Volker Hage
Des Lebens fünfter Akt
Luchterhand Verlag

Für alle, die sich für die Literatur um und nach 1900 und für Arthur Schnitzler interessieren, ist dieses Buch ein MUSS. Volker Hages biografischer Roman über Schnitzlers drei letzten Lebensjahre ist ein Seelenporträt vom Feinsten. Obwohl der Autor bis in die tiefsten Gedanken Schnitzlers dringt, wird er nie gefühlig, sondern wahrt immer die notwendige Distanz.

Als Schnitzler die Nachricht vom Selbstmord seiner Tochter Lili erhält, verändert sich für ihn alles. Er fühlt das Alter nahen, liest und archiviert die Tagebücher der Tochter, erleidet dabei ihre seelischen Qualen noch einmal mit .Er muss sich eingestehen, dass er zu wenig  auf die Zeichen achtete, die ihm einen Hinweis auf ihre seelische Instabilität hätten geben können.  Die Trauer hüllt ihn ganz ein. Wären da nicht die Frauen um ihn herum, die ihn quälen, er würde sich nicht mehr spüren. Seine Exfrau Olga möchte wieder zu ihm zurück, die Möchtegernschriftstellerin Clara Pollaczek quält ihn mit Eifersuchtsanfällen und Selbstmordversuchen. Ein wenig Ruhe und Abwechslung bietet ihm Hedi Kempny, die ihn mit  offenherzigen Erzählungen über ihre Erotikabenteuer von seiner Trauer ablenkt. Das Leben wird erst wieder erträglich, als er sich in die junge Suzsanne Clauser verliebt. Sie wird seine Werke ins Französische übersetzen, beide erleben eine tiefe Liebe füreinander, getragen vom  beiderseitigen Verstehen. Volker Hage wagt es sogar, die allerletzten Minuten Schnitzlers, das Herannahen des Todes, bis zum endgültigen Ende zu beschreiben. Ein Wagnis – aber es darf sein, weil es in mitfühlender Distanz geschieht,

Bei aller spürbaren Bewunderung für Schnitzler verfällt der Autor nicht in unkritische Bewunderung. Indem er Schnitzler nüchtern Bilanz über seine vergangenen Amouren ziehen lässt, zeigt er auch die eitle, verantwortungslose Seite des Dichters auf. Wie viele Frauen hat er erobert und gleich vergessen, wie viele unglücklich gemacht! Aber er bereut nichts, sondern bemitleidet sich selbst als ein von den Frauen Umkreister, Getriebener. Bei diesen Rückerinnerungen an gewesene Eroberungen weht ein leiser Hauch von Ironie durch die Zeilen. Das ist gut so und notwendig, damit eine gewisse Objektivität des Autors manifestiert wird.