Jan Veldman und Neville Tranter: Schicklgruber (Theater in der Josefstadt)
- Silvia Matras
- vor 6 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 3 Tagen
Deutsch von Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm. Regie: Neville Tranter und Nikolaus Habjan. Bühne: Julius Theodor Semmelmann. Kostüme: Lisa Zingerle
Die Puppenspieler: Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm. Puppenbau und Puppenkostüme: Neville Tranter
Wenn Habjan und Linshalm ihre "Hände im Spiel" haben, dann ist der Erfolg garantiert. Vor vielen Jahren (15 oder mehr) erweckten sie das Schuberttheater durch ihr geniales Puppenspiel zu neuem Leben.
Seither folgen die Fans ihnen überall hin nach - so auch ins Theater in der Josefstadt.
Als Nikolaus Habjan noch nicht einmal 15 Jahre alt war, nahm er in Graz an einem Workshop von Neville Tranter zu eben diesem Stück teil. Seither hat ihn das "Puppenfieber" nicht mehr losgelassen. In Manuela Linshalm fand er dann die congeniale Partnerin.

Habjan, Linshalm mit Göbbels und Braun © Moritz Schell
Warum nun Tranters Stück wiederaufnehmen? Weil, so Habjan im Interview, unsere Gegenwart starke Parallelen zur Zeit, als Hitler an die Macht kam, aufweist.
"Schicklgruber" (der ursprüngliche Name der Familie, den der Vater in Hitler umändern ließ) spielt in den letzten Tagen Adolf Hitlers. Habjan und Linshalm bespielen alle Personen: Hitler, Eva Braun, Göring, Göbbels und den Kammerdiener Linse für alles Grobe. Dazwischen tritt komödiantisch verbrämt der Tod auf.
Auf der klug gestalteten Bühne mit nur wenigen Versatzstücken, die schnell verschoben werden können, schlüpfen die beiden Spieler in alle Rollen - manchal spielt eine/er zwei Rollen zugleich, was eine hohe Konzentration in der Stimmwiedergabe verlangt - etwa in der Szene zwischen Hitler und Göbbels, wo es um den unbedingten Gehorsam geht. Hitlers schnarrende Stimme - von Habjan perfekt übernommen - und Göbbels hündische Stimme wechseln in einem absurden Ja-Neindialog einander ab. Manuela Linsberg wiederum beweist ihr enormes schauspielerische Leistung, wenn sie etwa Eva Braun darstellt. Erhascht man einen Blick auf ihr Gesicht hinter der Puppe, so sieht man ihre intensive Mimik, die parallel zu Stimme und Gestik der Puppe passt - einmal die selbstverliebte, dann die dümmliche, dann die eitle, dann die bedauernswerte Eva Braun. Man kann in vielen Szenen auch schmunzeln oder hellauf lachen. Doch wenn es um den Tod der sechs Göbbels-Kinder geht, dann bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Grauen und Humor sind nahe beisammen.
Klug eingeführt ist die Figur des Kammerdieners Linse. Habjan stellt ihn ohne Puppe dar - er verkörpert den Menschen, der sich täglich, sekündlich fragen muss, ob er all diesen Irrsinn noch mitmachen kann. Eine Verkörperung der Masse "Volk" genannt. Aber auch ein Heutiger - wie weit würde jedermann, jede Frau heute mit einem Machtmenschen wie Hitler mitziehen?
Das Stück fasziniert, amüsiert, schreckt auf, weckt Grauen und Angst. Wenn der Tod als Kabaretfigur am Ende alle mitnimmt, ist es wie eine sanfte Erlösung für die Figuren im Bunker, aber auch für die Zuseher. Denn es ist harte Kost, verbrämt in groteskem Humor, der da in extremer Dichte aufbereitet wird.
Ein Abend der Intensität und Dichte, den man nicht versäumen sollte.