Zülfü Livaneli, Serenade für Nadja, aus dem Türkischen von Gerhard Meier. Klett-Cotta

Livaneli zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern der Türkei. Aus seinen Romanen ist herauszupüren, dass er Filmemacher und Komponist ist. Denn seine Geschichten sind musikalisch und lesen sich wie Drehbücher -so griffig, ergreifend.
Livaneli baut seine Romane nach einem bestimmten Konzept: Immer steckt in einer Geschichte eine andere – die wesentliche, die wichtige, die erst enthüllt werden muss.Ähnlich wie im Roman „Schwarze Liebe, Schwarzes Meer“ erzählt ein alter Mann einer jungen Frau seine Geschichte – er schält aus der Vergangenheit die schrecklichen Ereignisse Scheibe für Scheibe heraus.
Maya, eine junge Türkin, arbeitet an der Universität in Istanbul.Sie bekommt den Auftrag,den betagten Professor Maximilian Wagner,der zu einem Gastvortrag eingeladen wurde, während seines Aufenthaltes zu betreuen. Das erweist sich als schwieriger als angenommen. Der alte Mann hat eigenartige Wünsche, unter anderem bei Eiseskälte an die Küste gefahren zu werden. Dort spielt er auf seiner Geige ein Musikstück. so lange, bis er fast erfriert. Maya rettet ihn vor dem Erfrierungstod, und Maximilian Wagner erzählt ihr die erschütternde Geschichte seiner Frau Nadja, einer deutschen Jüdin. Sie war auf dem bulgarischen Schiff Struma, auf dem über 700 Juden durch eine Explosion ums Leben kamen. Die Explosion war kein Unglück, sondern von England und der Türkei herbei geführt. Man wollte verhindern, dass diese 700 Menschen nach Palästina einreisen.
Wagner kehrt zurück in die Staaten, Maya kündigt an der Universität und beginnt die Geschichte Nadjas und Maximilians aufzuschreiben.
Livaneli ist ein Autor, dem es darum geht, die Verganheit, insbesondere während und nach dem 2. Weltkrieg, aufzudecken. Dabei schont er niemanden, insbesondere nicht die Rolle des türkischen Staates.
Packend erzählt, ohne ins Reißerische abzugleiten.
Silvia Matras empfiehlt diesen Autor!!