Anthony McCarten: Jack. Diogenes Verlag

Ich gehöre einer Generation an, die sich aus den „Beatniks“ nicht viel gemacht hat. Für mich war diese Strömung der Wilden, Drogensüchtigen, Rauschdichter etc passé. Ich habe die Literatur dazu einfach nicht beachtet. Nun bekomme ich McCartens Roman „Jack“ in die Hand. Gleich einmal entstand für mich die Frage: Ist das nun ein Roman, eine Romanbiografie oder eine Pseudoromanbiografie? Ich musste erst einmal nachschlagen, ob es den Dichter Kerouac überhaupt gegeben hat. Und ob es ihn gab!! Er soll ja den Begriff „Beatniks“ geprägt haben. Sein Roman „Unterwegs“(1959) war und ist für viele die Bibel, eine Anleitung zum ungeordneten, aufmüpfigen Leben. Und dann denke ich: Kerouac könnte auch der heutigen Junggeneration, die als „lost Generation“ gerne bezeichnet wird, Antrieb zum Umtrieb geben.

Doch zum Roman: Der einst so berühmte Dichter Jack >Kerouac (1922-1969) ist in der Versenkung verschwunden und die Literaturstudentin Jan Weintraub stöbert ihn auf. Es gelingt ihr, sein Einverständnis für eine Biografie zu bekommen. O.k, – bis hierher ein häufiger Trick in Gegenwartsromanen: Einer, eine macht sich auf die Suche nach einem wirklichen oder erdachten Autor, Musiker, Genie etc auf und entdeckt dabei sich selbst. Oder entdeckt, dass er/sie doch anders ist, als sie/er von sich bisher geglaubt hatte. Aber McCarten strickt ein anderes Muster: Er liefert mehrere Möglichkeiten des Ichs, die Figuren führen nicht ihr eigenes Leben, sondern ein vorgetäuschtes. Die alte philosophische Frage nach dem Ich wird immer wieder neu aufgerollt, neu bespiegelt. Am Ende ist Kerouac nicht fassbar, die Literaturstudentin nicht diejenige, als die sie sich ausgibt.

Ein geschickt gebauter Roman rund um die Frage: Wer bin ich? Nicht als Krankheitsbild oder als philosophischer Diskurs behandelt – die Antwort bleibt natürlich aus.

Tipp: Anthony McCarten schrieb auch das Drehbuch zu dem Film: „Die dunkelste Stunde“ – spannend und absolut sehenswert!