Regie: Philipp Hauß, Bühne: Thea Hoffmann-Asthelm, Kostüme: Atil Kutoglu
Zugegeben: Für den Regisseur Philipp Hauß kein leichtes Unterfangen! Das Burgtheater lieferte 2007 mit Maria Happel und Roland Koch als Véronique und Michel und mit Christiane von Poelnitz und Joachim Meyerhoff als Annette und Alain eine steile, sehr intelligente und Wortspitzen sprühende Vorgabe! Und Roman Polanski fuhr mit Christoph Waltz, Kate Winslet, Judie Foster und John C. Reilly einen riesigen Filmerfolg ein!
Diese Vorgaben wollte Philipp Hauß wohl toppen. Aber mit welchen Mitteln? Die Übertreibung der Übertreibung? Das geht meist schief. Aber Hauß hat dennoch auf diese Wirkung gesetzt – und gewonnen. Denn das Publikum hat gejohlt, als wäre es beim Boxkampf am Heumarkt. Irgendwie glich das Gemetzel auf der Bühne eher einem Körperakrobatikakt mit Schreieffekt als einer Auseinandersetzung. Da nahm Veronique ihren Ehegespons in den Schwitzkasten und schrie sich die Kehle aus (wird Maria Köstlinger am nächsten Tag noch intakte Stimmbänder haben??). Da kriechen Annette (Lilith Häßle) und Alain (Tim Werths) in der Speibe herum etc…Klar Yasmina Reza geht mit den bürgerlichen Spießern – und gemeint sind wir alle, nur merken wir es nicht – nicht zimperlich um. Jeder bekommt sein Fett oder Gespiebenes weg. Aber die Kunst einer gelungenen Komödie gelingt in der langsamen Steigerung. Das fehlte. Aus der hitzigen Diskussion entstand ein Dauergeschrei, aus dem man nur mit Mühe einzelne Wortfetzen verstand.
Maria Köstlinger spielte die arrogant sich aufspielende Pseudointellektuelle zu Beginn ganz ausgezeichnet, hatte glasklare Argumente vorbereitet, warum ihrem Sohn großes Unrecht widerfahren sei. Zugleich spielte sie die Verständnisvolle: Alles könne geklärt werden, man müsse nur darüber reden! Modesätze und Banalitäten fielen. Bis sie in ein ununterbrochenes Schreiduell mit Ehemann und geladenen Gegnern fiel.. Michel, ihr Ehemann (Juergen Maurer) war ein richtiger Duckmäuser, dem erst nach und nach ein Licht über seine „Helikopterehefrau“ aufging. Die Gäste: Tim Werths haspelte als nervöser Anwalt irgendwelche Befehle ins Handy. Seine Ehefrau (Lilith Häßle) hatte kein anderes Mittel, sich durchzusetzen als zu kotzen. Ihr fiel es zu, den Pseudoargumenten und der Scheintoleranz die Maske abzureißen und der elenden Veranstaltung ein Ende zu setzen: Sie schleuderte das Handy in die Blumenvase, die Tulpen durch die Gegend und zerfetzte die Tablebücher, wie Kokoschka und Co . Ein gekonnter Abgesang.
Dem Premièrenpublikum gefiel es ausgezeichnet!