4. Konzert des Zyklus Festkonzere der Wiener Symphoniker, im Rahmen von „Porträt Sol Gabetta“
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Anton Webern: Im Sommerwind. Idylle für großes Orchester (1904). Dirigent: Lorenzo Viotti
Es muss wohl ein Traumsommer gewesen sein, den der 21-jährige Anton Webern 1904 auf dem Kärntner Landsitz der Familie verbrachte. Voller Begeisterung ließ er sich von dem Gedicht Bruno Willies „Im Sommerwinde“ zu der der zärtlichen Hommage an Sommerdüfte und laue Winde inspirieren. Noch konnte er frei und ungezwungen vor sich hin komponieren, in die strenge Schule Arnold Schönbergs trat er erst später ein. Daher erlaubte er sich in Anklängen an Wagner. Strauss oder auch Hugo Wolf zu schwelgen, jedoch schon mit durchaus eigener Prägung.
Lorenzo Viotti lässt die Romanze voll wirksam erklingen: Gleich zu Beginn gleiten die Streicher, gefolgt von den leisen Bläsern in ein Traumgefilde. Ohne Effekthascherei arbeitet Viotti die leisen Töne heraus, fast fängt er sie mit den Händen ein, um ihnen noch nachzuhören. Ja, man kann sagen, Viotti huldigt in dieser Komposition den leisen, ganz zarten Töne. Jeder einzelne hat seinen Wert, verhallt langsam und lange. Für das Publikum, das vielleicht gestresst oder deprimiert von den aktuellen Nachrichten war, die ideale Musik, um Sommer ohne Welt und ihre Kriegsklänge einströmen zu lassen.
Camille Saint-Saens, Konzert für Violoncello und Orchester Nr.1 a-moll op.33. Violoncello: Sol Gabetta. Dirigent: Lorenzo Viotti
Auch wenn Romain Roland den Freund als einen Menschen charakterisiert, der“ von keiner Leidenschaft geplagt wird“ (Zitat aus Programmheft S 9) und ihm alles Dämonische, Dionysische abspricht, so widerlegt die Aufführung dieses Konzertes ganz und gar diese Meinung. Camille Saint Saens weiß sehr wohl aufs Ganze zu gehen, Sol Gabetta kann auf der Stradivari aus 1717 (eine Leihgabe der Stradivari-Stiftung Habisreutinger-Huggler-Coray) all ihre Kraft und Flinkheit demonstrieren. Ihre Läufe sind präzise, schnell und beeindruckend. Viotti breitet den Orchesterklang als sorgfältig ausgebreiteten Teppich unter ihr virtuoses Spiel. Der Komponist reflektiert seine ruhelose Fahrten durch die Welt, nur manchmal gönnt er sich – also dem Orchester und der Solistin – Ruhe, Einhalt. Dann hört man leichtfüßige Tänze und meint, einen nachdenklichen Komponisten zu vernehmen.
Großer Jubel für die Solistin!
Nikolai Rimski-Korsakow: Scheherazade op.35. Dirigent: Lorenzo
Die gängige Meinung, Rimski-Korsakow habe eine „Allerweltsmusik“ geschrieben, widerlegte Viotti durch sein temperamentvolles Dirigat ganz und gar.. Nein, so klingt keine Allerweltsmusik. Unter den Händen von Lorenzo Viotti konnte man die Geschichte des Sultans, dessen Grausamkeit erst durch die Klugheit und zärtliche Sinnlichkeit der schönen Scheherazade bezwungen wird, fast „mitlesen“. Dem heftig aufbrausenden Orchesterklängen antwortet Scheherazade mit überirdisch schönen Geigensoli und Oboenklängen. Kriegsgeschrei gegen weibliche Sanftmut und Verführung!
Großer Jubel am Schluss und langer Applaus für das Orchester und seinen Dirigenten!