Bruno Pallandini: Dieses altmodische Gefühl. Residenz Verlag

Ein erfrischend unzeitgemäßes Thema: Die altmodische Liebe eines 50 Jährigen zu einer 70jährigen Schauspielerin in Pension. Der Erzähler ist Architekt, mangels Aufträge hat er auf Baumeister umgesattelt. Die Firma läuft bestens, Geld spielt keine Rolle. Er gibt sich den komischen Namen „Ildefons“ – wer denkt da nicht an das Konfekt Ildefonso? – seine Angebetete nennt sich Pernilla.Schon die Wahl der Namen führt dem Leser vor Augen, wie realitätsfern Thema und Personen sind. Er lernt sie kennen, als seine Arbeiter gerade dabei sind, den Plafond ihrer Wohnung zu durchbohren. Pernilla nimmt Chaos und Schmutz mit erstaunlicher Gelassenheit. Ildefons entschuldigt sich für dieses Missgeschick – und da beginnt die Beziehung. Zuerst ist er nicht mehr als begleitender Kavalier. Bei den Einladungen immer an ihrer Seite. Aus der Freudschaft wird von seiner Seite mehr. Sie aber gestattet nur zarte Wangenküsschen, maximal Händchenhalten. Als Ildefons mit ihr schlafen will, zieht sie sich zurück, bleibt für ihn durch Wochen unauffindbar. Er betrinkt sich, baut einen schweren Autounfall und hinkt von dieser Zeit an. Gerührt von seiner Verzweiflung eilt Pernilla herbei, um ihn zu pflegen. Offener Schluss. Alles bleibt in Schwebe.

Pellandinis Figuren könnten aus einem Schnitzlerstück entnommen sein: Ildefons, der sorglose Lebensgenießer. ER hat wenig Bodenhaftung, vergisst über diese aussichtslose Liebe sein Geschäft, schlittert fast in den Konkurs. Pernilla die kaprizierte Schauspielerin, die sich die Freunde wie Lakaien hält. Wien als parfümierte Umgebung: Salons, in denen man zum Diskutieren, Trinken und Intrigieren zusammenkommt. Ja, und natürlich die Liebe, was immer man darunter zu verstehen hat. Denn  genau weiß es Ildefons auch nicht. Obwohl er oft über „dieses altmodische Gefühl“ spricht. Pellandini zieht das heikle Thema – ältere Frau mit viel jüngerem Liebhaber – elegant und mit der angenehmen Würze der Ironie durch, ohne je moralisierend zu werden. Wie die Beziehung in der so genannten guten Gesellschaft Wiens aufgenommen wird, zeigt Pellandini mit lächelnder Distanz.