Next Liberty zu Gast im Theater Akzent: Don Quijote

Untertitel: Von Rittern, Eseln und anderen traurigen Gestalten – nach dem Buch von Bernhard Studler

Ein Abend nicht nur für Kinder und Jugendliche. Auch Erwachsene fanden großes Vergnügen an dieser Aufführung. „Next Liberty“ ist eine exzellente Grazer Theatergruppe, die auf hohem Niveau auch schwierige Inhalte großartig für Menschen jeglichen Alters, vorwiegend für Jugendliche, umsetzt – zum Beispiel „Faust 1“ in der Inszenierung von Nikolaus Habjan. Und nun Don Quijote!

Es war ein Abend der Sonderklasse. Gesteckt voll mit Jugendlichen von 5 bis zu 16, 17 Jahren und ebenso vielen Erwachsenen. Ein Abend voller Wunder – wie es sich für den „Ritter der traurigen Gestalt“ gehört! Obwohl der Inhalt nicht ganz leicht für Kinder ist, horchten alle gebannt zu. Und alle, auch Erwachsene, hatten ihren Spaß. Denn Daniel Doujenis brachte eine witzige, geistreiche und hintergründige Inszenierung zustande! Die sieben Schauspieler des „Next Lieberty“ spielten alle Rollen und lieferten auch die Musik (Reinhold Kogler) und die witzig -ironische Geräuschkulisse dazu. Martin Brachvogel war als Don Quijote wie aus dem Roman entstiegen, Helmut Pucher als Sancho Pansa witzig, schlau, aber nicht durchtrieben. Lisa Rothhardt, Christoph Steiner, Simone Laski, Martin Niederbrunner und Ivonne Klamant spielten mehrere Rollen und lieferten die Musik und Begleitgeräusche. Fest steht: Ein exzellentes Ensemble, mit Witz und Spielfreude!!

Doch nun zum Stück: Es öffnet sich ein sandgelbes Halbrund, das von einer Rampe eingefasst wird (Ausstattung: Vibeke Andersen). Dahinter erscheinen wechselnde Bilder von der Mancha, der Gegend, wo dieser Roman/ Stück angesiedelt ist (Video Roland Renner).Von diesen Bildern geht eine große Faszination aus: Abendstimmungen, Nachthimmel, die zerzauste und mit Windrädern bespickte Natur erinnern daran, dass diese Region Spaniens zu den ärmsten des Landes gehört. Entvölkert, entleert und die wenigen Bewohner, die geblieben sind – ohne Hoffnung, arme Bauern, Hirten, ein Wirt ohne Gäste. Studers Buch beginnt in der Gegenwart und zeigt die Menschen, wie sie heute leben. Mitten unter ihnen der Träumer, der sich von der Gegenwart abgeschottet hat und nur mehr in der mittelalterlichen Welt der Ritterromane lebt. Eines Tages beschließt er Don Quijote, Ritter von der traurigen Gestalt, zu werden. Seinen Nachbarn, den Bauern Sancho Pansa, nimmt er als willigen Knappen mit. Nun beginnt die Reise in die „Abgümde der eigenen Seele“ – er bekämpft Unrecht und überwindet Angst. Ein Abenteuer nach dem anderen wird bestanden – pantomimisch und von ironisch-witzigen Musik- und Lautgeräuschen begleitet, wie etwa der Klang der Hufe, die Kämpfe…alles so heiter und doch tiefgründig gebracht, dass der Zuseher seinen Spaß hat, aber ohne dass die Figur des Don Quijote als Volltrottel bloßgestellt wird. Im Gegenteil, seine Träume, Visionen machen ihn sympathisch, stoßen auf Verständnis – letzten Endes wird er zur Werbegestalt. Das ist der große Dreh, den der Autor Bernhard Studlar dem Stück gibt. Anders als im Werk von Cervantes, erscheint zu Lebzeiten des Don Quijote ein Buch über seine wundersamen Abenteuer und er wird als Werbeträger bestens vermarktet. (Tatsächlich werden heute von verschiedenen Veranstaltern Reisen in die „Mancha des Don Quijote“ veranstaltet.) Selbst die Hörsäle sind voll, und der Neffe Don Quijotes bekommt einen Lehrauftrag. Über Zuhörermangel kann er sich wahrlich nicht beklagen. Während alle nun ringsum von Don Quijotes Taten und Visionen profitieren, legt der Held sich hin zum Schlafen und stirbt.

Leider war das die letzte Vorstellung! Aber hier sei einmal mehr vermerkt, dass die Aufführungen des „Next Liberty“ immer von hoher Qualität sind. Und es ist eine sehr dankenswerte Initiative des Theaters Akzent, solch hochwertige Inszenierungen für Jugendliche (und -wie man feststellen kann, durchaus auch für Erwachsene) von überall her aus Österreich und anderen Ländern einzuladen.

Eine ganz andere Sicht auf Don Quijote wird das Landestheater Niederösterreich ab dem 17. März 2023 bringen. Man darf gespannt sein! Zur Lage der Region La Mancha – siehe auch meine Buchbesprecung von Sergio di Molino; Leeres Spanien.

http://www.akzent.at und http://www.nextliberty.buehnen-graz.com und http://www.landestheater.net