Landestheater Niederösterreich: Thomas Mann: Der Zauberberg

Inszenierung: Sara Ostertag, Bühne Nanna Neudeck, Kostüme Clio Van Aerde, Dramaturgie: Julia Engelmayer und Maria Muhar

Aus einer riesigen Röhre kriecht Hans Castorp (Tilman Rose) aus der „Unterwelt“ an die Oberwelt des Sanatoriums in Davos, hoch in den Bergen. Ein Riesending, das einer Krake oder den menschlichen Rippenbogen gleicht, füllt die Bühne. Zuallererst muss sich der Besucher mühevoll orientieren, wer wen darstellt. Denn mit Ausnahme von Hans Castorp, der eindeutig ein Mann ist, sind die anderen Personen nicht so leicht in ihrem Geschlecht identifizierbar. Also: Settembini wird von einer Frau gespielt (Bettina Karl) – übrigens ist ihre Aussprache am klarsten. (Oben auf dem Balkon konnte man viele Textstellen nur bruchstückhaft verstehen). Die schöne Clawdia Chauchat wird von Tim Breyvogel dargestellt. Eher als Frauenfigur abtörnend. Den Vetter Joachim spielt Marthe Lola Deutschmann. Dieses Vexierspiel mit der Genderproblematik darf ja in keiner Inszenierung mehr fehlen und wirkt schon ein wenig abgenützt.Alles nach dem Motto: Nichts darf so sein, wie es scheint.

Zu einer melancholischen Hintergrundmusik (Clara Luzia und Catharina Priemer-Hunpel) spielt man nun Sanatorium, besser sollte man sagen: Irrenanstalt. Denn was Sara Ostertag aus dem feinsinnigen Roman über den Untergang einer verkorksten Gesellschaft gemacht hat, schrammt gefährlich am Klamauk entlang. Da schlurft eine Art Yeti im schmutzigrauen Zottelfell über die Bühne, hüpft dem auf der Röhre Schlafenden auf die Brust, da kleckert der Arzt mit Farbe herum, spritzt die Röntgenbilder auf die Brust der Patienten, , taumeln die Figuren durch Nebelschwaden – die bis hinauf auf den Balkon trotz Maske zu riechen sind. Da wühlt ein leicht verwirrter Hans Castorp am Schluss in einem Plastikherz, später im Schnee. Was fehlt noch aus dem gängigen Repertoire des Regietheaters – ja, richtig, eine Anspielung auf die Homosexualität des Autors. Als Zuschauer ist man nur damit beschäftigt, all diese Pseudosymbolik zu hinterfragen. Der eigentliche Sinn des Romans wird durch krampfige Regieeinfälle vernebelt – im wahrsten Sinn.

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