Wolkenturm- Grafenegg: Philipp Hochmair: Jedermann reloaded mit seiner Band „Die Elektrohand Gottes“

Wer am Vorabend Hochmairs Interpretation der Schillder Balladen erlebt hat (s. den Beitrag vom 29. Juli), der hat ein heftiges déjà vu -Erlebnis: Der Wagen mit dem Leitschutzsystem, die Kreuze -diesmal sehr passend – und die roten Grablichter erinnern daran. Auf dem Wagen werden statt der Balladentitel die Personen angezeigt, die gerade von Hochmair in einer fulminanten Doppelkonference gespielt werden. Und das ist durchaus reizvoll, oft sogar recht humorvoll, bis gewollt respektlos. Hochmair spielt den reichen Protz im Tarnanzug, mit Zigarre und Sonnenbrille, offenbar seine Lieblingskostümierung. Geld, Geld ist ihm das Wichtigste: „Durch Geld wird der Mensch der Gottheit gleich!“ -In diesen Passagen wirkt das Spektakel sehr heutig! Er speist die diversen Bittsteller mit einem Schilling ab, hört sich das Gejammer seiner alten Mutter ungeduldig an. Ungeduldig, weil er seinen Lustgarten für die Buhlschaft endlich fertig stellen will. Anders als in früheren Aufführungen gibt es diesmal keine leibhaftige Buhlschaft, sondern er selbst spielt sie. Als lustvolle Lebensgenießerin, die mit ihm im Lustgarten heiße Küsse tauscht – eine dieser komischen Szenen! Sie zögert keine Sekunde, die Begleitung ins Jenseits dezidiert abzulehnen. (Ganz anders in Salzburg, wo die jetzige Buhlschaft im Interview von „Gleichstellung“ und „Liebe“ zwischen Jedermann und ihr schwadroniert)

Im zweiten Teil des Stückes hat auch Hochmair die liebe Not, die Wandlung des Jedermann vom geilen Geck zum gläubigen Menschen glaubhaft über die Bühne zu bringen. Aber das liegt ganz an der Problematik des Stückes selbst. Einer, der so das Leben genießt und keine Reue oder Mitleid kennt, wird in der Stunde des Todes „gläubig“?. Wenn Hochmair noch so viel Kreuze in die Höhe hält, es ist letztendlich die Todesangst und nicht der Glaube, der ihn ausrufen läst: „Ich glaube!“. Der Schluss ist die Crux des Stückes, weil es Hofmannsthal nicht wirklich gelungen ist, die Umkehr des Reichen in einen Büßer glaubhaft auf die Bühne zu bringen. An diesen letzten Szenen sind schon einige Regisseure in Salzburg gescheitert. Hochmair ist klug, und macht das relativ schlicht, ohne großes Pathos

Ein tatkräftiger Mitspieler ist die Musik der Gruppe – sie treibt den Reichen zu orgiastischen Rocktänzen an (ähnlich wie bei Schillers Balladen), sie führt ihn empathisch durch seine Ängste und wirkt ungewöhnlich leise in den Schlussszenen.

Begeisterter Applaus und standing ovation!!

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