„Salon Zuckerkandl. 1938 geschlossen“ im KIP-Kultur im Prückel

Dieses Theater unter dem Café Prückel muss man einfach mögen: Versteckt unter dem immer voll besetzten Café steigt man über Stufen hinunter in eine Welt von gestern, Jugendstilambiente in hellem Grün. Das Theater selbst hat noch das typische Flair eines ehemaligen Kellertheaters – allerdings auf edel: rote Sitze, roter Samtvorhang, die Guckkastenbühne rot ausgeschlagen. Und so passen die Stücke, die hier gespielt werden, zu dieser Vergangenheit. Es ist die österreichische Vergangenheit – Beginn um die Jahrhundertwende bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges, die im „Salon Zuckerkandl“ gezeigt wird. Verblüffend, wie oft man als Zuseher denkt: Gut, dass dieses mahnende Stück jetzt gespielt wird, es ist genau der richtige Zeitpunkt: rundum in Europa und auf der WElt  wird der Ruf nach dem „starken Mann“ laut. Wohin so ein Wunsch führt, zeigt dieses Stück ganz deutlich.

Berta Zuckerkandl führte ihren Salon in Wien in der Oppolzergasse mit viel Gespür für kulturelle und politische Entwicklungen. Sie floh vor den Nazis 1938 zuerst nach Frankreich und später nach Algerien. Wenige Monate nach Kriegsende stirbt sie in Paris.

Helmut Korherrs Theaterstück ist ein lebendiger Geschichtsunterricht: Im Hintergrund werden Projektionen der jeweiligen Handlungsorte eingeblendet – von der Pariser WEltausstellung 1937 beginnend bis zum Purkersdorfer Sanatorium, wohin sich Berta ZUckerkandl vor den Nazis zurückzog. Dazwischen sieht man die Karikatur des Autors Karl Kraus, der seine kritisch-bissigen Kommentare( gesprochen von Itze Grünzweig) über „die Zuckerkandl“ abgibt. Der Regisseur Kurt Ockermüller kommt mit 4 Schauspielern aus: Ulli Fessl sehr glaubwürdig und besonders im 2. Teil berührend als Berta Zuckerkandl, Roman Kollmer, Kurt Hexmann, Reinhard Steiner in ganz unterschiedlichen Rollen. Jeder wechselt blitzschnell von einer Rolle in die andere, wodurch die Spannung erhalten bleibt. Alle wechseln ohne Pobleme in die verschiedenen Sprachfärbungen und schlüpfen gekonnt in die verschiedenen Charaktere, wie Freud, Hofmannsthal, Schnitzler etc. Schmunzelnd registriert man als Zuseher die typischen Wiedererkennungeffekte. So ist etwa Gustav Mahler gut an seiner exaltierten Gestik zu erkennen, Freud an seinem durch den Zungenkrebs gehinderten Sprechen.

Ein Theaterabend, der zum richtigen Zeitpunkt stattfindet. Interessant gestaltet und gut gespielt.

Weitere Termine: 26., 27., 28. April, 3., 4., 5. Mai 2017 Karten: 01/ 512 54 00 oder: office@kip.co.at

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