige Buhlschaft, sondern er selbst spielt sie. Als lustvolle Lebensgenießerin, die mit ihm im Lustgarten heiße Küsse tauscht – eine dieser komischen Szenen! Sie zögert keine Sekunde, die Begleitung ins Jenseits dezidiert abzulehnen. (Ganz anders in Salzburg, wo die jetzige Buhlschaft im Interview von „Gleichstellung“ und „Liebe“ zwischen Jedermann und ihr schwadroniert)

Im zweiten Teil des Stückes hat auch Hochmair die liebe Not, die Wandlung des Jedermann vom geilen Geck zum gläubigen Menschen glaubhaft über die Bühne zu bringen. Aber das liegt ganz an der Problematik des Stückes selbst. Einer, der so das Leben genießt und keine Reue oder Mitleid kennt, wird in der Stunde des Todes „gläubig“?. Wenn Hochmair noch so viel Kreuze in die Höhe hält, es ist letztendlich die Todesangst und nicht der Glaube, der ihn ausrufen läst: „Ich glaube!“. Der Schluss ist die Crux des Stückes, weil es Hofmannsthal nicht wirklich gelungen ist, die Umkehr des Reichen in einen Büßer glaubhaft auf die Bühne zu bringen. An diesen letzten Szenen sind schon einige Regisseure in Salzburg gescheitert. Hochmair ist klug, und macht das relativ schlicht, ohne großes Pathos

Ein tatkräftiger Mitspieler ist die Musik der Gruppe – sie treibt den Reichen zu orgiastischen Rocktänzen an (ähnlich wie bei Schillers Balladen), sie führt ihn empathisch durch seine Ängste und wirkt ungewöhnlich leise in den Schlussszenen.

Begeisterter Applaus und standing ovation!!

http://www.grafenegg.com und http://www.cayenne.at

Kultursommer Semmering: Thomas Bernhard, Der Ignorant und der Wahnsinnige.

Aufführungsort: Kulturpavillon vor dem Hotel Panhans (Titelfoto ©Hotel Panhans)

Ein Ende des Kultursommers Semmering? – Nicht für Florian Krumpöck.sss Als ihm der neue Besitzer des Südbahnhotels den Vertrag kündigte, fand er im Panhans Hotel rasch und unbürokratisch eine neue Bleibe. Und startete das volle Programm wie geplant mit den bekannten Schauspielern, wie Joseph Lorenz, Senta Berger, Maria Bill und vielen, vielen anderen, die schon seit Jahren den literarischen und musikalischen Anziehungspunkt für Kulturliebhaber bilden.

Dörte Lyssewski, Joseph Lorenz, Wolfgang Hübsch und Jeanette Nagy waren das großartige Quartett dieser szenischen Lesung.

Besser hat man dieses Stück wahrscheinlich nie gesehen! Dörte Lyssewsky war eine urkomische Sopranistin, die sich mit aller Wucht in die Verzweiflungskomik dieser Rolle warf. Der Routine überdrüssig, kündigt sie einen Vertrag nach dem anderen. Und triumphiert, bis sie mit der Nase in den Nobelteller der „3 Husaren“ fällt. Komik und Tragik auf unvergleichlicher Weise verbunden. Wolfgang Hübsch war auf einen blinden und großteils stumm-brummenden Vater reduziert, was dem Stück gut tat. Im Mittelpunkt des Geschehens brillierte Joseph Lorenz als wahnwitziger Arzt, ins Sezieren, in Grausamkeiten, in die Kälte der Wissenschaft und in sich selbst verliebt. Ein wenig auch in die Sopranistin, oder vielleicht auch ein bisserl mehr als wenig. Sein Dirigat und mimischer Gesang zur Musik Mozarts gehörte zu diesen Szenen, die vielleicht ins Buch der „Bernhardschen Theatergeschichte“ eingehen werden. Noch nie sah ich den Arzt so vielschichtig schillernd und urkomisch, Es war Metatheater, nichts ist echt, alles ist künstlich, gerade deshalb hohe Kunst.Jeannette Nagy in der Doppelrolle als FrauVargo und Fräulein Winters – eine stumme Realität.

