Ronald Harwood, Der Garderober. Kammerspiele der Josefstadt

Ein  Theaterabend mit großartigen Schauspielern. Ein gediegener Text, der die Handschrift eines gewieften Dramatikers trägt. Kurz: Ein toller Abend.

Garderober wird einer genannt, der sich für „seinen“ Schauspieler aufopfert, mit unendlicher Geduld seine Launen erträgt und dafür sorgt, dass alle Requisiten bereit liegen, die Kostüme gereinigt und geflickt sind und vor allem, dass sein „Herr und Meister“, der Schauspieler, fit genug ist, damit das Stück stattfinden kann.

Ronald Harwood weiß, wovon er erzählt, war er doch selbst 1953-58 Garderober des englischen  Schauspielers Sir Donald Wolfit. Dieser war Prinzipal einer von ihm geführten und bezahlten Theatertruppe und zog während des Zweiten Weltkrieges über die Lande, um die Menschen vom Krieg und Bombenhagel abzulenken. (Nachzulesen im Programm).

Martin Zauner als Garderober Norman und Michael König als Prinzipal, von allen nur „Sir“ genannt, liefern eine schauspielerische Performance ab, wie man sie nur in Sternstunden auf dem Theater sieht. Ich habe Michael König noch nie so intensiv erlebt Schon sein Auftritt als verwirrter, leicht dementer Alter, der nicht einmal weiß, dass er Schauspieler ist, nur stumm und verloren vor sich hin starrt, ist ganz große Theaterkunst. Dem Garderober fällt nun die schwierige Aufgabe zu, diesen zu Tode erschrockenen und erstarrten Mann für die Rolle als König Lear vorzubereiten. Das Pingpongspiel zwischen den beiden ist amüsant, grotesk und tragisch: Die Zeichen deuten auf Niederlage – Sir will nicht spielen, ist krank, weiß nicht einmal, welche Rolle er spielen soll und hat seinen Text vergessen. Mit Geduld und Fingerspitzengefühl drängt der Garderober ihn, sich zu schminken und anzukleiden. Und der Zuschauer ist Zeuge, wie sich aus einem alten Tattergreis ein Lear herausschält. Die Stimme gewinnt an Kraft, der Körper spannt sich…er wird einen mächtig guten, ja seinen besten Lear spielen. Das Ende sei hier nicht verraten. Unbedingt ansehen! Große Schauspielkunst!

In dem informativen Programm erfährt man Einiges über die Theatersituation in London während des 2. Weltkrieges und danach. Wer war Sir Donald Wolfit? Wie erfolgreich war Ronald Harwood als Dramatiker und Drehbuchschreiber? Es zahlt sich aus, mit diesen Vorinformationen in das Stück einzusteigen.