Wiener Staatsoper: Ballett „Onegin“

Titelfoto: Schlussszene Poláková als Tajana und Peci als Onegin

11. Jänner 2022. 57. Aufführung anlässlich des Bühnenabschieds von Nina Poláková.

Choreographie: John Cranko nach dem Roman von Puschkin: Eugen Onegin

Musik: Piotr I. Tschaikowski eingerichtet und instrumentiert von Kurt-Heinz Stolze

Das von John Cranko 1967 uraufgeführte Handlungsballett „Onegin“ gehört zu den wenigen, dessen Choreographie nie von anderen Choreographen neu bearbeitet wurde. So perfekt, so makellos, so klar in der Handlungsführung hat Cranko die Handlung in Tanz umgesetzt. Keine unnötigen Füllszenen, jede Geste, jeder Schritt, jeder pas de deux ist richtig, stimmig. Darf nicht anders sein.

Der Abend gehörte ganz und gar Nina Poláková als Tatjana. Im Publikum spürte man schon vorher eine gewisse Aufregung. Viele Besucher hatten Blumensträuße mitgebracht. Tatjanas erstes Solo, kaum verklungen, wurde schon mit lautem Bravo quittiert. Nach dem rauschhaften Schluss, dem Abschieds-pas de deux zwischen Onegin und Tatjana, brach zu Recht ein nicht endender Jubel und Beifall aus. Es regnete Blumensträuße. Die Ballerina hatte Tränen in den Augen. So feiert ein Wiener Staatsopernpublikum den Abschied seines Lieblings!

Doch nun zur Aufführung: Man freut sich richtig, die liebgewonnenen Kostüme und Bühnenbilder von Elisabeth Dalton zu sehen. Die ausgesprochen fröhlichen Tanzszenen im Dorf und so manche Figurenkombinationen erinnern an Jean – Antoine Watteaus Bilder, etwa an „Fête Galante“. Wir träumen uns in eine russische Gesellschaft auf dem Lande ein. Leichtfüßig, unbeschwert ist die Liebe zwischen zwischen Olga und Lenski, ganz zauberhaft getanzt von Sonja Dvorak und Davide Dato.

Im Vordergrund: Lenski/Dato und Olga/Dvorak © Ashley Taylor

Die Rolle Onegins ist keine leichte. Er ist der Inbegriff des Eitlen, Selbstverliebten. Reich und gebildet zwar, aber im Herzen kalt. Diesen Charakter kann man leicht überzeichnen, dann wirkt er lächerlich. Obwohl – einen Hauch von Lächerlichkeit soll er ja haben, aber eben nicht zu viel. Diese Gratwanderung gelingt Eno Peci recht gut. Tatjana zu brüskieren und mit Olga schamlos zu flirten, dazu braucht es ja nicht viel. Frauen fielen und fallen auch heute noch auf solche Gockel herein. Die Tatjana Polákovás ist zu Beginn vielleicht um eine Spur zu steif, zu „unsichtbar“. Das wohl deshalb, um dann in der Spiegelszene, in der sie sich einen liebenden Lenski erträumt, um so biegsamer, schmiegsamer zu sein. In die Tiefe einer ruhigen, ausgeglichenen Liebe tanzt sie mit dem Fürsten (Andrey Teterin), um gleich danach förmlich in einem furiosen Pas de deux in der Abschiedsszene zu explodieren. Das ist große Tanzkunst. Beide steigern sich in einen letzen Rausch der Leidenschaft hinein, bis dann die Realität einbricht und Tatjana Onegin zurückweist.

Peci und Poláková in der Schlussszene © Ashley Taylor

Ein Ballettabend, den man nicht oft genug sehen kann. Er wird nie langweilig. Mit so einer großartigen Besetzung (die gesamte Ensembleleistung sei hier einmal mehr hervorgehoben) und unter dem sicheren Dirigat von Robert Reimer gehört diese Choreographie zu den bleibenden.

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