Volksoper Wien: „The Lady in the Dark“

Musik: Kurt Weill, Buch: Moss Hart, Gesangstexte: Ira Gershwin

Was für ein Kontrastprogramm zu dem tristen, deprimierend-düsteren „Don Carlo“ in der Staatsoper. Finster schwarze Bühne, Rampensänger ohne Ausstrahlung, die wie singende Statuen wirken. Das war am 25. Dezember. Dann am 26. Dezember in der Volksoper: Heiterkeit,, Farbigkeit, intelligenter Humor, flotte Musik!!!

Dirigent James Holmes heizt dem Orchester und dem Chor ordentlich ein. Unter den zündennden Melodien von Kurt Weill lässt er die Darsteller und mit ihnen das Publikum mit Leib (Darsteller) und Seele (Darsteller und Publikum) tanzen. Man möchte aufspringen, mittanzen. Zumindest oft und oft mit Szenenapplaus die Tänzer und Sänger anfeuern, die sich bis zum Äußsersten steigern.

Unter der einfallsreichen Regie von Matthias Davids entwickelt sich das Drama um Liza Elliott (Julia Koci). Sie ist als Chefin und Herausgeberin einer großen Modezeitschrift ein gefürchtetes Biest, in ihrer Seele aber gärt es, sie will nicht mehr kämpfen, biestig und launisch sein. Sie ist zwar nicht gar so eisig wie Meryl Streep als Chefin („Der Teufel trägt Prada“), aber viel fehlt nicht. Doch in ihr geht eine Veränderung vor, die sie nicht einordnen kann. Burnout würde man heute sagen. Als gelernte Amerikanerin geht man zum Psychiater – ganz professionell gespielt von Robert Meyer. (Wir werden ihn vermissen!!!!) Geschickt entwickelt sich nun ein Stück Leben zwischen Traumsequenzen und Realität. Dank des phantasievollen und witzigen Bühnenbildes von Hans Kudlich, der einfallsreichen Kostüme von Susanne Hubrich kommt man aus dem Staunen und Lachen nicht heraus. Keine Minute Langeweile, weil der Szenenwechsel rasch und meist auch sehr witzig vor sich geht. Nicht zu vergessen sind die tänzerischen und akrobatischen Leistungen des ganzen Ensembles und des Staatsballetts, die unter der Leitung des Choreographen Florian Hurler ein tänzerisches Feuerwerk abliefern.

Julia Koci gibt die nervöse Chefin ebenso überzeugend wie die unsichere Frau, die erst durch die Psychoanalyse und die Traumdeutung zu ihrem wahren Ich vordringt. Ein wenig Ironie darf auch dabei sein, wenn die Traumata aus den Erinnerungen gar stark gewichtet werden. Ironie oder Überzeugung? Das weiß man nicht so genau. Jakob Semotan ist als der leicht tuntige Russell Paxton eine Lachnummer, aber als Zirkusdirektor schießt er mit seinem Lied über russische Komponisten den Vogel ab. Da capo und 1x noch am Schluss als Draufgabe!!! Eine wahre Meisterleistung, dieser Zungenbrecher!

Ben Gonnor gibt eine echte Westernheldparodie! Witzig, nie peinlich!Martina Dworak sprang für die als K1 in die Quarantäne geschickte Johanna Arrouas als eitle, leicht dumme Alison Dubois ein und machte ihre Sache großartig.Axel Herrig gab einen seriösen Kendall Nesbitt. Jede einzelne Figur war bis in die Fingerspitzen überzeugend.

Es war ein Abend, der Corona und die Maske völlig vergessen ließ. Danke für drei Stunden bester, intelligenter Unterhaltung mit einigem Tiefgang,

Man fragt sich nach so einer exzellenten Aufführung wieder einmal: Warum haben Sie, verehrte Frau Kulturstadträtin, den Vertrag von Robert Meyer nicht verlängert?

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