Ileana Cotrubas und Manfred Ramin: Die manipulierte Oper. Verlag Der Apfel

Ein Buch, das jeder Kulturinteressierte gelesen haben muss. Welch Erleichterung, dass endlich Autoren, die es wissen, weil sie die Misere am eigenen Leib erfahren mussten, offen über die Krankheit „Regietheater“ schreiben und hinter die Kulissen blicken. Was übrigens für die Oper gilt, gilt für jedes Theater. Wie ich schon andernorts schrieb, gibt es gutes Theater und Regietheater. Letzteres ist zunehmend unerträglich geworden

Ileana Cotrubas war seit den 1970er Jahren auf allen Opernbühnen der Welt zu Hause, sang Susanna, Manon, Violetta und viele andere Partien. Manfred Ramin war Dirigent und managte die Karriere seiner Frau. Beide sind also mit dem Opernbetrieb bestens vertraut. Und sie haben den Mut, über den Missbrauch zu schreiben. Regisseure – und sie nennen bekannte Namen wie Neuenfels, Kusej oder Calixto Bieito – missbrauchen das Werk, um durch skandalöse Inszenierungen zum Theatertreffen nach Berlin eingeladen zu werden. Je skandalöser eine Inszenierung ist, desto mehr steigt der Ruhm des Regisseurs. Die Liste der „Parasitenregisseure“, wie die Autoren sie nennen, kann beliebig verlängert werden. Parasitenregisseure deswegen, weil “ es sich dabei um Gebilde handelt, die aus eigener Kraft nicht existieren können. Sie sind auf einen Träger angewiesen, den sie dann oft überwuchern.“ (S 42)

Die Autoren bleiben nicht an der Oberfläche, sie gehen in die Tiefe des Übels. Das beginnt beim Direktor – welche Regisseure bestellt er? Wann weiß der Sänger, die Sängerin (der Schauspieler, die Schauspielerin), welcher Regisseur inszenieren wird? – Meist viel zu spät, um aus der Produktion noch aussteigen zu können. Warum bestellen Politiker – und hier seien einmal mehr für Österreich Andrea Mayer und Veronika Kaup-Hasler genannt – immer wieder unfähige Direktoren? Interessiert sich die Politik überhaupt für Kultur? Eher sehen die Zuständigen sie als notwendiges Lockmittel für Touristen.

Hoffnung blinkt da und dort auf – erstens durch dieses ungemein wichtige Buch, das man jedem Kulturverantwortlichen auf den Schreibtisch legen und ihn zur Lektüre verpflichten müsste. Dann durch Künstler, wie Nikolaus Habjan oder den Dirigenten Philipp Jordan, die sich offen gegen das Regietheater stellen. Und durch den Kurierjournalisten Thomas Trenkler, der immer wieder in seinen Artikeln auf die fragwürdigen Bestellungen von leitenden Posten in der Kultur hinweist.

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