„Die Königin ist tot“ nach dem Roman von Olga Flor

Künstlerische Leitung, Regie: Anna Maria Krassnig. Regiemitarbeit:Jérôme Junod. Bühnenbild: Andreas Lungenschmid, Licht: Lukas Kaltenbeck. Eine Produktion von „wortwiege“

Ort:In einem Tonnengewölbe der Kasematten in Wiener Neustadt. Das Publikum wird durch die wuchtigen Mauern und Gänge auf das Drama eingestimmt.

Bühnenbild: Ein riesiger blauer Mauerbogen umspannt die Szenerie, die an einen vom Wasser überspülten Palast in Vendig erinnert. Stege ermöglichen noch ein mühevolles Weiterkommen. Über eine Treppe gelangt man in eine geheimnisvolle Höhe.

Die Akteurinnen: Drei Frauen (Nina C. Gabriel, Petra Staduan, Isabella Wolf). Sie sehen alle gleich aus, weil sie eine Frau in ihren verschiedenen Charakter- und Entwicklungsstufen darstellen. Sie heißt/heißen Lilly und erinnern in manchen Zügen an die Lady Macbeth aus Shakespeares gleichnamigen Drama.

Die drei Lillys (Foto: Andrea Klem)

Zu Beginn gleich ein Vorgeschmack, wie diese Lilly an die Macht kommt: Als Liftgirl bläst sie dem Medienzar Duncan bei jedem Stockwerk einen Orgasmus. Solch Geschick wird belohnt, er heiratet sie. Wie das so ist, tauscht er sie bald gegen eine Jüngere aus, sie bekommt seinen Stellvertreter. Dann dreht sich die Gewalt- und Intrigenspirale in einem wahrhaft mörderischen Tempo: Mord, Denunziation, Hinrichtungen… alles ist möglich! Bis zur Erschöpfung der Ladies/Lady, die Selbstmord begeht. Auch das Publikum ist erschöpft. Denn dieses Mörderspiel braucht höchste Konzentration. Kurze Absenzen werden sofort bestraft, denn man verliert den inhaltlichen Faden: Wer hat gerade wen umgebracht?

Aber der eigentliche Reiz dieses Spiels liegt in der faszinierenden Inszenierung: Alles dreht sich um Lilly/ die Lillys. Nur ihre Sicht gilt. Die zahlreichen Männer dürfen auch mitreden, aber nur im Off als Fotomontage und als Zitate aus dem Mund der Ladies: „..sagt er“. Olga Flor und die Regisseurin haben durch die drei Lillys einen sezierenden Blick auf die Männerwelt geworfen. Doch zugleich entblösst und denunziert Olga Flor auch das heutige Frauenbild. Mitleidlos reißt sie den Frauen die Maske herunter. Darunter kommt ein berechnender Charakter hervor, dem alle Mittel recht sind, die Männer mit Sex und Intrigen klein zu kriegen. Mit glasklarer, sezierender Sprache und in einem fast archaischen Rhythmus deklinieren die drei Lillys die Begriffe Sex, Verführung, Intrige, Lüge und Mord herunter. Da stehen sie in Nichts den Männern nach.

Eine beeindruckende Leistung. Leider verabschiedet sich die Gruppe „wortwiege“ fürs Erste und kommt erst wieder im Herbst 2021. Dann mit einem neuen Programm, auf das man gespannt sein darf!.

http://www.wortwiege.at