Ratscher Landhaus – ein ganz persönlicher Bericht

Alle Fotos: Silvia Matras

Jeder hat so seinen Süden. Der muss nicht immer in Italien oder Griechenland liegen. Im Frühjahr und Herbst ist die Südsteiermark „mein Süden„.

Es ist ein sonniger Novembertag. Schon die Anreise durch die Hügellandschaft der Südsteiermark stimmt mich heiter. Der Wald glänzt in voller Farbenpracht, ein „Indian Summer“ auf südsteirisch. Ja, es gibt noch Landschaft zu erleben. Nebel schwebt in dünnen Schwaden rein in die Senke, schwebt raus. Die Blumen in den Vorgärten sind verwelkt. Die Weinreben schimmern im matten Gelb. untermischt mit einem leichten Rosa bis Lilas. Die Natur nimmt sich zurück. Dafür fällt jedes einzelne Blatt auf, glänzt auf, bevor es zu Boden fällt. Leise. Die Stille ist Teil meines Südens. Auch die Vögel sind verstummt.

Begrüßung, die fröhlich stimmt

Wer noch griesgrämig oder vom Alltag belastet im „Ratscher“ ankommt, dem vergehen Gram und Sorgen ganz schnell. In der farbenfrohen Lobby macht nämlich der Kater Rambo den Begrüßungsaugust. Auf einem extra für ihn gezimmerten Holzpodest sitzt er manierlich-zierlich und erwartet sich von dem Eintretenden ein paar Streicheleinheiten. Ein Kater, der sich vor Schnurren gar nicht einkriegt. Ich auch nicht – denn ich mag Katzen.

Michaela und Andreas Muster haben dieses Refugium langsam aufgebaut. Begonnen hat alles mit der kleinen Pension, später kamen ein Wirtshaus dazu, dann ein Hotel im modernen Architekturtrend, dazu Wellness und Infinity-Outdoor-Pool, der in den kalten Monaten auf 30° beheizt wird. Mit vielen kleinen Aufmerksamkeiten, humorvollen Hinweisen und Taferln prägen sie den Stil des Hotels. So gibt es einen fahrbahren Gepäckstrolley, der mich mit „G´schamster Diener“ begrüßt und sich mit „Habe die Ehre“ von mir verabschiedet. Dass ich ihn auch wieder an seinem Stammplatz zurückführen soll, macht er mir diskret deutlich, Dafür verlangt er kein Trinkgeld! Im Wellnessbereich gibt es eine deutlich ausgewiesene Tratschecke. was umgekehrt heißt: Psst bitte in den Ruheräumen. Im Garten hat Michaela, die für diese liebevollen Humorhinweise zuständig ist, Taferln aufgestellt, die dem Gast suggerieren, wie gut er drauf ist und dass er heute besonders gut aussieht. Das klingt nach Psychoschmäh, aber es wirkt!

Das Gepäck im hellen, farbenfrohen Panoramazimmer verstaut, genieße ich vom Balkon aus in einer bequemen Minischaukel den Blick in die Landschaft. Unter mir breitet sich das stahlblaue Wasser des Pools aus, Dämpfe ziehen auf. Seinem Namen „Infinity-Pool wird er wahrlich gerecht – er scheint im Horizont zu enden. Das tiefgrüne Wasser des nahen Teiches ist mit 9° weniger verlockend. Nur Mutige wagen sich nach einem Saunagang hinein. Ringsum ist Landschaft, ist Romantik, wie ich sie für „meinen Süden“ mir vorstelle. Als hätte William Turner seinen Lichtpinsel geschwungen, ziehen dramatische Föhnwolken über den Himmel. Zwei schmale Pappeln zielen kerzengerade in den Himmel.

Mein Tag im Ratscher

Ganz früh, bevor das Hotel noch so richtig erwacht, lasse ich Rambo herein. Der hatte wohl eine lange Nacht und will sich jetzt auf seinem Platz ordentlich ausschlafen. Ich dagegen bin hellwach und sinniere in die morgendliche Landschaft, die sich in unirdischen Farben langsam öffnet. In dieses Farbenspiel eintauchen ist Meditation.

Nach einem Kurzbesuch im Fitnessraum meldet sich der Hunger! Das Frühstück spielt alle Stückeln! Verlockend die Farben: Das Gelb der Mandarinen, das Blau der Zwetschgen, das Karottengelb der Karotten, das….also eigentlich alle Farben, sogar Schwarz gibt es auf der bunten Frühstückspalette. Königlich glänzt die Schinken-Schneidemaschine. Am Rad drehend schneide ich feine Scheiben des Bauernschinken ab – eine genussvolle Tätigkeit! Was noch? Ach ja, die selbstgemachten Marmeladen und den Frizzante nicht vergessen. In Lederhose und Joppe serviert der Chef persönlich jedem ein Schnapserl!

