Landestheater Niederösterreich: Friedrich Schiller: Kabale und Liebe.

Foto: Luise: Emilia Rupperti, Ferdinand: Tobias Artner, Walter: Tilman Rose, Wurm: Tim Breyvogel, Vater Miller: Andreas Patton.

Es beginnt eindrucksvoll mit exerzierenden Soldaten. Damit wird das Hauptthema angeschnitten: Schiller schrieb dieses Drama in seiner Sturm und Drangzeit. Er klagte die Despotenmacht der Fürsten an, die Soldaten zwangsrekrutieren, sie nach Amerika verschicken und für jeden hohe Summen kassieren. Mit diesem Blutgeld füllen sie ihre Staatskassen und können sich jeden Luxus leisten, wie etwa teuren Schmuck für die jeweilige Mätresse.

Dieser an sich gute Regieeinfall (Regie: Alexander Charim) geht aber ins Leere, wenn man nicht die historischen Fakten kennt. Erst viel später erklärt sich diese Szene im Gespräch zwischen Lady MIlford und dem Kammerdiener des Fürsten, wenn die Lady erfahren muss, womit all der Schmuck und Luxus bezahlt wird.

Interessant, aber nicht immer nachvollziehbar sind auch die Szenen, in denen die Schauspieler auf eine Wand klettern und mit eigenartigen Instrumenten unangenehme Geräusche erzeugen. Der Sinn dieser immer wiederkehrenden Aktionen hat sich mir nicht erschlossen. Sollen es die Misstöne in der Gesellschaft sein?

Schiller war Revoluzzer und Moralist. In all seinen Dramen ging es um den Konflikt zwischen Pflicht und Neigung und um die Fragestellung: Wer darf Macht über andere Menschen ausüben? In „Kabale und Liebe“ ist so gut wie die ganze Schillersche Tragödientheorie ablesebar: Luise entscheidet sich, ihre Liebe zu opfern, um das Leben des Vaters zu retten. Sie handelt nach dem, was ihr die Pflicht gebietet. Sie weiß sehr früh, dass ihre Liebe zum Sohn des Präsidenten keine Zukunft hat. Denn das Gesellschaftgefüge ist starr und es zu durchbrechen unmöglich. Ferdinand, der Träumer und Idealist, glaubt daran, dass Gesellschaftsschranken niedergebrochen werden können. Vater Miller ist der gehorsame Untertan, der die gesellschaftlichen Schranken ohne zu hinterfragen akzeptiert. Der allmächtige Fürst bleibt unsichtbar, spielt aber in jeder Szene die führende Rolle. Denn ohne seinen Willen kann gar nichts passieren. So hat jede Figur ihre theoretische Rollenaufgabe.

Aktueller denn je ist dieses Drama, weil Schmutzkübel und Intrigen der Politik offen dargelegt werden. Der Sekretär Wurm übernimmt gerne die kriecherische Rolle des Intriganten, wenn er nur damit seine eigenen Ziele – die Heirat mit Luise – durchsetzen kann. Ebenso der Präsident, Vater Ferdinands. Nicht ganz einsichtig war, warum der Regisseur den Schluss radikal verändert hat. In der Originalfassung vergiftet Ferdinand Luise und sich selbst. Charim hingegen meidet diesen eindeutigen, dramatisch sehr wirksamen Schluss und entlässt die Figuren in eine ungewisse Leere.

Dieser schwierigen Aufgabe, dem politischen Statement, den moralischen Aussagen und den hohen Idealen, die Schiller in all seinen Dramen postuliert, gerecht zu werden, gelingt in der Aufführung nur teilweise. Manchmal fehlt es an Wortdeutlichkeit, dann wieder am richtigen Umgang mit der nicht immer einfachen Sprache Schillers. Denn die ist kräftig, treffend, aber weit entfernt von unserem heutigen. von der digitalen Welt geprägten legeren bis sinnentleertenUmgangston.

Freundlicher Applaus

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