Felix Mitterer: In der Löwengrube. Theater in der Josefstadt.

Wenn Mitterer draufsteht, dann sind Spannung, Aktualität und Dramatik garantiert drinnen!. Geschickt verflicht Mitterer in dem Stück drei historische Handlungsstränge aus der Zeit des Nationalsozialismus.: 1938 wurden zahlreiche Schauspieler jüdischer Abstammung in den Theatern in Deutschland und Österreich ( unter anderem auch im Theater in der Josefstadt) entlassen. Als Hauptgrundlage diente Mitterer jedoch die Geschichte des Schauspielers Leo Reuss, der von deutschen Bühnen als Jude verjagt nach Wien kam, hier ebenfalls keine Arbeit fand, sich nach Salzburg zurückzog, wo er sich einen Bart wachsen ließ, den Dialekt lernte und mit einem Empfehlungsschreiben von Max Reinhardt ausgerüstet auf den Wiener Bühnen als Kaspar Altenberger  Riesenerfolge feierte. Mitterer verlegt das Geschehen nach Berlin, macht aus dem Salzburger Bauern einen Tiroler aus dem Ötztal, der große Erfolge feiert und sogar Göring beeindruckt. Ähnlich wie einst Gründgens hat er plötzlich die Macht, Schauspieler zu fördern oder zu entlassen. Doch das war nicht der Effekt, den er wollte. Mit Entsetzen muss er erkennen: Wer sich mit der Macht einlässt, wird schuldig.

Für Florian Teichtmeister ist die Rolle des Schauspielers Kirsch eine große Herausforderung, muss er doch blitzschnell von einer Sprachebene in die andere wechseln: Gerade noch der Mensch Kirsch, dann gleich der Tiroler Bauer, dann der Bauer, der Tell mit leichtem Tiroler Einschlag spielt. Wie das Teichtmeister hinbekommt, ist einfach verblüffend. Dazu ein Ensemble, das in der Regie von Stephanie Mohr umsichtig und geradlinig spielen darf, ohne verwirrende Mätzchen. André Pohl als von Kirsch entlassener Schauspieler hat berührende Auftritte, Alexander Strobele gibt den brummigen und ehrlichen Kulissenschieber und Requisiteur ganz hervorragend, Alma Hasun als jüdische Jungschauspielerin und Pauline Kopf als karrieresüchtige Ehefrau von Kirsch sind klassische Frauenfiguren aus dieser Zeit. Peter Scholz als verzweifelter Theaterdirektor, der nur eines will: sein geliebtes Theater trotz Nazidrohungen über die Runden zu bringen, sorgt für manche heitere, aber auch nachdenkliche Momente.

Mein Tipp: Unbedingt vorher das Programm studieren – dort ist die wahre Geschichte des jüdischen Schauspielers Leo Reuss dokumentiert. Mit diesem Hintergrundwissen hält man das Drama nicht für einen vom Autor gut erfundenen Schwank, sondern man erlebt intensiver mit, wie groß die Gefahren des Mitmachens, des Vernaderns um der eigenen Karriere willen damals waren und sicher heute auch noch sind.

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