Wiener Staatsballett an der Volksoper: „the moon wears a white shirt“ Drei Choreographien

Titelfoto: „Ligeti essays“ Ensemble

Drittes Klavierkonzert von Alfred Schnittke, Choreographie Martin Schläpfer. Musikalische Leitung aller drei Werke: Christoph Altstaedt

©Ashley Taylor. Mila Schmitt und Gabriele Aime

Fast könnte man sagen: Eine typische Schläpferchoreographie. Es sind die vertrauten Bewegungen mit neuer Musik und neuem Kontext: Mila Schmitt tanzt, wenn man so will, eine Frau auf der Suche nach Beziehungen, Begegnungen. Sie ist eine sensible Sucherin, tanzt wie eine Feder durch den Raum, schwerelos. Begegnungen können harmonisch sein, aber auch unerträglich – so steigt sie auf den Rücken ihres Partners, vorsichtig, aber besitzergreifend und stülpt ihm dann einen schwarzen Schleier über. Völlige Vereinnahmung? Alles ist nach vielen Richtungen deutbar: Kampf der Geschlechter, Annäherung, Abstoßung. Wundervoll getanzt von Mila Schmitt und Gabriele Aime und dem Ensemble der Volksoper.

Musik György Ligeti: „ligeti essays“. Choreographie: Karole Armitage. Gesang: Stephanie Maitland, Annelie Sophie Müller, Birgid Steinberger

©Ashley Taylor: ligeti essays. Ballettensemble Volksoper

Temperatur und Temperamentänderung nach der Pause. Karole Armitage ist eine aufmüpfige Choreographin, sie nennt sich auch gerne „Punkballerina“. Ihr Credo: Tanz in allen möglichen Erscheinungsformen. Eleganz ist gestern, Muskel und durchtrainierter Körper sind gefragt. Die Musikauswahl passt zu dieser temeramentvollen Lady: Ligeti vertonte ungarische Lieder, die ziemlich nach Da-Da klingen – der Text ist in deutscher Übersetzung im Programmheft nachzulesen. Lieder mit Pfeifen, Trommen und Schilfgeigen. Eines der Lieder ist nicht übersetzbar, andere beginnen etwa so: Kuli Stock schlägt Kuli geht geht etc. Der Anfang eines dieser Lieder lieferte auch den Titel des Ballettabends: Es tanzt der Mond im weißen Hemd. Stephanie Maitland, Annelie Sophie Müller und Birgit Steinberger sangen die Lieder im ungarischen Original, was noch einmal mehr zum Humor und Witz dieser Choreographie beitrug. Es tanzten mit Verve und Körpereinsatz, Witz und Humor: Tessa Magda,Olivia Poropat, Una Zubovic,Riccardo Franchi, Aleksandar Orlic, Francesco Scandroglio, Felipe Vieira. Schlagzeug und Blasinstrumente diversester Ausformungen kamen voll zum Einsatz. Fazit: Ligeti und Armitage sind eine congeniale Kombination!

„dandelion wine“ – Musik: Concerto für Violine und Orchester von Pietro Locatelli, Choreograpie: Paul Taylor.

©Ashley Taylor: Ballettensemble Volksoper

Mit der Übersetzung des Titels „Löwenzahnwein“ ist das Thema dieser Choreographie schon klar: Es geht um Frühling – daher die Kostüme von Santo Loquasto in Pastellfarben, der Hintergrund im strahlenen Blau. Die Tänzer werden zu Kinder, die spielerisch den Frühling begrüßen: Reigentanz, angedeuteter Cancan, alles frei und unbeschwert. Dazu geigt Vesna Stankovic virtuos auf. Der Gegensatz zur seelenschweren Choreographie Schläpfers ist sicher beabsichtigt.

Das Publikum bedankte sich nach jedem Stück mit begeistertem Applaus bei dem Tanzensemble, dem Dirigenten Christoph Altstaedt, Gesangsolisten und den Solisten des Orchesters. Ein gelungener Abend!

www.wiener-staatsballett.at/volksoper