Das Publikum dankte mit frenetischem Applaus und Bravos!!!

Kartenbestellung und Infos:

http://www.kultursommer-semmering.at

Festspiele Reichenau: Carl Zuckmayer, Des Teufels General.

Regie und Textfassung: Hermann Beil, Bühne: Hans Kudlich, Kostüm: Erika Navas

Gleich vorneweg: Es ist das Beste, was man seit langem auf dem Theater gesehen hat! Ein großartiges Stück von der Meisterhand Zuckmayers, eine unprätentiöse Regie, die sich ganz dem Text unterordnet und vor allem: Ein Ensemble, das alle Wünsche erfüllt. Keine Rolle, die nicht ideal besetzt wäre. Dazu kommt noch die bedrückende Aktualität: Krieg ist Mord, egal ob Angriffs- oder Verteidigungskrieg!

Politiker sollten sich dieses Stück ansehen und über diverse Parolen nachdenken! Und Martin Kusej würde ich auch empfehlen, sich hineinzusetzen, um einmal zu erleben, wie gutes Theater gemacht wird!

Lebensprall, ganz der Rolle eines „Mannsbildes“, das nur zwei Sachen im Kopf hat: die Fliegerei und den Lebensgenuss: Stefan Jürgens als Harras. Dass er Curd Jürgens, der in dieser Rolle zur Filmikone wurde, auch noch in Statur und Optik ein wenig ähnelt, ist gar kein Schaden. Dennoch bleibt Stefan Jürgens nicht an dem Vorbild hängen, sondern arbeitet sehr deutlich den Wandel vom Superhelden, dem die Nazis auf den Geist gehen und der meint, ihm könne das Regime nichts anhaben, zum Zweifler, bis zum Verzweifelten heraus. Besonders intensiv ist die Schlussszene mit Oderbruch (André Pohl ist großartig, ganz zurückgenommen, s. Foto ), als Harras erkennen muss, dass er an dem mörderischen Krieg mitschuldig wurde, auch wenn er immer nur fliegen wollte. Berührend Dirk Nocker als Korrianke – Chauffeur und treuer Freund von Harras. David Oberkogler spielt den Hartmann punktgenau – zermürbt von der ERkenntnis, dass dieser Krieg sinnloses Hinschlachten ist. Rainer Friedrichsen als Sigert von Mohrungen vertritt den Typus des Deutschen, der an Hitler glauben möchte, aber einsehen muss, dass die Werte, an die er glaubte, dahin sind. Den unsympathischen Intriganten gibt Tobias Voigt ganz ohne die übliche „Naziübertreibung“. Jede einzelne Rolle ist ideal besetzt und wird punktgenau in der Rolle gespielt. Die Frauen haben es ja in diesem Stück nicht gerade leicht, aber in dieser Inszenierung sind sie mehr als nur Entourage. Johanna Arrouas ist ein perfide, ehrgeizige und überzeugte Nazifrau, die sich vom koketten „Pützchen“ zur gefährlichen Intrigantin entwickelt. Emese Fay als mahnende und besorgte Olivia, Elisa Seidel als Anne Eilers als fast antike Tragödin spielen sehr überzeugend. Johanna Prosl als junges Mädchen, das dem Charme des „Helden“ Harras sofort erliegt, meidet in der Liebesszene jeden Hauch von Kitsch.

Kostüme, die in die Zeit passen, und wenige, notwendige Requisiten geben der Aufführung den richtigen Rahmen.

http://www.theaterreichenau.at

Philipp Hochmair in Grafenegg am 28. und 29. Juli 2022

Foto oben: Hochmair rockt Schiller, © Stephan Brückler

Schiller Rave Balladen: feinste deutsche Lyrik meets Elektro-Beats

Am 28. Juli verwandeln Philipp Hochmair und seine Band „Die Elektrohand Gottes“ die bekanntesten Balladen Schillers in ein exzessives Erlebnis. Der Klassiker wird übermalt und befreit.

