Christoph Poschenrieder: Der unsichtbare Roman. Diogenes.

Christoph Poschenrieder liebt es , die Leser in Verwirrung zu setzen. Sie sollen sich fragen: Ist das wahr oder gut erfunden? In dem „unsichtbaren Roman“, der schon im Titel Zweifel an dem Genre aufkommen lässt, spielt Poschenrieder wieder einmal gekonnt mit Fakes, die Wahrheit sein könnten, und mit Tatsachen, die wie Fakes wirken.

In erster Linie geht es um das leidige Geldproblem, das die meisten Künstler, und natürlich auch die Schriftsteller haben. Der erste Roman gelingt, man wird bekannt, vielleicht sogar berühmt, dann versiegt die Inspiration. Ob das auch Poschenrieder selbst betrifft, weiß ich nicht. Er ist eigentlich recht produktiv und veröffentlichtt einen Roman nach dem anderen.

Dem Roman stellt er einen Ausspruch des Schriftstellers Gustav Meyrink (1868-1932) voran: „Man kann vom Dichten leben erst, wenn man längst krepiert ist.“ Es geht also um Gustav Meyrink. Mit seinem Roman „Der Golem“, erschienen 1915, wurde er bekannt und berühmt. Nach dem Golem gelang Meyrink kein weiterer Verkaufsschlager. Er suchte verzweifelt nach neuen Themen. In dieser Krise beginnt Poschenrieders „unsichtbarer Roman“. 1918, knapp vor Ende des Krieges, tritt das Auswärtige Amt mit einem ungewöhnlichen Auftrag an ihn heran: Er möge bitte schön stante pede einen Roman schreiben, in dem die Freimaurer verantwortlich für den Ausbruch des Krieges gemacht werden. Nach einer kurzen Empörung über dieses für ihn unakzeptable Angebot nimmt er an. Zumal der Vorschuss sehr großzügig ist. Doch es gelingt ihm keine einzige Zeile. Schreibhemmung nennt man das…Dazwischen blendet Poschenrieder Gesprächsprotokolle zwischen Meyrink und einem Herrn Hahn aus dem Auswärtigen Amt ein. Auch Briefe mit damaligen Agitatoren aus der linken Ecke werden zitiert. Hier steigt vielleicht so mancher Leser aus, dem dieses in Kreis sich drehende Spiel mit Fakten und Fakes zu bunt wird. Mein Tipp: Mit dem Nachwort des Autors („Notiz zur Geschichte der Geschichte“) anfangen, dann erklärt sich manches schneller.

In bester postmoderner Manier geht Poschenrieder auf die Suche nach einem Roman, den es so nie gegeben hat. Unter dem Deckmantel einer heiteren „Mantel- und Degenkomödie“ deckt er die perfiden politischen Versuche auf, den Freimaurern und Juden die Schuld am Ausbruch des Krieges zuzuschieben.

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