Emotion, Überraschung, Kontrast, Wucht, Zartheit
Mit dieser Musik -fremd und aufregend – beginnt eine Reise im Kopf. Eine Reise in ein unbekanntes Land, Rausch des Dionysos, Silenen, Pan, Puccinis Butterfly, banal, erotisch, wild, provokant, laut, am Schluss brüllt Metro Goldwyn Mayers Löwe! Das alles in rasanter Abfolge.
Yuta Sumiyoshi: Ayumi, gespielt vom KODO Ensemble
Sumiyoshi 1991 geboren in Japan, trat mit 19 Jahren dem Kodo-Ensemble bei. Seine Komposition „Ayumi“ beginnt mit leisen Trommelschlägen, die riesige rote Trommel leuchtet geheimnisvoll auf, begleitet von sich sanft wiegenden rosa Videokreisen. Die Trommelrhythmen entführen in die Wüste, vielleicht in die Sahara, hin und wieder menschliche Stimmen. Romantik pur.
Peeter Vähi: Call of Sacred Drums. KODO Ensemble und Tonkünstler unter Yutaka Sado
Der 1955 in Estland geborene Komponist ist für seine spirituell -philosophische Musik bekannt. „Call of Sacred Drums“ wurde an diesem Abend zum ersten Mal gespielt, der Komponist war selbst anwesend. Yukata Sado ist dafür bekannt, dass er – wenn es die Partitur erlaubt – die Anfänge zelebriert, ganz zart lässt er die Bläser kommen, darüber Flötenklänge. Im Hintergrund bleibend steigen die Trommeln ein – um dann plötzlich zu einem rasenden Tanz zu explodieren. Im Kopf des Zuhörers beginnt eine Reise mit dem Zug, man spürt den Rhythmus der Räder. Schneller werden die Trommeln, bis sie die Führung übernehmen und das Orchester schweigt. Schwindelerrend und laut tragen die Trommeln die Hörer durch das Land, schnell und laut bis zum Wahnsinn – um dann doch in einer berührenden Zartheit auszulaufen. Viel Applaus für den Komponisten, die Musiker, die Trommler und den Dirigenten.
Yuzo Toyama (1931-2023): Rhapsodie für Orchester, revidierte Fassung 2001
Die Trommler haben Pause. Der Anfang ist Romantik pur, so zwischen Butterfly und Frühlingszauber à la Schubert oder Schumann …Schellen und Schalmeien schwingen das Publikum ein. Langsam steigert sich das Tempo -bis zu einer plötzlichen Pause, um Atem zu holen, denn gleich wird es stürmisch, der Gong fängt die herumfliegenden Töne ein, bis am Ende eine Steigerung der Steigerung nicht mehr möglich ist.
Ryotero Leo Ikenaga: Inochi
Dem Prinzip der drei vorangehenden Kompositionen folgend beginnt auch dieses Stück mit zarten Trommelschlägen, in die zauberhafte Geigen sich einbinden, die wiederum Celli anschwellen lassen. Nach einer langen Kunstpause setzt Regen oder Sandgeriesel ein, es fallen einzelne Tropfen, die Natur erblüht in einem meditativen Frieden. Doch inochi – die Lebenskraft – will mehr, will wirken und explodiert zu einem heldischen Trommelwirbel.
Und das Publikum springt vor Begeisterung auf, klatscht, wie hypnotisiert von dieser neuen, noch nie gehörten Musik, die Maestro Sado mit der für ihn typischen Demut und tiefem Verständnis in die Seelen der Menschen getragen hat.
In einer wie aus allen Fugen geratenen Improvisation gaben die sechs Musiker des KODO Ensembles noch einmals eine Probe ihres Könnens ab. Einmal noch verbeugen und schon verließen Musiker, Trommler und Dirigent die Bühne. Schade,, das Publikum hätte sie alle noch gerne länger beklatscht.