Hochmair in „Jedermann reloaded“ © Stephan Brückler

Am 29. Juli schlüpft Hochmair in die Rolle des Jedermann und macht ihm zum Rockstar. Gemeinsam mit seiner Band verwandelt er den etwas angestaubten Text Hofmannsthals in ein apokalyptisches Sprech-Konzert.

Karten bei Ö- Ticket und direkt in Grafenegg:

Jetzt Tickets für Schiller Balladen Rave mit Philipp Hochmair bei oeticket.com sichern!

Jetzt Tickets für Jedermann Reloaded mit Philipp Hochmair bei oeticket.com sichern!

http://www.grafenegg.com , www.philipphochmair.com

Deutsch von Daniel Kehlmann. Regie Janusz Kica. Bühnenbild und Kostüme: Karin Fritz

38 Personen, die fast alle irgendwie miteinander verwandt sind, in einem Stück verstehbar und unterscheidbar auf die Bühne zu bringen, das ist eine Herkulesaufgabe! Die Janusz Kica manchmal bravourös meistert, in manchen Szenen jedoch scheitert. Gleich in der ersten Szene wurlt es auf der Bühne, alles rennt und redet durcheinander. Whos ist who fragt der Zuschauer. Und das bis zum Schluss des öfteren. Ein großartiges Ensemble – man meint fast die ganze Josefstadt steht auf der Bühne – meistert dank einer klugen Personenregie die schwierige Aufgabe, das Schicksal einer jüdischen Familie in Wien von 1889 bis 1955 zu spielen. Zentrum ist Hermann Merz, Textilfabrikant -souverän gespielt von Herbert Föttinger. Er ist Optimist, sieht nicht die deutlichen Zeichen des Judenhasses, der sich in Wien immer mehr ausbreitet. Die Weltausstellung in Paris 1889 verheißt doch einen wirtschaftlichen Aufschwung für alle, meint er. Dagegen argumentiert sein Schwiegersohn Ludwig Jakobowicz (Ulrich Reinthaller). Er weiß, ahnt, dass es nicht besser, nur schlimmer werden wird. Im ersten Akt kommt alles zur Sprache, was eifrige Besucher des Theaters auch schon in dem Stück „Der Weg ins Freie“ gehört haben: Die Frage nach einem Judenstaat, konvertierte Juden – sind es trotzdem Juden -, Mischehe und Anfeindungen an Universitäten etc. So mancher Zuseher mag daher des öfteren ein déjà-vu-Erlebnis – oder besser : ein déjà – entendu ERlebnis -gehabt haben. Die Kürzung so mancher Dialoge wäre nüt:zlich gewesen! Denn dreieinhalb Stunden sind zu lang. Die Geschichte wird weitererzählt: Der finanzielle Zusamenbruch der Firma während und nach dem 1. Weltkrieg. Ein letztes Auffflammen und Momente der Freude während des Festes der Beschneidung. Die Zeichen des nahen Faschismus wollen nicht wahrgenommen werden. Und dann der Zusammenbruch: Die Familie muss in einem Zimmer zusammengepfercht leben, ohne Heizung und Strom! Der packende Höhepunkt des Stückes ist der Auftritt von Joseph Lorenz als „Zivilist“, der die Familie für die Verschickung in die Leopoldastadt und von dort in die Lager auf eine Liste setzt. Diese Szene lehrt den Zuseher das Gruseln – obwohl schon in vielen Filmen gesehen, in vielen Büchern gelesen -aber so kalt und hautnah herzlos wie Lorenz den Mann spielt, da bleibt einem die Luft weg! Die Geschichte endet um 1955, in der Rosa (Sona MacDonald) als eine der wenigen Überlebenden, lakonisch die Namen der in Aussschwitz ermordeten Familienmitglieder aufzählt. Einige, so erfährt man, haben Selbstmord begangen.

Annerkennender Applaus für die Leistung der Schauspieler und wohl auch für die Stückauswahl.

http://www.josefstadt.org