Onegin. Ballett, Choreografie John Cranko. Wiener Staatsoper

Kurz und bündig: Es war ein großartiger Abend! Die Leistungen der Tänzer durchwegs beeindruckend und in manchen Szenen auch sehr berührend.
Ein transparenter Vorhang mit dem Porträt Puschkins, auf dessen Versroman die Geschichte basiert, lässt den Blick auf eine heitere Gesellschaft frei, die sich unter hohen Birken tänzerisch vergnügt. Besonders glücklich und frühlingseuphorisch ist das Paar Olga – ganz bezaubernd und jugendlich frisch von Natascha Mair getanzt – und Lenski (sehr überzeugend Davide Dato). Der Gesellschaft ausweichend und in ein Buch vertieft sitzt Tatjana – Ketevan Papava – und träumt von Eugen Onegin (Wladimr Shishov). Dieses Paar in seiner ganzen Tragik und Intensität kann nicht besser getanzt und gespielt sein – ja, auch den Balletttänzern verlangt man schauspielerische Fähigkeiten ab -als von diesen beiden. Vielleicht gelingt der sehr schwierige Anfang etwas zu stark akzentuiert: Onegin als eitler Langeweiler, den die Gesellschaft und Tatjana anöden, stolziert zu betont gelangweilt über die Bühne. Aber da ist zu bedenken, dass für Langeweile kein geeignetes Tanzrepertoire zur Verfügung steht. Der Eindruck löst sich sofort, als die beiden in der Traumsequenz ihre Liebe zueinander entdecken. Aber eben nur im Traum. Das bittere Erwachen bleibt Tatjana nicht erspart, als Onegin ihren Liebesbrief vor ihren Augen zerreißt. Die heitere Gesellschaft wird durch die Duellforderung Lenskis in alle Winde zerstreut. Berührend ist Davide Datos Solo vor dem Duell – die Zweifel und die Verzweiflung setzt er in eine fast träumerische Tanzsequenz um.
Zehn Jahre später: Tatjana hat Fürst Gremin (mit der nötigen Würde von Kirill Kourlaev gestaltet) geheiratet. Das Wiedersehen zwischen Onegin und Tatjana explodiert in einem zwischen Ablehnung und Hingabe getanzten Pas de deux. Intensiver ist es wohl nicht möglich. Atemlosigkeit im Publikum, dann tosender Applaus.
Immer wieder beweist sich die Stärke eines Handlungsballetts. Trotz ziemlich verstaubter Kulissen zieht die Choreografie John Crankos aus dem Jahre 1965 das Publikum tief in das äußere und seelische Geschehen hinein. Der Großmeister des Handlungsballetts wusste, wie er sein Publikum faszinieren konnte.Die Musik stellte Kurt-Heinz Stolze aus verschiedenen Werken Tschaikowskis zusammen. So entstand ein stimmiges Werk, das bis heute unverändert das Publikum begeistert.