Kammerspiele der Josefstadt: Ferdinand von Schirach: Gott

Julian Pölsler -Regie. Walter Vogelweider-Bühnenbild

Ferdinand von Schirachs Texte und Dramen sind Dynamit. Seine Themen kreisen um nichts Geringeres als um die Frage auf das Recht der Selbsttötung, Beihilfe zum Suzid oder Todesstrafe ja oder nein. Durch kontroverse Stellungnahmen baut er intensive Spannugsmomente auf. Leider aber nicht im Drama: „Gott“. Schirach lässt hier den „Ethikrat“ aufmarschieren – würdige Herren, alle vertreten ihre Meinung mit Fug und Recht und immer klingt es nach einer Sonntagspredigt.

Aus diesem Grund treten in den Kammerspielen wirklich die Würdigsten der Würdigen auf: Michael König als Vorsitzender des Ethikrates, immer um Konsens bemüht, wie ein Fernsehmoderator. Er spricht leise und würdig – dass ihn die Zuhörer ab der 10. Reihe kaum mehr verstanden haben, hört man allseits in der Pause. Diese leise, würdige Art gilt auch für die anderen Vertreter der Öffentlichkeit, wie Keller, Mitglied des Ehrenrates (Andre Pohl), Rechtssachverständiger Litten (Paul Matic) und medizinischer Sachverständiger Sperling (Alexander Strömer). Mag sein, dass die Regie von all diesen Schauspielern leises, würdevolles Sprechen verlangte, kann aber auch sein, dass das Stück schon zu oft abgespielt wurde und die Schausspieler nicht mehr „in der Rolle sind“. Engagierter spielen und sprechen: Rechtsanwalt Biegler (Raphael von Bargen) – er vertritt mit Verve die Rechte Richard Gärtners (überzeugend: Johannes Seilern), der nach dem Tod seiner Frau keinen Sinn mehr im Leben sieht und auf da Recht, sein Leben zu beenden, besteht. Natürlich hat auch die (katholische) Kirche ein Mitspracherecht – Robert Meyer steht aber auf verlorenem Posten, den er aber tapfer argumentierend verteidigt.

Alles in allem reihen sich Sonntagspredigten aneinander, unterbrochen von dem glaubhaften Engagement des Anwalts, der, wie im Programm zu lesen ist, die Meinung des Autors vertritt: „Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben selbstbestimmt zu führen. Dazu gehört auch, selbstbestimmt das Leben zu beenden.“ (Zitat Programmheft: Interview mit Ferdinand von Schirach, die Fragen stellte Peer Teuwsen)

Zusammenfassend stellt sich die Frage: Wem gehört das Leben eines Menschen? Gott, Staat, Institutionen oder dem Menschen selbst?

In der Pause konnte das Publikum über die Frage abstimmen: Würden Sie Beihilfe zum Suizid leisten? Und das tödliche Medikament auch einem 30-Jährigen verabreichen, wenn dieser nichts sehnlichster wünscht als zu sterben? Zwei Drittel stimmten mit ja, ein Drittel mit nein.

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