Joachim Missfeldt, Sturm und Stille. Rowohlt

Joachim Missfeldt schrieb eine feinsinnige Geschichte über den Dichter Theodor Storm und seine Liebe zu Doris Jensen und  zugleich auch ein Zeitporträt. Schon als junges Mädchen verliebt sich Doris in den arrivierten Rechtsanwalt und bekannten Dichter Theodor Storm. Sie schwärmt ihn an und er nimmt die Schwärmerei wohlwollend wahr, fördert sie mit kleinen Gesten. Für Doris ist es eine ausgemachte Sache, dass Storm ihre große Liebe ist, an der sie auch festhält, als Storm seine Verlobte Constanze heiratet. Im März 1847 bricht über Husum ein Sturm los und bald darauf Stille. Eine Stille, die der jungen Doris gut tut. Eine vollkommene Stille, wie sie sonst nie das Haus erfüllt. Da hört Doris, wie jemand über die Efeuranken zu ihrem Fenster emporklettert. Es ist Storm. Sie öffnet ihm Fenster und Herz und eine lange, für sie ein Leben lange Liebe beginnt. Aber die Affäre wird bald publik, Doris verlässt ihr Elternhaus. Storm heiratet seine Constanze, die ihm sieben Kinder schenken wird. Die Ehe ist glücklich. Als Constanze stirbt, flammt die Liebe wieder auf – für Doris war sie nie erloschen. All die Jahre hat sie geduldig ausgeharrt, Storm lange Zeit nicht gesehen. Nach einem Trauerjahr heiraten die beiden…

Das ist in großen Zügen die Geschichte. Doch wie Joachim Missfeldt sie beschreibt, zeigt die große Kunst eines Biographen, der tief in das Seelen- und Gedankenleben einer Frau einzusteigen wagt. Er erzählt aus ihrer Sicht, verknüpft geschickt die Wetterbeobachtungen, die Doris getreulich in ihr Tagebuch einträgt, mit dem Seelenleben. Sturm und Kälte, Regen, ein heißer Sommer, die Landschaft und das Leben der Menschen in ihr und mit dem Wetter sind agierender Teil des Romans, den man wohl eher Romanbiografie nennen sollte. Es verblüfft, wie sich der Mann Joachim Missfeldt in die Seele einer Frau hineinversetzen kann. Noch dazu in die einer Frau, die viele Jahre ohne zu klagen oder aufzubegehren auf „ihre Liebe“ wartet. Das mag aus heutiger Sicht unverständlich sein, aber so war es eben. Und diese fast unwahrscheinliche Liebe glaubhaft zu schildern ist dem Autor sehr gut gelungen.