Wiener Staatsballett: „mahler, live“

„live“. Ein Videoballett. Verschiedene Musikstücke von Franz Liszt. Choreographie: Hans van Manen. Kostüme: Keso Dekker. Licht: Bert Dalhuysen.

Mit Olga Esina und Marcos Menha, Kamera Balázs Delbo. KLavier Shino Takizawa. Titelfoto: Olga Esina © Ashley Taylor/Wiener Staatsballett.

Diese Choreographie aus den späten 70er Jahren gilt als das „Signaturwerk“ von Hans van Manen und fasziniert heute genau noch so wie vor Jahren. Mit „live“ geht Hans van Manen zurück in die 1970er Jahre, als die Videotechnik das Theater eroberte. Das Ballett „live“ ist ein spannender Dialog zwischen einer Tänzerin (Olga Esina) und dem Kameramann Balácz Delbò, einem ehemaligen Tänzer der Wiener Staatsoper, jetzt Kameramann. Er filmt auf der Bühne „live“ die Tänzerin, folgt ihren Bewegungen, zeigt ihr Gesicht in Großformat, lenkt den Blick der Zuseher auf Details wie Beinarbeit oder die Bewegungen der Hände. Sie trägt ein rotes Kostüm, tanzt vor schwarzem Hintergrund, In der Videoprojektion erscheint sie in Schwarz-Weiß. Es entsteht ein Spiel zwischen Realität und Schein (Video), einmal ist dieTänzerin auf der Bühne realer, packender, dann wieder verschwindet sie in die Irrealität des Bildes. Als ein Tänzer (Marcos Menha) die Bühne betritt, entwickelt sich eine kurze Geschichte des Abschiedes. Sie tanzen aufeinander zu, trennen sich. Die Tänzerin verlässt die Bühne und betritt die Gänge der Oper – nur mehr auf Video zu sehen. In den Gängen setzt sich die Auseinandersetzung des Paares fort. Nach einer Annäherung folgt die Trennung. Die Tänzerin verlässt die Oper und geht auf die Straße hinaus. Olga Esina tanzt konzentriert, kühl, aber dennoch geht von ihr eine starke Faszination aus, die sie in der Begegnung mit dem Mann (Marcos Menha) durch Annäherung bis zur gänzlichen Ablehnung auslebt.

Ein spannender Auftakt! Und der pure Kontrast zu dem 2. Teil des Abends,

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Mahler Symphonie Nr.4. Choreographie: Martin Schläpfer. Dirigent: Patrick Lange. Bühne: Florian Etti. Kostüme: Catherine Voeffray. Licht: Thomas Diek

Martin Schläpfer setzte das gesamte Ballettensemble ein und schuf so eine großartige Interpretation der 4. Symphonie Gustav Mahlers. Unter dem Dirigat von Patrick Lange entfaltete sich die ganze Schönheit dieses Werkes: Einmal wirbelten die Elevinnen und Eleven wie Kobolde über die Bühne und ließen den Humor Mahlers und Schläpfers aufblitzen, dann wieder kamen Paare mit berührenden Pas de deux-Szenen, die dem heiteren Treiben eine ernste Note entgegensetzten. Ein Höhepunkt war das Adagio. Zu Beginn tanzen Männer ohne Musik, vielleicht zitiert Schläpfer Thomas Manns „Tod in Venedig“. Bilder von Viscontis Filmversion steigen auf …dann leitet ein wunderbarer Pas de deux die Stimmung des Adagio ein. In den folgenden Bildern lässt Schläpfer den Zuseher in die Schwermut Mahlers versinken, verstärkt durch die traumhafte Lichtregie (Thomas Diek). Von oben senkt sich ein Lichtdreieck mit einem Stab, dessen Muster aus dem Jugenstilrepertoire entnommen ist – eine feine Anspielung an die Entstehungszeit. Der 4. Satz ist die Vertonung eines Volksliedes aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“: „Wir genießen die himmlischen Freuden“ singt Florina Ilie mit ihrem wunderbaren Sopran. Das ganze Ensemble tanzt zu dieser Melodie der puren Lebensfreude!!!

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