Landestheater Salzburg: 3x Chopin

Ein Ballettabend Fréderic Chopin gewidmet

Drei Choreographien von: Krystina Borbélyová Paulin, Kristian Lever, Nadav Zelner

Dezemberregen

Wer die Biographie George Sands in Erinnerung hat, der konnte in etwa erraten, worum es in diesem ersten Teil ging. George Sand, die ja jede männliche Berühmheit, die in Paris lebte, sich „aneignete“, hat nun Frédéric Chopin unter ihre „Fittiche“ genommen und beschlossen, die nasskalten Winter in Paris zurückzulassen und mit dem hustenden Chopin Aufenhalt in Mallorca zu nehmen. Doch leider wurde Chopin immer depressiver und sein Husten immer heftiger. Das ist in etwa der Handlungsrahmen, den man sich zusammenreimen muss. Denn leider finden sich keine Informationen und Inhaltsangaben der drei Ballette im Heft. Und die „Einführung“ soll auch nicht erhellend gewesen sein – wie von Teilnehmern berichtet wurde. Also war man aufs Raten angewiesen. Man konnte sehr rasch Flavio Salamanka als Chopin ausmachen, zumal er immer wieder hustete und in Notenblättern kritzelte. Salamanka war ein ausgezeichneter Chopin: Fragil, sensibel und äußerst verletztlich. Die ambivaente Liebe zu George Sand, die Höhen und Tiefen übertrug in eine eindrucksvolle und kraftvolle Performance. Mitreißend und spannend der pas de deux mit Valbona Bushkola als George Sand. Beiden war die Liebe und der ewige Kampf um den ERhalt der Liebe in ihre Bewegungen eingeschrieben. Hingabe, Rückzug und neuerliche ERoberung bildeten den Rhythmus ihres Lebens – und des Tanzes. Wer allerdings die anderen Figuren waren, ließ sich nicht identifzieren. Leider.

Grüneres Gras

Der Choreograph Christian Lever wagte eine Mischung aus Schauspiel und Tanz. Doch die Rechnung ging leider nicht auf. Denn als Zuseher war man weit überfordert mit der Suche nach der alles erklärnden Antwort: Was hat das mit Chopin zu tun? Die Handlung: Ein biederes Ehepaar (Larissa Mota und Flavio Salamanka) haben die üblichen Probleme: zu wenig Sex und ein Sohn, der sich zum Raufhansel entwickelt. Neidisch schauen sie auf die Visavisbewohner, die bei hellster Beleuchtung gut sichtbar tollen Sex haben. – eindrucksvoll getanzt von Valbona Bushkola (Vera) und Falvio Salamnaka (Dave) Dave stirbt an Lungenkrebs (ist das die Verknüpfung mit Chopin????).

Frédéric Superstar

Übertreibung, Selbstüberschätzung, Eitelkeiten – kurz alles, was einen Superstar heute ausmacht, wird vom Ensemble zelebriert. Schlichte Lazzi, gewagte Performances, tolle Figuren in urhässlichen lila Plastikanzügen. Man schmunzelt – und vergisst Chopin, wäre da nicht seine rasante Musik. Aber welche Stücke aus der Dose kamen, konnte man nicht feststellen. Wie überhaupt in allen drei Teilen Hinweise auf verwendete Musikstücke fehlten. Manche Takte klangen vertraut, manche völlig verfremdet. Das ist halt so, wenn sich heutige Superstars mit ehemaligen messen. Die andere Deutung wäre: jeder ist Chopin, jeder kann ein Superstar sein.

Das Publikum trampelte und applaudierte seinen Lieblingen wie wild. Man konnte diese innige Beziehung zwischen Ensemble und Zuseher hautnah spüren. Jemand, der von „draußen“ (Wien) kommt, nimmt das neidvoll wahr.

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