Joseph Roth: Radetzkymarsch. Theater in der Josefstadt

Regie und Dramatisierung: Elmar Goerden

Den Roman über den Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie für das Theater zu adaptieren verlangt profundes Wissen über das Werk Joseph Roths, die Zeit und die historischen Fakten, aber ebenso viel Gespür, was im Theater möglich und wirksam ist. Elmar Goerden gelang die Umsetzung des Romans in ein Theaterstück perfekt! Durch die Einführung eines Erzählers, der kommentiert und die Gedanken der Figuren formuliert, die diese nicht auszusprechen wagen, bekommt das szenische Geschehen eine epische Erzählstruktur. Zugleich treibt Goerden seine Figuren in ein wahnwitzigen Tempo hinein – sie stolpern, rennen in den persönlichen Untergang und in den Untergang der alten Welt und der Monarchie. Vielleicht geschehen Schauplatz- und Rollenwechsel ( bis auf Joseph Lorenz und Florian Teichtmeister übernehmen alle mehrere Rollen) manchmal zu rasch. Wer mit dem Roman nicht vertraut ist, der mag manchmal Schwierigkeiten mit dem rasanten Ablauf haben.

Silvia Merlo und Ulf Stengl schufen ein fragiles Gebilde aus Papier und dünnen Holzleisten, das so schnell und leicht zusammenbricht wie die Monarchie.

Getragen wird der Abend von der intensiven Spielstärke des ganzen Ensembles. Da schwächelt nicht eine einzige Figur. Joseph Lorenz hat sich in der Rolle des Bezirkshauptmanns Freiherr von Trotta und Sipolje geradezu neu erfunden. Bisher kannte man ihn als Charmeur, Intrigant oder arroganten Ehemann. Nun also ein alter Mann, der präzise nach Reglement und Uhr lebt. Scheinbar liebeleer und einsam. Aber hinter der steifen Beamtenfassade hat er viel Liebe für seinen „patscherten“ Sohn Carl Joseph (großartig Florian Teichtmeister). Diesem Sohn „passiert“ das Leben, ohne dass er selbst viel dazu tut. Zwei Frauen (sehr wandlungsfähig: Pauline Knof) lieben ihn und bezahlen diese Liebe teuer. Er weiß von diesem Opfer nichts. Erstaunt sieht er die Welt um sich untergehen. Handlungsunfähig wird er von anderen bestimmt: Zuerst von seinem Vater, dann von den Frauen, später von den Militärkameraden. Und auch sein Tod „passiert“ ihm.

Eine besondere Doppelrolle spielt Andrea Jonasson. Als schwarz-düsterer Erzähler zu Beginn, dann als Graf Chojnicki. In einer starken Szene prophezeit sie/er hellsichtig und in verzweifelter Selbstironie den Untergang der Monarchie. Alles in allem ein interessanter und spannender Theaterabend.

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