Andrea De Carlo: Das wilde Herz. Diogenes

Aus dem Italienischen von Petra Kaiser und Maja Pflug

Er hat es wieder einmal geschafft! Andrea De Carlo fesselt seine Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Das Thema ist so alt wie auch klischeeverdächtig: Mara Abbiati ist eine temperamentvolle junge Bildhauerin, Italienerin. Craig Nolan ein etwas in die Jahre gekommener, aber weltberühmter Anthropologe. Engländer durch und durch. Seit sieben Jahren führen sie eine Ehe, die bereits einem eintönigen Rhythmus folgt: Die Winter verbringen sie in England. Ein paar Sommerwochen in einem gottverlassenen Dorf in den Bergen von Ligurien. In einem ziemlich ramponierten Haus, in das sich Mara in ihrer Jugend verliebt hatte. So weit der Klischeerahmen. Aber De Carlo weiß mit diesem Klischee virtuos zu spielen, zerlegt es, kaut es wieder und spuckt es verächtlich aus.

Ein heißer Sommer. Craig will kaputte Dachziegel reparieren und stürzt ein. Die Verletzungen sind nicht lebensgefährlich, aber gehhinderlich. Wie vom Himmel gefallen braust ein Supertyp (Pferdeschwanz, Tätowierungen, Muskeln überall) auf einem Supermotorrad an und bietet sich an, mit seiner Truppe um eine erstaunlich geringe Summe das Dach in wenigen Tagen zu reparieren. Klar, was kommt: Der temperamentvollen Mara, die sich schon lange mit ihrem faden Ehemann langweilt, gefällt dieser Ivo, von dem sie nichts weiß, nicht woher er kommt, woher er das Spitzenbaumaterial und die Schwarzarbeiter hat. Für Craig ist das alles ein Dauerärgernis. Er soll seine nächste Fernsehsendung vorbereiten, Artikel schreiben – aber immer wieder gehen ihm dieser Ivo und Maja durch den Kopf. Und dann brausen die beiden auch noch für einen Nachmittag ab…Mehr sei hier nicht verraten.

Stilistisch zieht sich De Carlo großartig aus der Klischeeschlinge. Seitenweise, ohne den Leser zu fadisieren, lässt er Craig menschliches Verhalten analysieren und wissenschaftliche Erklärungen für das Unverstehbare zu finden. Da steckt eine gehörige Portion Ironie und Angriff gegen verknöcherte Wissenschaft, die am Leben vorbei geht, darin! Die Geschichte zwischen Mara und Ivo lässt der Autor geschickt bis zum Schluss in der Schwebe, immer wieder unterbrochen von den einsamen Gedanken Maras und den wirren Überlegungen Ivos. So ganz nebenbei liefert De Carlo noch eine köstliche Analyse vom Leben in dem abgelegenen Dorf, von den vergeblichen Versuchen des „Fremden“, sich in dieser für ihn öden und leeren Umgebung zu beheimaten.

Unbedingt lesen!!