Susan Sellers, Vanessa und Virginia. btb Verlag
- Silvia Matras
- 21. Dez.
- 2 Min. Lesezeit

Aus dem Englischen von Andreas Jäger
Susan Sellers lässt Vanessa Bell, di e Schwester der Schriftstellerin Virginia Wolf in Ichform über ihr Leben reflektieren. Sie seziert ihre eigene Malerei und die Handlungen ihrer Schwester Virginia in kurzen, rasch wechselnden Passagen. Beides geht Hand in Hand, nie gibt es nur Vanessa - . Es scheint, als würde Vanessa nur im Doppelpack existieren können, während Virginia unabhängig und frei nach Laune agiert: In Krisen braucht sie die zuverlässige Schwester, in glücklichen Tagen beutet sie sie aus - literarisch und im realen Leben.
Vanessa beginnt mit Kindheitserinnerungenn - etwa, wenn die Mutter zum Abendritual ruft - da diagnostiziert sie eifersüchtig, wie liebevoll Virginia geküsst und geherzt, sie aber ignoriert wird. Trotz der immer unterschwellig mitschwingenden Rivalität liebt und bewundert VanessaVirginia. Und Vanessa liebt sie ihre Schwester? - nur wenn es ihr gerade ins Konzept passt.
In den reflexiven Passagen geht es viel über Malerei, über die Frage , wo der Kitsch beginnt. Unabhängig vom kritischen Urteil ihrer Schwester malt Vanessa Freunde, Familienmitglieder, die Natur, Gegenstände wie Vasen etc. Mit ihrer Schwester streitet sie heftig, weil sie sich von ihr literarisch ausgebeutet fühlt und meint, das sei nicht Dichtung, sondern simpler Journalismus. Eine Diskussion, die heute leider so nicht mehr geführt wird, zu sehr hat man sich an diverse "Familienporträts in Romanform" gewöhnt - etwa von Monika Helfer.
Interessant sind die Passagen, wo die Autorin Vanessa ziemlich frei über deren sexuelle Beziehungen erzählen lässt - vom ersten Mann hat sie zwei Kinder, dann Scheidung. Sie verliebt sich in den homosexuellen Duncan, der wiederum Vanessa in eine offene Dreierbeziehung mit ihm und seinen diversenLiebhabern zwingt. Manchmal verliert der Leser die Übersicht, wer mit wem gerade liiert ist.
Fast nüchtern berichtet Vanessa über den Sebstmordversuch und den letztendlich vollzogenen Selbstmord Virginias.
Wäre der Stil nicht so sprunghaft und die Passagen über die Malerei nicht so ausufernd, so könnte die Geschichte der beiden Schwestern durchaus interessant sein. Aber man muss sich auf die Zeiten- und Gedankensprünge einlassen...

