Liz Moore: Der Gott des Waldes. C.H.Beck Verlag

Aus dem Englischen von Cornelius Hartz

Stephen Kings Urteil über das Buch ist auf dem Cover eingeblendet: „Von Anfang an ist es schwer, diesen langen Roman aus der Hand zu legen. Ab Seite 200…unmöglich.“ Daneben klebt der bekannte rote Aufkleber: Spiegel Bestseller. Auf der Coverrückseite findet man Kaufempfehlungen aller Art, etwa „Irre spannend und fesselnd“. Und zuguter Letzt der Hinweis: „Auf Barack Obamas Summer Reading List“ und „New York Times-Bestseller“e.

Wer kann bei so viel enthusiastischem Lob das Buch ungekauft – und daher ungelesen – auf den Ladentisch zurücklegen? Kaum jemand, es sei denn einer, der ahnt oder weiß: Soviele Vorschusslorbeeren sind ein Schuss, der nach hinten losgeht. Und so ist es auch!:

Zunächst der Inhalt in knappster Form:

In einer gottverlassenen Gegend in den Adirondack Mountains in Nordamerika (mit ausführlicher Karte der Gegend) hat die reiche Familie Van Laars ein Feriencamp für Kids von superreichen Eltern, die ihre Kinder gerne sicher, aber teuer in den Ferien in solche Camps abschieben, errichtet. Gleich zu Beginn der Geschichte verschwindet jedoch ein Mädchen, ausgerechnet die verwöhnte und ziemlich verhaltensgestörte Tochter der Besitzerfamilie. In der Vergangenheit gab es einen ähnlichen schweren Vorfall: es verschwand der kleine Sohn Bear ebenderselben Familie.

Auf 588 Seiten erzählt Liz Moore von der Suche nach diesen beiden Kindern, wobei sie in jedem Kapitel zwischen dem lang zurückliegenden Geschehen (von 1950 bis 1975) und der Gegenwart hin- und herswitcht, was die Spannung sehr mindert, sogar bis auf Null reduziert. Dazu kommen noch eine Unzahl von Personen, die aufgrund der kurzen Kapitel nicht wirklich gut charakterisiert werden. Es kommt bis S 200 nicht einmal die leiseste Spannung auf. Die einzige Spannung, die den Leser bei der Stange hält, besteht darin, dass er – der Leser – darauf wartet, dass es endlich spannend wird. Die Frage, wer nun der Gott des Waldes ist, bleibt unbeantwortet. Auf jeden Fall ein Titel, der viel verspricht und das Versprechen nicht einlöst.

Fazit: Der Leser ist wieder einmal durch geschicktes Marketing getäuscht worden.

Zur Zeit interessiert das Thema „Ferienlager“ für verwöhnte Kids auch eine andere Schriftstellerin. Hannah Richell beschreibt in ihrem Thiller „Das Wochenende“ (Rowohlt Verlag) eine sehr ähnliche Geschichte. Im Ferienlager in einer verlassenen Gegend in Cornwall verschwinden zwei Kinder. Auch hier agieren zahlreiche Personen, aber es gibt eine informative Personenübersicht. Und ähnlich wie im „Gott des Waldes“ eine ausführliche gezeichtnete Karte der Gegend. Die beiden Plots haben viel Ähnlichkeit, mit dem großen Unterschied, dass Hannah Richells Roman schon eher als spannend durchgehen kann.http://www.chbeck.de