Wiener Staatsoper – Solistenkonzert: Benjamin Bernheim

Am Klavier begleitete ihn Carrie-Ann Matheson

Der 1985 in Paris geborene Tenor Benjamin Bernheim hatte in kurzer Zeit eine steile Karriere auf dem Opern- und Liedsektor hingelegt. Er gilt als Grandseigneur der französischen Romantik, was er an diesem Abend überzeugend bewies. Melancholie, Sehnen, Ruhe, Mond und Waldesrauschen beherrschten das erste Lied von Charles Gounod.: „L’Absent“ „Die köstliche Stunde“ von Reynold Hahn führte mit viel franzsösichem Parfüm neuerlich in den vom Mond beglänzten Wald, und Benjamin Bernheim machte daraus ein feinziseliertes Panorama. Jauchzend und hoch angesetzt der Schluss: „C’est l‘ heure exquise!“ Den Höhepunkt des romantischen Kunstliedes bildete der Liedzyklus „Poème de l’amour et de la mer“ von Ernest Chausson. Im ersten Lied, „Les fleurs des eaux“ ließ Benjamin Bernheim spielerisch das Meer über den feinen Sand rollen, man spürt benahe die Wellen auf der Haut, um gleich darauf voll die Emotionen aufwallen zu lassen. Mit der Stimmgewalt des Operntenors besang er in seiner Geliebten die Verkörperung der Liebe und der Jugend. In der Romantik muss gleich nach dem Triumph die Wehmut kommen – und Bernheim sang ahnungsvoll den Abschied herbei. Am Ende gab er dem vollen Drama Raum, wenn er von „l‘ angoisse de mon coeur“ sang.Wie eine selbsterfüllende Prophezeiung heißt es im darauffolgenden Lied „La mort de l‘ amour“: „Wie Tote waren wir erbleicht“. Der Sänger vermied es, daraus ein larmoyantes Drama zu gestalten, sondern hielt die Emotionen bewußt flach und hauchte das Lied in einem kunstvollen Falsett aus.

Nach der Pause wehte mit Puccini ein frischer, dramatischer Wind und Bernheim ließ den Opernsänger aufblitzen. Volle Oper im Lied „Mentia l’avviso“ . Das Meer fasziniert Puccini und Bernheim. In „Terra e mare“ rollen die Wellen des Meeres durch den Raum, Sturm durchwühlt die Wellen. Ja, das kann Bernheim mit seiner Stimme perfekt. Mit gezügeltem Temperament in Stimme und Ausdruck „reiste“ er danach durch Henri Duparcs „L‘ invitation au voyage“. Verzückung und Ekstase blieben nobel angedeutet. Ganz anders dann Richard Strauss. In „Heimliche Aufforderung“ zog Bernheim alle Register seines Könnens: Von flott bis verträumt. Er ließ das Trinkgelage ebenso lebendig werden wie den Rosengarten und scheute sich nicht, die volle Romantik auszusingen: „O komm, du wunderbare, ersehnte Nacht“. Mit warmem Timbre seiner Stimme sang er von „des Glückes stummen Schweigen“ („Morgen“) Und als Abschluss das wunderbare Lied „Cäcilie“: „Wenn du wüßtest, was träumen heißt“ -genau das hatte er dem Publikum an diesem Abend geschenkt: Das Träumen. Mit seiner vielfärbigen Stimme und dem Mut zum schlichten Ausdruck schuf Benjamin einen meditativen Abend. Er musste nicht mit voller Opernstimme paradieren. Bewusst verzichtete er auf Glanz und Gloria. Nicht unwesentlich trug zu seinem Erfolg Carrie Ann Matheson bei. Wie sie mit zarten, fast schmetterlingsgleichen Händen über die Tasten schwebte und den Atem des Liedes und des Sängers stützte, war congenial!

In der Zugabe erlaubte Bernheim sich, sein Publikum mit der vollen Kraft seiner Opernstimme zu beeindrucken:: „Dein ist mein ganzes Herz“ war der fulminante Schluss.

Begeisterter Applaus http://www.staatsoper.at

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