Nach dem Frühstück ist Gelegenheit für eine Plauderei mit den beiden Muster-Hoteliers! Ich leicht beschwipst, beide gut gelaunt – eine perfekte Konversationsausgangslage. Stolz erzählt Andreas Muster, der für die Architektur zuständig ist, dass er mit Josef Göbbel den besten Architekten und Tischler in Personalunion für den Bau des Hotels und der Anlage gewinnen konnte. Rigorose Schlichtheit und Naturmaterialien sind Göbbels Credo: Innen Eiche, außen Fichte und Lärche kombiniert mit dunklem Stahl. Diese „kantige Romantik“, wie ich sie für mich nenne, liegt ja seit Jahren im Trend und hat nun auch die Südsteiermark erobert. Andrea Muster sorgt für Abmilderung dieser „Romantik mit Kanten“. Mit viel Gefühl für Dekor, einer guten Portion Humor und mit fröhlichen Farben werden die Innenräume kuschelig-wohnlich.

Ab ins nasse Vergnügen

Nasdja knetet mit kundigen und kräftigen Händen meine Knöpfe hinter dem Schulterblatt weich. Stöhnen gibts nicht, da muss und will ich durch. Ausführliche Zeitungslektüre im „Sailen -ce – Raum“, an dessen Wänden dicke Taue herabhängen und wo tatsächlich niemand quatscht und auch nicht verschämt ins Handy flüstert. Es herrscht rigorose Silence. Dann aber endlich ab in den Pool. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmt mich. Das warme und weiche, mit Aquavit belebte Wasser fließt um mich herum, umschmeichelt mich. Nicht ich schwimme, sondern es schwimmt mich. Gerade noch sind die Weinberge im Sonnenlicht, schon ziehen leichte Nebelschwaden über das Wasser und ich sehe die Landschaft um mich herum wie impressionistische Bilder, Im Wasser verdoppelt, unscharf verschwommen, abstrakt zu geometrischen Formen aufgelöst. Geisterhaft bleich leuchten meine Gliedmaßen unter der Wasseroberfläche. In welchen Roman bin ich da abgetaucht?

Der Abend gehört dem Thema Essen und Wein. Andreas Muster bezeichnet sich selbst als „Weinspinner“. Wer hat schon 600 verschiedenen Weinsorten im Keller gelagert! Er selbst baut keinen Wein an, er liebt ihn und hegt ihn jedoch, jede Flasche ist liebevoll ausgesucht. Als er mir vom Wein erzählt, wird er zum Poeten: „Wein ist Poesie in Flaschen. Wer genießen kann, trinkt keinen Wein mehr, sondern kostet Geheimnisse.“ Bei so viel Weinverklärung muss ich passen und mich als Weinlaie outen. Das tut aber der Stimmung keinen Abbruch. Mit dem Weinglas in der Hand – ob Morillon oder Sauvignon, das kann ich nicht sagen – genieße ich die Nacht, geheimnisvoll von Kerzen und Feuer beleuchtet. Mit dem Buch von Hermann Scherer, „Glückskinder“ auf der Nase schlafe ich ein. Jetzt ist es einmal genug mit Glück, alles hat seine Grenzen, auch das Fassungsvermögen für solch Seelenschmeichlermomente.

Am Morgen verabschieden mich der Kater Rombo, die beiden Muster und das Mädchen, das vor Freude am Kopf steht (Bronzefigur von Sepp Eder vor dem Hoteleingang). Welch heitere Inszenierung des Abschieds!

Fakten zum Ratscher Landhaus:

8461 Ratsch an der Weinstraße, Ottenberg 35

44 Zimmer, davon 18 neue Panoramazimmer

500 m2 Wellness mit Sauna, Massage und Ruheräumen

Geheizter Outdoor Infinity Pool

Neuer Fitnessraum

E-Bikes zum Ausleihen, E-Tankstelle

Ganzjährig geöffnet, vom 19. Dezember bis 18. Jänner geschlossen. Vom November bis Ende März: Adults only!

Statt der Bibel liegt in jedem Zimmer das Buch von Hermann Scherer, Glückskinder auf.

Alle Infos und Preise: http://www.ratscher-landhaus.at