Serena Dandini, Die Frau in Hitlers Badewanne

Aus dem Italienischen von Franziska Kristen. btb

Was für eine vertane Chance! Eine interessante Frau mit einem aufregenden Leben hätte eine tolle Biografie oder einen ebensolchen Roman verdient. Aber das Buch ist weder noch. Durch Zeitsprünge und langweilige Anhäufungen von Namen, von denen bis auf Man Ray, Picasso, Breton und Max Ernst die anderen ziemlich unbekannt sind, verliert das Buch an Spannung. Außerdem spricht mitten im Text die Autorin über ihre Gefühle, wenn sie die Fotos ihrer Protagonistin ansieht. Was völlig deplaziert wirkt und ebenfalls den Lesefluss stört. Wenn sie die Protagonistin immer mit dem Attribut „die schönste Frau der Welt“ oder Ähnlichem versieht, so wirkt das aufgesetzt und ein wenig einfältig. Warum gibt es kein einziges Foto von Lee Miller? Eine Biografie über eine Fotografin ohne Fotos!?

Lee Miller ist die Frau in Hitllers Badewanne. Auf dem Cover ist eine Frau zu sehen, die in einer Badewanne sitzt und sich dabei selbst fotografiert. Sie ist auf ihrer Fotorecherche durch die Gräuel des Nachkriegsdeutschland und der Konzentrationslager am Ende in der Wohnung Hitlers gelandet und fragt sich entsetzt und verstört, wie so ein Monster so bieder wohnen konnte. Wie um den Mythos Hitler zu zerstören, lässt sie sich in seiner Badewanne nackt fotografieren.

Der Roman/ die Biografie beginnt mit dieser Szene. Dann springt die Autorin in die Kindheit Lees zurück. Elizabeth „Lee“ Miller wurde 1907 in Poughkeepsie , USA geboren. Früh schon lernte sie für ihren Vater als Fotomodell zu posieren. Sehr jung wurde sie zu einem best bezahlten Fotomodell der Vogue. Sie genießt das Party- und flirrende Liebesleben, wechselt ihre Liebhaber, langweilt sich rasch, beschließt die Seite zu wechseln: Sie reist nach Paris und wird zunächst Assistentin, dann Partnerin und Liebhaberin von Man Rey. Von ihm lernt sie die Kunst der Fotografie. Wechselt Liebhaber ohne mit der Wimper zu zucken, heiratet einen reichen Ägypter, bei dem sie sich auch sehr bald langweilt. Wieder in Paris bewegt sie sich im Surrealistenkreis um Breton und fotografiert die Künstlerszene. Im 2. Weltkrieg ist sie eine der wenigen weiblichen Kriegsberichterstatterinnen. Man gewinnt mehr und mehr den Eindruck, dass Lee Miller ihr Leben verbrennt. Aus Langeweile. Die jedoch schlagartig nach den entsetzlichen Eindrücken in Dachau in tiefe Depressionen umschlägt. Ihre letzten Lebensjahre verbringt sie in England, heiratet Roland Penrose, bekommt einen Sohn. All dies lässt sie aber im Inneren kalt. „Der Schritt von der atemberaubenden, schönen Muse zur armen, alten Irre ist nicht allzugroß“ konstatiert die Autorin (S255) Lee Miller -Penrose stirbt 1977 an Krebs. Verhärmt und in tiefer Depression.

www.penguin.de/btb-Verlag