Volkstheater in den Außenbeziirken: HALBE LEBEN
- Silvia Matras
- 18. Okt.
- 2 Min. Lesezeit

Nach dem gleichnamigen Roman von Susanne Gregor.
Endlich wieder Volkstheater in den Außenbezirken! Mit Theater vom Feinsten, Politperformance war gestern!
Man darf getrost wieder in diversen Außenstellen des Volkstheaters auf gutes Theater hoffen. Die Aufführung "HALBE LEBEN" nach dem gleichnamigen Roman von Susanne Gregor hat vorgezeigt, wie gutes Theater geht.
Eine kluge Textfassung für das Theater (Milena Monch), eine radikal simple Bühne (Sophie Rieser) machen aus dem Roman einen flotten Theaterabend ohne Längen.
Radikal sind auch die Kostüme (ebenfalls Sophie Rieser): Alle werden in rosa-weiß Kariertes eingekleidet. Was besonders witzig bei den männlichen Rollen wirkt. An dieser Stelle gleich ein saftiges Lob für Philip Kelz, der blitzschnell in 8 Rollen schlüpfen muss, darunter in die der Schwiegermutter und des Hund. Peinlich? -gibts nicht in dieser Inszenierung. Schürze weg, und schon ist er Hund! Bademantel um, und schon ist er die maulend -lästige Schwiegermutter. Schürze oder sonstwas Kariertes um, und schon ist er Ada, die aufmüpfige, pubertierende Tochter. Und in kurzen Boxerhorts ist er einfach Jakob, Fotograf und Ehemann der Klara.
Worum geht es? - Um die Pflegesituation in Österreich. Der Mangel an Pflegekräften hat Frauen aus der Slowakei und anderen Ländern in unser Land gerufen. Die verlassen für 14 Tage ihre Kinder und Ehemann, in der Hoffnung, mit dem Zuverdienst den Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Soweit ist das alles bekannt. Dass daraus kein fades Sozialdrama wird, ist der Regie und allen drei Schauspielern zu verdanken: Aleksandra Corovic spielt die Paulina aus der Slowakei mit hintergründigem Humor und Selbstironie, wodurch sie nie in die Rolle der armen, ausgebeuteten slowakischen Pflegerin fällt. Natürlich wird sie ausgebeutet, und das ziemlich arg durch die hintertriebene Freundlichkeit der Klara, der ehrgeizigen Karriereehefrau von Jakob. Aber Paulina ist eben auch bestechlich - eine gehörige Geldspritze lässt sie die eigenen Kinder und Ehemann für kurze Zeit vergessen. Auch Klara (Anna Rieser) ist nicht einfach nur Karrierefrau. Einerseits ist sie egoistisch, auch zu verwöhnt, um sich um Kind und demente Mutter zu kümmern, andrerseits weist sie auf das Dilemma hin, in das jede Frau gerät, die in ihrer Arbeit aufgeht und die Karriereleiter hochklettert.
Um die Szenen vor der Gefahr einer allzu banalen Sozialkritik zu schützen, greift die Regisseurin in die Trickkiste des absurden Theaters: Schon die einheitlich kleinkarierten Kostüme machen klar, hier wird nicht die platte Realität abgehandelt. Das vertikal aufgeklappte Bühnenbild lässt die Figuren nicht "die Decke hoch gehen", sondern durch die Wand abtreten.Wenn dann auch noch ein ebenso rosakleinkarierter Kinderchor mitten in das Geschehen platzt und Heimatlieder singt, dann wird so mancher Zuschauer an Inszenierungen der Bronski und Grünberg - Theatergruppe denken.
Ein Theaterabend, der ernste Themen vergnüglich verpackt!


