Staatsoper Wien: Joseph Haydn: Die Jahreszeiten

Ballett. Choreographie Martin Schläpfer

Text: Gottfried van Swieten. Bühne und Kostüm: Mylla Ek. Musikalische Leitung: Adam Fischer. Arnold Schönberg Chor

Gar viel, manchmal zu viel strömte auf den Zuschauer, Zuhörer ein: Martin Schläpfer arbeitet sich an großen Musikwerken ab, die nicht für das Ballett komponiert wurden. Jetzt also Haydns Jahreszeiten mit Chor und Gesang. Den schlichten und sehr innigen Text sangen: Slavka Zamecnikova als Hanne, Yosh Lovell als Lukas, ;Martin Häßler als Simon. Als Zuschauer verteilte man seine Aufmerksamkeit unterschiedlich, einmal auf den Text und die Stimmen, dann auf die von Adam Fischer sehr einfühlsam dirigierte Musik. Bleibt dann noch ein Aufmerksamkeitsstrang für das Geschehen auf der Bühne? – Muss sein. Allerdings ich merkte, dass ich oft mal die Bühne ausblendete und nur die Musik genoss. Denn die ist wundervoll heiter, dann wieder ironisch, manchmal getragen, dramatisch, wenn ein Gewitter aufzieht, mit kaltem Hauch, wenn der Winter die Einsamkeit über die Menschen legt.

Nun also zum Bühnengeschehen: Die bei Schläpfer so beliebten Dreiecke hängen von der Decke in die Bühne hinein, allerdings ohne Bedeutung. Zu Beginn weht noch Winterwind die Wolken über den Schleier, der dann weggezogen, den Frühling einlässt. Es quillt über vor neu erwachter Lebensfreude, Kinder springen und tanzen (Schläpfer bringt fast immer das ganze Ballettensemle auf die Bühne). Der Frühling geht über in den Sommer, Ernte. Lukas und Hanne kommen einander näher, Vater Simon steht ein wenig abseits. Für den Zuseher ist es verwirrend, da diese drei Personen nicht immer von denselben Tänzern verkörpert werden. Aber vielleicht irre ich mich… Der Sommer wird drückend schwül,die Bewegungen träge. Das Gewitter tobt über das Land – allerdings in der Choreographie Schläpfers ein ungefährliches Gewitter. Sie kommt nicht gegen die Wucht der Musik an. Im Herbst ist Ernte, kleine Belanglosigkeiten werden pantomimisch ausgetanzt, was einiges Schmunzeln hervorruft. Das Liebespaar findet sich. Und der Winter lässt Simon die Einsamkeit spüren Doch Schläüfer und Haydn entlassen ihre Figuren mit einem Trost, die Natur bleibt in ihrem ewigen Rhythmus und lässt an manchen Wintertagen den kommenden Frühling ahnen.

Marin Schläpfers Bewegungsrepertoire ist sehr groß. Doch wer schon einige seiner Choreographien sehen durfte, dem scheint das Unerschöpfliche an die Grenzen zu kommen. Man hat immer wieder ein déjà- vu -Erlebnis. Vor allem in den Gruppenszenen. Ganz großartige Soli, pas de deux und pas de trois liefern die Solisten wie Marcos Menha, Kyoka Hashimoto, Davide Dato, Maria Yakovleva, um nur einige zu nennen. Ein besonderes Solo tanzt Claudine Schoch als „Sommer“, ganz in sich und in der Bewegung, die das Gefühl von innen nach außen transportiert, versunken. Das sind die Momente, in denen ich meine Aufmerksamkeit voll dem Tanz widmete. Da war alles andere ausgeblendet.

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